15.53

Bundesministerin für Justiz Dr. Anna Sporrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben hier einen Antrag vor uns, der mir die Gelegenheit gibt, als Justizministerin über die Richter:innenschaft zu sprechen. 

Meine Amtsvorgängerin, Frau Abgeordnete Zadić, hat es, glaube ich, sehr deutlich hervorgehoben: Wir haben ein Justizsystem, das herzeigbar ist, das hohe Vertrauenswerte genießt und das diese Vertrauenswerte auch verdient hat. 

Wir alle wissen, dass die Justiz zurzeit in einem sehr schwierigen Umfeld tätig ist. Sie kennen die Forderungen der Richter:innenvereinigung nach mehr Planstellen; aufgrund der budgetären Notwendigkeiten ist das zurzeit nicht möglich. 

Ich darf Ihnen versichern: Ich bin bei den Gerichten, ich bin bei den Bezirksgerichten, ich schaue mir die Situation an und sehe Frauen und Männer, die dort unter schwierigsten Bedingungen arbeiten, die die Dienstleistungen, die die Justiz zu erbringen hat, mit hoher Kompetenz und mit hoher Empathie der Bevölkerung gegenüber tagtäglich leisten, auch unter Aufopferung ihrer Freizeit und auch unter Beeinträchtigung ihres Privat- und Familienlebens. Dafür gebührt diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auch den Rechtspfleger:innen und allen anderen, die an den Gerichten diese Arbeit leisten, Dank und Anerkennung (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS), und nicht das, was wir hier vorfinden, nämlich eigentlich einen Misstrauensantrag gegen die Richter:innenschaft. 

Es ist ja bei Weitem nicht so, dass – ganz allgemein – die sich das selber ausmachen. Dieser Antrag kommt ein bisschen so daher, als ob die Richter:innenschaft oder die einzelnen Richterinnen und Richter stets selbst darüber entscheiden können, ob sie befangen sind oder nicht. Ja, in dem Einzelfall, bei dem das eben erst in der Hauptverhandlung vorgebracht wird, ist es so, aber dann gibt es natürlich ein Rechtsmittel, das wissen Sie alle. 

Und ich möchte hier schon auch betonen, dass die Richter und Richterinnen in Österreich der Verfassung und dem Dienst nach bestem Wissen und Gewissen verpflichtet sind, und wir können davon ausgehen, dass sie Befangenheitsgründe, wenn solche vorliegen, auch stets entsprechend diesem Verfassungseid annehmen und wahrnehmen. 

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch noch einmal darauf zurückkommen – es wurde auch schon gesagt –, wie problematisch es ist, einzelne Richterinnen und Richter oder sonstige öffentlich Bedienstete in sozialen Medien oder auch in konventionellen Medien namentlich zu nennen. Das gefährdet diese Personen. Wir haben das anlässlich eines Urteils vor ein paar Wochen auch wieder erlebt: Da hatte mein Haus alle Hände voll zu tun, Löschungen von Hasspostings zu beantragen und auch bei Medien zu intervenieren, dass die Namen der Richter und Richterinnen nicht mehr vorkommen, weil diese Personen dann tatsächlich bedroht werden und auch die Familien in Mitleidenschaft gezogen werden. 

Es geht nicht an, dass jene Menschen, die dort diesen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten, dann auch noch in ihrer Persönlichkeitssphäre beeinträchtigt werden und bedroht werden. Das möchte ich zurückweisen, und daher ist es ganz wichtig, dass wir diese Risiken gar nicht erst vorab schaffen, und auch, dass wir als Politikerinnen und Politiker als Vorbild vorangehen mit einer Sprache und einer Haltung einander gegenüber, auch gegenüber Andersdenkenden, die auf Wertschätzung und gleicher Augenhöhe beruht und nicht auf Hassrede und Beschimpfungen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, NEOS und Grünen.)

Zu dem vorliegenden Antrag möchte ich nur Folgendes sagen – es wurde viel darüber gesagt –: Die Befangenheitsregelungen sind natürlich viel ausdifferenzierter; Sie sprechen hier hauptsächlich von Strafverfahren. 

Ich möchte diesem Antrag in einem recht geben: Es gibt Verbesserungsbedarf, den wir auch schon gesehen und erkannt haben. In Großverfahren, speziell im Bereich der Wirtschaftskriminalität, dauern die Prozesse oft sehr lang, und wenn eben dieser Fall eintritt, dass die Befangenheit in Rede gestellt wird, dann dauert es oft sehr lange, bis dann am Ende des Prozesses über diese Befangenheitsfrage befunden wird und sie entschieden wird. Das wollen wir abkürzen: Sie soll nunmehr nach Möglichkeit in Form eines eigenen Rechtsmittels gesehen werden, das aber dann nicht mehr gesondert anfechtbar ist, weil sonst der ganze Prozess natürlich aufgehalten werden würde. Das haben wir im Auge, das haben wir im Rahmen eines großen Projekts, das in meinem Haus läuft – nämlich die Aufgabenkritik im Bereich der Justiz –, schon aufgenommen, und wir werden uns der Sache annehmen. Das wird aber eben strukturiert diskutiert und mit System und mit Bedacht angegangen, und das Thema werden wir in eine weitere Novelle aufnehmen. 

Schließlich ist aber insgesamt zu sagen, dass dieser Antrag in vielerlei Hinsicht nicht sachgerecht erscheint, und daher schlage ich vor oder bitte ich, diesem Antrag nicht zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

15.58

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.