RN/101
15.38
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Anfang Oktober – wir haben es schon von Kollegin Tomaselli gehört – hat Österreich international für große Schlagzeilen gesorgt, weil die österreichische Bundesregierung damals das 19. EU-Sanktionspaket gegen Russland blockiert hat.
Wieso hat die Regierung das gemacht? – Sie wollte eine Ausnahmeregelung zugunsten der Raiffeisenbank durchsetzen. Ja, sehr geehrte Damen und Herren, Sie haben richtig gehört: eine Ausnahmeregelung nicht zugunsten Europas, nein, nicht zugunsten der Ukraine, nein, sondern zugunsten der Raiffeisenbank. – Frau Außenministerin, wenn Sie sagen, dass Sie österreichische Interessen vertreten, sage ich Ihnen: Unser Land ist nicht die Raiffeisenbank. (Beifall bei den Grünen.)
Trotzdem hat die Bundesregierung die Interessen eines einzelnen Unternehmens über die europäische Einigkeit, über eine gemeinsame europäische Sicherheits- und Außenpolitik gestellt. Das ist nicht irgendein banaler kleiner Fauxpas, sondern das ist ein politisches Signal, mit dem diese Bundesregierung Europa in der Einigkeit schwächt.
Wieso sitzt die RBI heute immer noch in Russland? – Sie hat sich bewusst dafür entschieden, trotz aller Alarmsignale, die es gegeben hat (Zwischenruf der Abg. Gewessler [Grüne]), trotz der Risiken, die bekannt waren – das hat man alles gewusst. Sie hat das gemacht, weil sie jahrelang Milliarden an Gewinnen gescheffelt hat. Wenn Putin jetzt die RBI zur Kasse bittet, dann ist das die Konsequenz Ihrer eigenen Entscheidungen, der eigenen Entscheidungen der RBI – Rubrik unternehmerisches Risiko, würde man meinen, oder? (Beifall bei den Grünen.)
Aber die Bundesregierung, die sieht das anders. Sie wollten die RBI mit Geldern aus eingefrorenem russischem Vermögen – unter Anführungszeichen – „entschädigen“. – Aber dieses Vermögen ist ja kein Trostpflaster für die RBI, es ist Verhandlungsmasse für den Frieden, es ist Reparationsgeld für die Ukraine, Sicherheitskapital für Europa. Das ist es doch bitte. (Beifall bei den Grünen.)
Darum haben wir Grüne diese Giebelkreuzblockade der Bundesregierung von Beginn an kritisiert – klar, deutlich, unmissverständlich. Sie war ein schwerer politischer Fehler, der natürlich unseren Ruf als verlässlichen Partner innerhalb der EU ramponiert hat, das kann man doch nicht leugnen. EU-Sanktionen dienen eben nicht den Interessen einzelner Unternehmen, sondern der Sicherheit der Ukraine, der gemeinsamen Sicherheit Europas. Wenn wir zusammenstehen, sind wir stark. Sind wir uneinig, machen wir uns angreifbar. Putin, Trump und Konsorten lachen sich ins Fäustchen. Das haben wir gerade in der Diskussion um die neue US-Sicherheitsstrategie gesehen.
Frau Ministerin, hier kommt die Transparenz ins Spiel: Meine Kollegin Tomaselli und ich haben parlamentarische Anfragen an Sie gestellt, um nachvollziehen zu können, wie es denn überhaupt zu dieser Giebelkreuzblockade gekommen ist. Wir haben Ihnen unterschiedliche Fragen gestellt: War das eine konsolidierte Linie in der Bundesregierung? Hat es da im Vorfeld Gespräche mit der RBI gegeben? Wie sind denn die Auswirkungen dieser Giebelkreuzblockade europa-, außen- und sicherheitspolitisch bewertet worden? Frau Ministerin, ich habe Ihnen meine Anfrage mitgebracht. Das war meine Anfrage (mehrere aneinandergeklebte Blatt Papier in die Höhe haltend): drei Seiten. Das waren die drei Seiten, die ich der Frau Außenministerin geschickt habe. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Wie war die Antwort?)
