RN/41
11.18
Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Hohes Haus! Wir diskutieren hier unter anderem den Bericht der Beschaffungs-Prüfkommission 2024, einer Kommission, die durch das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz mit dem Zweck, die Beschaffungen des österreichischen Bundesheeres zu kontrollieren, eingerichtet wurde.
Sehr geehrte Frau Bundesminister, ich kann es Ihnen leider nicht ersparen, so wie im Ausschuss auch jetzt hier im Plenum meine Verärgerung zum Ausdruck zu bringen. Ich bin ja für meine Objektivität bekannt und ich habe Sie in jüngster Vergangenheit auch gegen ungerechtfertigte Angriffe der Grünen verteidigt, aber ich lasse mich nicht gerne – wie man das auf gut Wienerisch sagt – papierln oder – wie bei uns im Westen – pflanzen. (Beifall bei der FPÖ.)
Erstens: Der Bericht der Beschaffungs-Prüfkommission war bereits seit 11. März fertig. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Ja, gratuliere dir! Verteidiger!) Sie und Ihre Beamten haben in weiterer Folge sieben Monate lang versucht, die im Bericht enthaltene Kritik zu entkräften oder zumindest abzuschwächen. Das war im Übrigen ein untauglicher Versuch, und die Stellungnahme Ihres Ressorts – sagen wir es einmal diplomatisch – ist von der Formulierung durchaus bemerkenswert. Dafür haben Sie dem Parlament sieben Monate lang diesen Bericht vorenthalten.
Zweitens: Ich habe bereits bei der Ausschussdiskussion über den Bericht 2023, also vor mehr als einem Jahr, verlangt, dass die Kommissionsmitglieder, die diesen Bericht geschrieben haben, der Ausschusssitzung beiwohnen, damit wir die Möglichkeit haben, diese direkt zu befragen, und umgekehrt die Kommissionsmitglieder die Chance bekommen, ihren Bericht zu erläutern. Auch heuer haben wir das Ersuchen auf Referentenebene an Ihr Kabinett herangetragen.
Was war Ihre Reaktion, Frau Bundesminister? Was war Ihre Reaktion? – Sie haben nur den neuen Vorsitzenden der Kommission, übrigens einen ehemaligen ÖVP-Nationalratsabgeordneten, zur Ausschusssitzung mitgenommen, aber der Vorsitzende ist erst seit April im Amt, das heißt, der hat beim 2024er-Bericht überhaupt nicht mitgewirkt und ist in keinster Weise auskunftsfähig über diesen Bericht.
Aus diesem Grund habe ich dann den Antrag auf Vertagung eingebracht, damit wir im Ausschuss die Möglichkeit bekommen, im Rahmen einer weiteren Ausschusssitzung den Bericht mit den Mitgliedern der Beschaffungs-Prüfkommission vielleicht doch noch auch inhaltlich diskutieren zu können (Abg. Kickl [FPÖ]: Was haben Sie denn zu verbergen?), aber diesen Antrag haben die Regierungsfraktionen natürlich abgelehnt. Das zeigt, dass Sie überhaupt kein Interesse an Transparenz oder an einer parlamentarischen Kontrolle haben.
Daher war es die letzte Möglichkeit für uns als Oppositionspartei, ein Verlangen zu stellen, dass der Bericht der Beschaffungs-Prüfkommission hier im Plenum diskutiert wird und nicht still und heimlich im Ausschuss enderledigt wird, sondern auch hier öffentlich zur Sprache kommt, denn die Bevölkerung soll ruhig wissen, welche Missstände bei Beschaffungen in Ihrem Ressort auftreten und wie hier die Kontrollrechte des Parlaments mit Füßen getreten werden. (Beifall bei der FPÖ.)
Die heutige Diskussion wäre also durchaus vermeidbar gewesen, Frau Bundesminister, wenn Sie dem Ausschuss die Möglichkeit gegeben hätten, vollumfänglich seiner Aufgabe – der parlamentarischen Kontrolle Ihrer Verwaltung – nachzukommen. Als Obmann dieses Ausschusses ist mir das besonders wichtig, aber das wollten Sie offenkundig nicht. Es obliegt den Zuschauern, selbst daraus die Schlüsse zu ziehen.
