RN/76
Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (279 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden (Zivilrechtliches Indexierungs-Anpassungsgesetz – ZIAG) (314 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 8. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Ich begrüße Frau Ministerin Anna Sporrer im Hohen Haus und erteile Herrn Abgeordneten Harald Stefan das Wort.
RN/77
14.09
Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister, grüß Gott! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben jetzt hier ein etwas sperriges Thema; es geht um die Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen.
Da gibt es seit Längerem ein Problem, eine Unklarheit, denn wenn Wertsicherungsklauseln nicht ordnungsgemäß formuliert sind, stellt sich die Frage, ob die dann vollkommen nichtig, also gar nicht mehr anzuwenden sind und damit jegliche Wertsicherung hinfällig ist, was für den Vermieter natürlich eine Katastrophe wäre; oder umgekehrt, ob die dann trotzdem weiter anzuwenden sind und der Mieter sich daran halten muss, obwohl diese Wertsicherungsklauseln grob benachteiligend sind. Diese Diskrepanz gibt es seit Längerem, es gibt dazu bereits OGH-Entscheidungen, und der Gesetzgeber hat hier heute den Vorschlag gemacht, etwas zu ändern, um das klarzustellen.
Wie gesagt, diese Diskrepanz beziehungsweise diesen Interessenausgleich verstehe ich, da war ich auch der Meinung, dass etwas getan werden muss. Was jetzt hier vorliegt, bleibt aber für mich weiterhin völlig vage und führt überhaupt nicht zu einer Klarstellung oder zu einer weiteren Rechtssicherheit.
Wir haben jetzt einerseits eine neue Bestimmung im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, wo festgehalten wird, dass bei Dauerschuldverhältnissen diese Regelungen nicht zur Anwendung kommen, aber die beziehen sich definitiv nicht auf Mietverträge. Da hat man für Mietverträge überhaupt keine neue Regelung gefunden, also da hat man nichts verbessert. Auf der anderen Seite hat man im Konsumentenschutzgesetz jetzt eine Klarstellung getroffen – eine Klarstellung, die der OGH aber bereits getroffen hat, der festgestellt hat, dass diese Bestimmungen eben nicht auf Mietverträge anzuwenden sind, die hier im Konsumentenschutz geregelt sind, weil Mietverträge länger dauernde Verträge sind und das daher nicht anzuwenden ist.
Wir haben hier also überhaupt keine Klarstellung. Wir haben in Wahrheit dieselbe Situation wie bisher. Ich und meine Fraktion, wir bleiben ratlos zurück, was damit eigentlich bezweckt werden sollte, denn wie gesagt diese Problematik: Was passiert wirklich mit unzulässigen Wertanpassungsklauseln?, bleibt bestehen. Unser Ansatz wäre gewesen, dass man sagt, wenn eine Wertanpassungsklausel unzulässig ist, weil sie grob benachteiligend ist, dann wird man einfach eine Standardwertanpassungsklausel gesetzlich festlegen, die dann zur Anwendung kommt. Damit hätte man diesen Interessenausgleich. Einerseits hätte der Mieter dann keine unfaire Bestimmung, andererseits hat der Vermieter nicht die Katastrophe, gar keine Wertanpassung zu haben. Das hat man nicht gemacht, ich weiß nicht, ob das ein Kompromiss war. Wie gesagt, man bleibt ratlos zurück und daher werden wir dem auch nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)
14.12
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elke Hanel-Torsch.
RN/78
14.12
Abgeordnete Mag. Elke Hanel-Torsch (SPÖ): Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Mit dem heute zur Diskussion stehenden Zivilrechtlichen Indexierungs-Anpassungsgesetz soll durch gesetzliche Klarstellungen Rechtssicherheit bei Wertsicherungsklauseln in Dauerschuldverhältnissen geschaffen werden. Warum ist das überhaupt notwendig und was genau wird eigentlich geändert?
Der Oberste Gerichtshof – das haben wir schon gehört – hat in mehreren Verfahren, die aufgrund von Verbandsklagen geführt wurden, entschieden, dass einzelne Wertsicherungsklauseln, die in Vertragsformblättern verwendet worden sind, unzulässig seien, wo es eben um diese Wertsicherungsklauseln ging. Wichtig dabei ist die Tatsache, dass diesen Entscheidungen Verbandsklagen zugrunde lagen. Was bedeutet das? – Der Oberste Gerichtshof hatte daher das Prinzip der kundenfeindlichsten Auslegung der Klauseln anzuwenden. Daher wurde eben nicht geprüft, ob die Klausel im konkreten Vertragsverhältnis zulässig oder unzulässig ist, sondern nur im allgemeinen Rechtsverkehr.