Und wissen Sie, was als Antwort von der Ministerin zurückgekommen ist? – Drei Zeilen habe ich zurückbekommen (ein Blatt Papier in die Höhe haltend), drei Zeilen zu zentralen Fragen der europäischen Sicherheits- und Außenpolitik. (Rufe bei den Grünen: Oh!) Frau Ministerin, wenn Sie sagen, Sie sehen hier keinen Grund zur Aufregung, ist ja genau das das Problem, dass Sie da keinen Grund zur Aufregung sehen. Das da, was Sie mir geschickt haben (Bundesministerin Meinl-Reisinger: Was steht denn da drinnen?), das ist so aussagekräftig, als hätten Sie mir geantwortet: six-seven; als hätten Sie mir six-seven geantwortet, Frau Ministerin. (Beifall bei den Grünen.)
Das ist nicht lustig, das ist eine Verhöhnung des Parlaments und der parlamentarischen Kontrolle. Transparenz ist die Grundlage jeder Demokratie. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Wie hätten Sie sich früher aufgeregt?!) Wer Informationen zurückhält, der zerstört Vertrauen hier in diesem Hohen Haus und auch draußen in der Öffentlichkeit – in einer Situation, in der ohnehin das Vertrauen in unsere politischen Systeme schwindet.
Und ich frage mich, Frau Ministerin, was hätte denn die Abgeordnete Meinl-Reisinger zu einer solchen Anfrage – unter Anführungszeichen –„-beantwortung“ (neuerlich ein Blatt Papier in die Höhe haltend) gesagt? Was hätten Sie gesagt? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Stögmüller [Grüne]: Genau!)
Frau Ministerin, ich habe Ihnen ein Zitat der Abgeordneten Meinl-Reisinger mitgebracht: Wer Fragen nicht beantwortet, hat etwas zu verbergen. Das waren meine Fragen (neuerlich mehrere aneinandergeklebte Blatt Papier in die Höhe haltend). Das war Ihre Antwort (neuerlich ein Blatt Papier in die Höhe haltend). Haben Sie etwas zu verbergen, Frau Ministerin? (Beifall bei den Grünen. – Zwischenbemerkung von Bundesministerin Meinl-Reisinger.)
Sie sitzen heute auf der Regierungsbank, und was Sie früher als Verhöhnung des Parlaments kritisiert haben, genau das passiert unter Ihrer Verantwortung. Und als wäre das nicht genug, legt Ihr Ministerium mit einer weiteren Causa nach, die für Kopfschütteln sorgt, die für Stirnrunzeln sorgt. Wir haben es schon gehört, der Personalakt von Kurt Waldheim, den haben Sie aus dem Ministerium ins Staatsarchiv verschwinden lassen. Der ist dort bis 2033 gesperrt, blockiert, fällt auch nicht mehr unter das Informationsfreiheitsgesetz – und das wirft natürlich Fragen auf. Es entsteht hier der Eindruck, dass heikle Aspekte der österreichischen NS-Vergangenheit weiterhin nicht transparent gemacht werden und das schadet auch der österreichischen Glaubwürdigkeit, gerade in einer Phase, wo wir uns um einen UN-Sicherheitsratssitz bewerben.
Auch da frage ich mich, Frau Ministerin: Wieso opfern die NEOS ihre alten Transparenzforderungen am Regierungsaltar?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Schlusssatz bitte!
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (fortsetzend): Wieso machen Sie das? Mein Schlusssatz: Ich finde es wirklich unglaublich enttäuschend, zu sehen, wie schnell aus der selbst erklärten Aufdeckerpartei NEOS, schwuppdiwupp, die Zudeckerweltmeister geworden sind. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Stögmüller [Grüne]: Unglaublich!)
15.44
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zu einer weiteren Stellungnahme hat sich die Frau Bundesministerin zu Wort gemeldet.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.