Nun zum Bericht selbst und zu den Beschaffungen: Ich verstehe nicht, warum wir es in Österreich nicht schaffen, militärisches Gerät quasi von der Stange zu kaufen, das bei anderen Armeen längst bestens erprobt ist und sich dort bestens bewährt hat. In Österreich müssen wir immer irgendwelche Goldrandlösungen oder sogenannte Ö-Lösungen beschaffen. Das hat auch zur Folge, dass die Beschaffungen oft lange dauern und natürlich teurer werden.
Das Ergebnis ist auch – das hat der Bericht ganz schön aufgezeigt –, dass die Ausschreibungen oft so detailliert und eng formuliert werden, dass am Ende oft nur ein einziger Anbieter übrig bleibt, der Ihre Ausschreibungskriterien erfüllt. (Abg. Deimek [FPÖ]: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!) Das heißt jetzt nicht zwangsläufig, dass das Gerät schlecht sein muss, aber zumindest bleibt da ein fahler Beigeschmack, wenn Ausschreibungen quasi auf einen Anbieter zugeschnitten werden.
Welche Beschaffungen hat die Kommission geprüft? – Unter anderem die Beschaffung der Kampfstiefel. Da haben sie es nicht geschafft, einfach einen bereits in der Praxis bewährten Schuh zu kaufen. Wir reden hier von keinen Science-Fiction-Waffen, wir reden immer noch von Schuhen. Nein, Sie haben mit Ihren Spezifikationen für einen neuen Schuh so übers Ziel hinausgeschossen, dass da nur ein einziger Anbieter Ihre Kriterien erfüllen konnte – zufällig ein Hersteller mit einem Produktionsstandort in Ihrem Heimatbundesland Niederösterreich, der auch noch ein hoher Wirtschaftskammerfunktionär ist. (Rufe bei der FPÖ: Ah!) Dass der neue Kampfstiefel in Wahrheit in Rumänien produziert wird, haben Sie in der öffentlichen Kommunikation wohlweislich unter den Tisch fallen lassen. (Abg. Kickl [FPÖ]: Uh!)
Sie haben aber damit nicht nur das teuerste Produkt gekauft, sondern auch noch ein mangelhaftes – das muss man in dieser Kombination erst einmal schaffen –, der Geröllschutz des Kampfstiefels an den Seitenrändern des Schuhs löst sich nämlich bei vielen Produktionschargen bereits nach ganz kurzer Tragedauer vom Schuh ab. Na bravo!, sage ich da nur. Reden Sie einmal mit der Truppe: Viele Soldaten kaufen sich lieber andere, handelsübliche Schuhe, weil die anscheinend besser als Ihre Spezialschuhe sind. (Abg. Deimek [FPÖ]: Aber die zahlen nicht so viel wie ...!)
Schauen wir uns das nächste Beschaffungsprojekt an, das auch von der Kommission geprüft wurde, und zwar die Beschaffung der Fliegerabwehr mittlerer Reichweite, die Sie über das Nato-Projekt Sky Shield beschaffen wollen. (Abg. Ofenauer [ÖVP]: Ist kein Nato-Projekt!) Sie haben verhandlungstaktisch besonders ungeschickt bei einem Pressehintergrundgespräch im September 2023 gemeinsam mit dem Air Chief bereits verlautbart, wie viel und von welchem Produkt Sie kaufen möchten. Ich habe zahlreiche Pressezitate mit, aber ich zitiere jetzt einfach einmal aus der „Kleinen Zeitung“:
Möglich wird das durch die „gemeinsame Beschaffung“ des Luftabwehrsystems Iris-T aus dem Hause „Diehl Defense“ mit Berlin. Wie Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, ÖVP, und Luftstreitkräftekommandant Brigadier Gerfried Promberger gestern bekannt gaben, werde schon demnächst „ein entsprechendes ‚Memorandum of Understanding‘“ mit Deutschland unterschrieben. Konkret will Österreich „acht Feuereinheiten“ beschaffen. Vier dieser Systeme verfügen über eine kürzere Reichweite – Iris-T „SLS, 15 bis 20 Kilometer“ –, vier über eine „mittlere Reichweite“ – Iris-T „SLM, 40 bis 50 Kilometer“. Eine Feuereinheit bestehe aus drei Raketenwerfern. Damit kaufen wir „in Summe 24 Raketenwerfer“, erklärte der Air Chief. (Ruf bei der FPÖ: Ganz schön dumm! – Abg. Hammerl [FPÖ]: Ein Wahnsinn!)