Eines dieser Verfahren hat den § 6 Abs. 2 Z 4 Konsumentenschutzgesetz betroffen und da hat der OGH 2023 festgestellt: wenn man die kundenfeindlichste Auslegung heranzieht, dann wäre diese Klausel unzulässig, wenn innerhalb der ersten zwei Monate ab Vertragsabschluss eine Erhöhung möglich wäre. Jetzt, im Sommer 2025, gab es aber ein Individualverfahren, und da kam der OGH zu einem anderen Ergebnis: Da musste er nicht mehr die kundenfeindlichste Auslegung heranziehen und hat eben gesagt, dass der § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG auf Dauerschuldverhältnisse nicht anwendbar ist.
Das zeigt eigentlich sehr klar, dass der konkrete Sachverhalt immer bei der Ausgestaltung einer jeweiligen Klausel ausschlaggebend ist. Es ist derzeit auch nicht ersichtlich, dass der OGH von dieser jüngsten Rechtsprechung wieder abweichen wird. Wir gießen das jetzt einfach in ein Gesetz und stellen das ganz einfach klar. Damit schaffen wir auch Rechtssicherheit.
Das zweite Thema ist der § 879 ABGB: Auch da gab es Verbandsklagen und es ging um die Frage, ob eine gröbliche Benachteiligung vorliegt, wenn die Wertsicherungsklausel Indexveränderungen berücksichtigt, die bereits vor Vertragsabschluss liegen. Da schaffen wir auch Klarheit. Wir führen einen § 879a ein, der das jetzt klar regelt.
Mir ist noch wichtig eines zu sagen, weil die Grünen uns im Bautenausschuss, im Justizausschuss und auch heute hier im Plenum schon vorgeworfen haben, wir würden die Mieterinnen und Mieter um ihre Ansprüche bringen: Das ist einfach nicht richtig, denn wie gesagt, es gibt derzeit keine Ansprüche, weil die Mieterinnen und Mieter das jeweils im Individualverfahren einklagen müssten. (Abg. Maurer [Grüne]: Wie? Entschuldigung? Ich bin Mitglieder der Mietervereinigung ...! – Abg. Gewessler [Grüne]: Was würde denn die Mietervereinigung sagen dazu?)
Ganz offen gesagt: Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen immer auf der Seite der Mieterinnen und Mieter, wir stehen immer auf der Seite der Gerechtigkeit, aber die Mieterinnen und Mieter dürfen nicht dazu gezwungen sein, kostenintensive Verfahren und riskante Verfahren zu führen, wo wir nicht wissen, wie sie ausgehen, um endlich Klarheit zu erhalten, sondern die brauchen vielmehr ein Mietrecht, das sie wirklich schützt, das verständlich ist, Verträge, die dauerhaft sind und Mieten, die sie sich leisten können. Und ich glaube, wir alle hier brauchen wieder ein Klima des Miteinanders statt des Gegeneinanders und das in allen Bereichen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
14.15
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Alma Zadić.
RN/79
14.16
Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (Grüne): Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Viele Menschen in unserem Land leiden darunter, dass das Wohnen immer teurer wird. Nachdem die Mieten bezahlt wurden, bleibt vielen sehr wenig von dem hart verdienten Geld über. Die Wohnungen werden immer teurer und Fakt ist: Wir müssen wohnen. Wir können uns nicht einfach entscheiden, ob wir wohnen oder nicht wohnen. Das heißt, viele, viele Menschen müssen diese Ausgabe tätigen und am Ende des Tages bleibt ihnen weniger im Geldbörserl übrig.
Und dann kam der Oberste Gerichtshof und erklärte, dass in vielen dieser Verträge die sogenannte Wertsicherungsklausel nicht korrekt ist; und, meine Damen und Herren, das weckte Hoffnungen. Es weckte Hoffnungen, weil viele Menschen betroffen waren, weil viele Menschen mit solchen – rechtswidrigen! – Wertsicherungsklauseln über Jahre viel zu hohe Mieten gezahlt haben. Natürlich freuten sie sich, dass sie sich jetzt diese Ansprüche hoffentlich zurückholen könnten. (Abg. Krainer [SPÖ]: Können sie eh!)
Aber was macht die Regierung? – Diese Hoffnung ist zerplatzt, denn die Ansprüche von Mieter:innen und Verbraucher:innen im Ausmaß von Hunderten Millionen Euro werden mit einem Schlag vernichtet. Das behaupte jetzt nicht einfach ich, sondern das behauptet und sagt die Arbeiterkammer, die das mit Daten und Fakten auch belegen kann. Sie sagt, die geplanten Bestimmungen bedeuten eine „finanzielle Belohnung für Praktiken, welche bisher schlichtweg als Rechtsbruch zu beurteilen sind“. Sie sagt auch – Sozialdemokratie bitte gut aufpassen! –: „So garantiert man weder leistbare Mieten noch eine Senkung der Wohnkosten.“ – Zitat Arbeiterkammer.
