14.56
Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (Grüne): Vielen Dank, Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Zunächst möchte ich meinem Kollegen und Vorsitzenden im Justizausschuss für den unglaublichen Elan, mit dem er diesen Justizausschuss führt, und auch für seine humorvolle und energiegeladene Rede heute in diesem Hohen Haus Respekt zollen. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS.)
Zum Thema Besitzstörung: Ja, wir werden da auch mitgehen und zustimmen, denn es hat sich in den letzten Jahren aus der Besitzstörung ein Geschäftsmodell entwickelt. Oft werden nach geringfügigen oder erfundenen Privatvergehen teure Besitzstörungsklagen angedroht und mitunter Hunderte Euro kassiert. Mit der klassischen Besitzstörung im Sinne des Gesetzgebers hat das einfach nichts mehr zu tun.
Autofahrer:innen wurden massenhaft wegen Besitzstörung abgemahnt, auch wenn die Autos auf bewusst schlecht gekennzeichneten Privatflächen nur kurz gewendet oder angehalten haben. So drohte vielen Menschen ein sehr kostspieliges, unsicheres Gerichtsverfahren und das halten wir alle, glaube ich, für unfair.
Diesem missbräuchlichen Business muss man einen Riegel vorschieben und das ist, finde ich, mit einer sehr kreativen, prozessualen Lösung auch recht gut gelungen. Es werden Gerichtskosten, Anwaltskosten gesenkt und es wird der Instanzenzug zum Obersten Gerichtshof eröffnet, damit wir möglichst rasch eine höchstgerichtliche Entscheidung in diesem Fall haben. Das finde ich gut und das unterstützen wir voll und ganz.
Etwas skurril finde ich dann aber doch die Ausschussfeststellung. Da muss ich meinem Kollegen Fürlinger widersprechen, weil wir dieser eben nicht zugestimmt haben, weil es sich da um eine materiellrechtliche Lösung handelt. Das heißt, wir als Ausschuss schicken nicht in einem Gesetz – das würde uns ja als Parlament zustehen –, sondern in einer Ausschussfeststellung dem Obersten Gerichtshof eine Art Handreiche, wie wir die Besitzstörung interpretieren würden. Diese Ausschussfeststellung dient aber der Auslegung des Gesetzes und das Gesetz hat in diesem Fall nichts Materiellrechtliches, sondern eigentlich Prozessrechtliches an sich, deswegen haben wir dem Ganzen nicht zugestimmt.
Weil aber die Zivilprozessordnung offen ist, ist uns noch eine Sache aufgefallen: § 328 ZPO regelt die Beweisaufnahme in Zivilsachen. Da steht in Abs. 3 immer noch eine gegenstandslose Klausel drinnen, eine Sonderregel für die Kaiserfamilie, die immer noch in Kraft ist, allerdings gegenstandslos, man wendet sie nicht an: „Mitglieder des kaiserlichen Hauses werden als Zeugen [...] in ihrer Wohnung vernommen.“
Das ist veraltet, man kann es aus Nostalgiegründen belassen, wenn man möchte, aber im Sinne einer Verschlankung des Gesetzes stellen wir folgenden Abänderungsantrag:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Alma Zadić, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht 315 d.B. des Justizausschusses über die Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz und die Zivilprozessordnung geändert werden (301 d.B.) (TOP 9)
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der dem oben zitierten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzentwurf soll wie folgt geändert:
Dem Artikel 3 wird folgende Ziffer 3 angefügt:
„3. § 328 Abs. 3 entfällt.“
Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
14.59
Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:
Gerichtsgebührengesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz und die Zivilprozessordnung (AA-39)
Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.
Nun gelangt Frau Bundesministerin Anna Sporrer zu Wort. – Bitte.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.