Ich kann Ihnen aber auch noch ein Zitat aus der Tageszeitung „Die Presse“ liefern: „Österreich plant, mit Deutschland gemeinsam das Luftabwehrsystem Iris-T anzuschaffen. Insgesamt acht Stück sollen für Österreich gekauft werden, vier Kurzstrecken- und vier Mittelstreckensysteme. Das erklärten Verteidigungsminister[...] Klaudia Tanner (ÖVP) und [...] Luftwaffenchef Gerfried Promberger [...] bei einem Hintergrundgespräch.“
Mit diesem Pressehintergrundgespräch, mit diesen Aussagen, haben Sie, Frau Bundesminister, laut dem Bericht der Beschaffungs-Prüfkommission faktisch den Vergabewettbewerb ausgeschlossen, sodass nur noch ein bestimmtes Produkt angeschafft werden kann. Ihnen dürfte erst nach dem Pressegespräch bewusst geworden sein, was Sie da vollmundig verkündet haben. Daher sind Sie dann danach zurückgerudert und sagen jetzt: Nein, nein, die Typenentscheidung ist noch in keinster Weise gefallen, es ist noch völlig offen, ob wir wirklich Iris-T oder ein anderes Produkt kaufen!
Wäre dem wirklich so, dann würde Ihre eigene Argumentation ja wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen, denn Sie erklären uns ja immer: Sky Shield ist nichts anderes als eine Einkaufsplattform (Abg. Stögmüller [Grüne]: ... viel zu viel verteidigt!), dass mehrere Staaten zusammen einen günstigeren Preis bekommen und nicht mehr. (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff [NEOS].) Was machen Sie denn, wenn am Ende des Vergabeverfahrens ein anderes Produkt herauskommt und wir dann nicht Iris-T kaufen? Treten wir dann aus dem Projekt Sky Shield wieder aus? Ich meine, abgesehen davon, dass ich nicht glaube, dass das so sein wird, weil im Lagezentrum, im BMLV, hängen ja bereits Fotos von Iris-T, aber dann wäre Ihr Argument von dieser Einkaufsplattform ja weggefallen. – Natürlich werden Sie dann nicht aus Sky Shield austreten, denn das Nato-Projekt Sky Shield ist wesentlich mehr als eine Einkaufsplattform, wie Sie es gerne darstellen. (Abg. Ofenauer [ÖVP]: Ist kein Nato-Projekt!)
Ich darf hiermit mein Wettangebot aus dem Ausschuss wiederholen: Ich wette mit Ihnen um eine gute Flasche österreichischen Rotwein (Abg. Laimer [SPÖ]: Rotwein ist fein!), dass Sie nach dem angeblich so objektiven Vergabeverfahren am Ende doch Iris-T und kein anderes Produkt kaufen werden. Sie haben sich im Ausschuss schon nicht getraut, mein Wettangebot anzunehmen, ich bin gespannt, ob Sie sich heute trauen werden. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Die Glücksspiellizenzen sind ein anderes Thema!)
Erhellend im Ausschuss war auch die Ausführung des Rüstungsdirektors, der uns erklärt hat, dass die Wahl des Vergabeverfahrens erst dann erfolgt, wenn bereits die detaillierten Spezifikationen vorliegen. Das heißt also, dass man das Vergabeverfahren erst dann wählt, wenn man eigentlich schon genau weiß, welches Produkt man kaufen möchte, weil wir ja oft die Ausschreibungskriterien so eng machen, dass sowieso nur ein einziger Anbieter diese Kriterien erfüllen kann. (Heiterkeit des Abg. Deimek [FPÖ].) War das vielleicht bei der Beschaffung von den Jet-Trainern von der Firma Leonardo auch so, Frau Bundesminister? (Abg. Stögmüller [Grüne]: Ah, jetzt wirst munter!)
So gehen objektive und transparente Vergabeverfahren und Beschaffungen nicht, Frau Bundesminister, da haben Sie eine riesengroße Baustelle! (Beifall bei der FPÖ.)
11.29
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Manfred Hofinger. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 4 Minuten ein, Herr Abgeordneter.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.