Eine vernichtende Stellungnahme, aber sie ist nicht die einzige. Mietervereinigung: „unternehmerische [...]interessen“ würden „über den Schutz von Mieter:innen gestellt“. Das Gesetz ist „gröblich benachteiligend“. Es ist ein Gesetz, das Vermieter:innen „begünstigt“, es „schwächt den Schutz von Mietenden“.
Sozialministerium genau das Gleiche: Es werde „in den Gesetzesmaterialien kein sachlicher Grund angeführt, warum der Verbraucher bei Dauerschuldverhältnissen wie beispielsweise Krankenversicherungen kein schutzwürdiges Interesse daran haben sollte, vor Preiserhöhungen innerhalb weniger Wochen [...] geschützt zu werden.“
Weitere Stellungnahme, Verfassungsdienst: Der Verfassungsdienst kritisiert das Justizministerium, weil es so tut, als würde man die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes festschreiben. – Das stimmt aber nicht, denn es liegen divergierende Rechtsprechungen des Obersten Gerichtshofes vor und es ist daher irreführend, zu behaupten, man würde die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes festschreiben. Wenn man das möchte, dann hätte man auch die Entscheidung des verstärkten Senats abwarten können, um zu schauen, wie der Oberste Gerichtshof tatsächlich entscheidet.
Liebe Sozialdemokratie, bei so vielen vernichtenden Stellungnahmen frage ich mich, warum? Warum tun Sie das den Mieterinnen und Mietern an? (Beifall bei den Grünen.) Warum folgt man nicht der Arbeiterkammer? Warum folgt man nicht dem ÖGB, der Mieter:innenvereinigung, sind doch viele Sozialdemokraten Mitglieder und in führenden Positionen dort? Warum?
Ich höre, das wurde gegen diesen Minimietzinsdeckel abgetauscht, der überhaupt nicht in Relation zu den Hunderten Millionen Euro steht, die die Mieterinnen und Mieter hätten zurückfordern können. Das, meine Damen und Herren, ist keine gerechte Lösung. Es ist auch kein Kompromiss. Es ist meines Erachtens – das habe ich auch schon im Ausschuss gesagt – ein Kniefall vor der Immobilienlobby. (Beifall bei den Grünen.)
Liebe Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten! Sie haben sich von Ihren Koalitionspartnern, den NEOS und der ÖVP, über den Tisch ziehen lassen, und den Preis dafür zahlen jetzt die Mieter:innen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
14.20
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jakob Grüner.
RN/80
14.20
Abgeordneter MMag. Jakob Grüner, LL.M. (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! In den letzten Jahren haben – wir haben es gehört – Entscheidungen des OGH zu Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen zu Unsicherheiten geführt.
In mehreren konsumentenschutzrechtlichen Verfahren wurden bestimmte Klauseln als unzulässig erklärt, insbesondere bei Entgelterhöhungen in den ersten zwei Monaten bei Bezugnahmen auf frühere Indexzahlen oder bei unklaren Nachfolgeindexregelungen. Diese Rechtsprechung hat große Unsicherheiten und Befürchtungen ausgelöst, dass etwa Mietzinse rückwirkend auf den Anfangszins fallen oder Wertanpassungen in Zukunft gar nicht mehr möglich sind.
Das Ganze hat natürlich massive Auswirkungen auf den Markt, auf ganze Branchen, all dies zum Teil in Kombination mit de facto unkündbaren Mietverträgen. Jetzt hat selbst der OGH – die Frau Kollegin hat es vorhin genannt, da gibt es divergierende Rechtsprechungen – zum Teil auch wieder relativiert – ich bin ein großer Fan des OGH – und hat auch vor dem Sommer Klarstellungen gemacht; aber Unsicherheit ist nach wie vor da.
Ich sehe es in der beruflichen Praxis, wenn etwa Vermieter und Mieter mit Verträgen daherkommen: Gilt diese Klausel, gilt sie nicht? Jeder Jurist hat eine andere Auskunft, keiner weiß, ob sie beim OGH hält. Da braucht es natürlich Klarheit, da braucht es Rechtssicherheit, und diese Klarheit müssen wir schaffen. Die schaffen wir heute auch, indem wir gewisse Punkte im Gesetz festschreiben.
Wir schaffen Klarheit, indem wir erstens – wir haben es gehört – die jüngste OGH-Rechtsprechung zu § 6 Abs. 2 Z 4 Konsumentenschutzgesetz in Gesetzesform gießen. Sie gilt künftig nicht mehr bei Dauerschuldverhältnissen, bei denen Leistungen nicht innerhalb der ersten zwei Monate abgehandelt werden.
Zweitens schaffen wir auch Klarheit beim berühmten § 879 Abs. 3 ABGB, wenn es um gröbliche Benachteiligung geht, indem wir festschreiben, dass es nicht etwa gröbliche Benachteiligung ist, wenn gesetzliche Vorgaben die Berücksichtigung der bis zum Vertragsabschluss verstrichenen Zeit bei der Entgeltbemessung verhindern.
Zum Abschluss, geschätzte Kolleginnen und Kollegen: Da es jetzt wieder und zwei Tagesordnungspunkte davor erwähnt worden ist und immer wieder die Geschichte erzählt wird, die böse Immobilienlobby habe sich durchgesetzt: Wertsicherungsklauseln sind nicht der Inbegriff des Bösen, Wertsicherungsklauseln sind notwendig. Ohne derartige Klauseln würde niemand mehr langfristige Verträge abschließen, langfristige Verträge auch im Sinne des Mieters, langfristige Verträge im Sinne des Vermieters, was Wertverlust betrifft.
Unsicherheit ist ein riesiges Problem, Rechtsunsicherheit höchst gefährlich. Die Inflation lässt grüßen. Unsicherheit lähmt den Neubau, Unsicherheit lähmt Sanierungen beim Altbau, Unsicherheit lähmt das Angebot, und genau das lässt die Preise steigen. Hören wir bitte endlich damit auf, diese Geschichten zu erzählen, indem wir Vermieter und Mieter ständig gegeneinander ausspielen, indem wir gute und böse Menschen herbeizeichnen, indem wir Extrempositionen vertreten, denn das ist geradezu der Grund, warum wir in den letzten Jahren, insbesondere im Wohnen, viel zu wenig weiterbringen. Rechtssicherheit stabilisiert den Markt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
14.24
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Anna Sporrer zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.
RN/81
14.24
Bundesministerin für Justiz Dr. Anna Sporrer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! In den vergangenen Jahren haben Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes zu Wertsicherungsklauseln in Wohnmietverträgen für erhebliche Unsicherheit gesorgt. Es wurde schon mehrfach darauf hingewiesen.
Es gab zahlreiche Verbandsklageverfahren, die dazu führten, dass bestimmte Klauseln in Vertragsformblättern für unzulässig erklärt wurden. Das hatte weitreichende Folgen für die Immobilienpraxis. Das ist richtig, aber es betrifft, wie jetzt auch von Abgeordneten Grüner gesagt wurde, Mieter und Mieterinnen gleichermaßen, dass es zu Unsicherheiten gekommen ist.
Auch in den Rechtswissenschaften haben sich Stimmen gemeldet, die kritische Analysen dazu gemacht haben. Viele befürchteten gravierende Auswirkungen auf bestehende Einzelverträge.
In einer jüngeren Entscheidung – auch das wurde schon erwähnt – hat der OGH nun festgestellt, die zentrale Bestimmung des § 6 Abs. 2 Z 4 des Konsumentenschutzgesetzes ist aufgrund ihrer engen Auslegung auf Dauerschuldverhältnisse in Bestandsverträgen nicht anzuwenden, und zwar dann, wenn die Leistungen des Unternehmers nicht innerhalb von zwei Monaten vollständig zu erbringen sind. Diese Präzisierung hat die Debatte deutlich verändert und hat gezeigt, dass die bisherige Anwendungspraxis in dieser Form nicht haltbar war.
Bereits im Regierungsprogramm hatte sich die Bundesregierung darauf geeinigt, Rechtssicherheit im Bereich der Wertsicherungsklausel zu schaffen. Mit der Reform sollen Dauerschuldverhältnisse nunmehr auf eine verlässliche rechtliche Basis gestellt werden. Man folgt damit eben dieser jüngeren Judikatur des Obersten Gerichtshofes. Das schafft Rechtssicherheit und das schafft Planungssicherheit.
Geschätzter Herr Abgeordneter Stefan! Was ist der Vorteil im Vergleich zu rein der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes? – Wir kodifizieren das. Das ist in unserem Rechtskreis die übliche Form, um verbindlich und auch mit einer großen Transparenz und Verlässlichkeit Recht festzuschreiben.
Mit dem Zivilrechtlichen Indexierungs-Anpassungsgesetz schaffen wir gesetzliche Klarstellungen, die eben die OGH-Judikatur eindeutig nachvollziehen. Zudem führen wir einen neuen § 879a ABGB ein, der festhält, welche Kriterien bei der Beurteilung einer möglichen gröblichen Benachteiligung nach § 879 Abs. 3 ABGB maßgeblich sind, insbesondere eben auch bei Wertsicherungsvereinbarungen, die an frühere Indexstände anknüpfen. Das ist wichtig, insbesondere für Massenverträge.
Damit entsteht insgesamt ein kohärenter und verlässlicher Rechtsrahmen. Er stellt sicher, dass Wertsicherungsklauseln in Dauerschuldverhältnissen transparent, überprüfbar und rechtsstaatlich abgesichert sind, und er schafft jene Rechtssicherheit, die es braucht, um langfristige Vertragsbeziehungen fair und ausgewogen zu gestalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich darf Sie daher ersuchen, dem vorliegenden Gesetzesvorhaben Ihre Zustimmung zu erteilen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
14.28
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Nina Tomaselli zu Wort.
RN/82
14.28
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Danke, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleg:innen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, man würde bei der Ruhe in der Diskussion fast nicht meinen, um welche Brisanz es eigentlich bei diesem Gesetz geht.
Sie haben jetzt sehr viel über Rechtssicherheit und Rechtsrahmen gehört. Tatsächlich ist der Inhalt dieses Gesetzes wahrscheinlich der größte Sündenfall gegenüber den Mieterinnen und Mietern der Zweiten Republik. Dieses Gesetz – so wird es beschlossen, so schaut es mit der Regierungsmehrheit aus – wird Ansprüche der Mieterinnen und Mieter auf Hunderte Millionen Euro vernichten. (Abg. Krainer [SPÖ]: Sie haben die Inflation durchrauschen lassen bei den Mieten! Das war der größte Sündenfall!) Das ist die Wahrheit. (Beifall bei den Grünen.)
Man sieht es am besten daran, dass Sie dabei etwas zu verstecken haben. Ich habe es in der vorhergehenden Diskussion bereits erwähnt: Sie legen nicht einmal offen, um wie viel Geld es dabei geht. Frau Ministerin Sporrer, wieso sagen Sie den Mieterinnen und Mietern nicht, um wie viel Geld es geht? Wie viel Ansprüche gibt es, was sind die Folgen dieses Gesetzes? Das alles gehört eigentlich zu einem normalen, ordentlichen Gesetzwerdungsprozess. Nur bei dieser Sache hüllen Sie sich in Schweigen und daher sieht man, dass Sie da auch etwas zu verbergen haben.
Ich sage Ihnen auch: Interessant finde ich übrigens auch die Vorgehensweise der Regierung, beziehungsweise ist es, glaube ich, eher eine SPÖ-interne Sache.
Liebe Zuseherinnen und Zuseher, Sie haben ja bereits gehört, zwei Tagesordnungspunkte davor haben wir die Mietpreisbremse beschlossen, das ist sozusagen das Gegengeschäft zu diesem Gesetz. Mehrere Abgeordnete der Regierungsfraktionen haben ja schon eingeräumt, dass das als Paket zu verstehen ist. Jetzt müssen Sie sich aber vorstellen: Sowohl die Beilage für die Mietpreisbremse – also das Positive für den Mieter, für die Mieterin – hat die Frau Justizministerin eingebracht als auch diese Beilage hat die Frau Justizministerin eingebracht, nur ist plötzlich für die Mietpreisbremse, für den positiven Teil, ausschließlich der Wohnminister ohne Wohnministerium zuständig, Wohnminister Babler nämlich. Wie gibt es das? Ist das ein neuer feministischer Zugang von der SPÖ, dass insbesondere die Frau dann sozusagen die Suppe auslöffeln darf, damit der Parteichef strahlen kann? Das ist schon äußerst interessant. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Bogner-Strauß [ÖVP]: Sehr billig!)
Am Ende des Tages hat mich vor allem eine Sache verwundert: Sie, Frau Kollegin Hanel-Torsch, haben gesagt, wir brauchen jetzt mehr ein Klima des Miteinanders und nicht des Gegeneinanders. Ich weiß jetzt nicht, von welchem Miteinander Sie sprechen: mit der Immobilienlobby, mit den Miethaien? Welches Miteinander meinen Sie? Die SPÖ, die sich auf die Seite der Mieter:innen gestellt hat, so wie das früher war, hat mir deutlich besser gefallen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
14.31
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet, damit ist die Debatte geschlossen.
Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
RN/83
Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 279 der Beilagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Ich ersuche um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.