RN/34

12.07

Abgeordnete MMag. Pia Maria Wieninger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Ich hätte mir wirklich von Herzen gewünscht, dass meine erste Rede hier im Hohen Haus unter erfreulicheren Vorzeichen stattfindet. Als Sozialdemokratin stehe ich für ein fortschrittliches und zukunftsorientiertes Weltbild (Ruf bei der FPÖ: Das muss man dem Babler sagen!), und es tut wirklich weh, dass der Zug derzeit in die Vergangenheit fährt. 

Der österreichische Bundeskanzler heißt also zum zweiten Mal, mit Unterbrechung, Schallenberg. Warum? – Weil die ÖVP ihr zentrales Wahlversprechen gebrochen hat und auf dem bestem Weg ist – entgegen aller Beteuerungen in den letzten Monaten –, Herbert Kickl doch zum Bundeskanzler zu machen. 

Herr Bundeskanzler, entgegen allen Versprechen und Zusicherungen in Ihrer heutigen Erklärung hier im Nationalrat: Ich würde wirklich gerne Ihre wahren Gedanken lesen können. Es waren Sie, der vor Kurzem erklärt hat, dass Sie unter einem Bundeskanzler Kickl sicher nicht als Außenminister der Republik Österreich zur Verfügung stehen, und das hat sicher gute Gründe. „Kickl kann nicht Kanzler“ haben Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, den Österreicherinnen und Österreichern erklärt. Haben Sie das schon vergessen? 

Daher frage ich mich ganz ehrlich: Erkennen Sie, Herr Bundeskanzler, nach dieser 180-Grad-Wendung Ihrer Partei heute die ÖVP wieder? Diesmal scheint die ÖVP ja vieles aufzugeben, das sie zuvor noch nie aufzugeben bereit war. Diesmal gibt die ÖVP Teile von sich selbst auf, Teile ihrer Funktionärinnen und Funktionäre, Teile ihrer Wählerinnen und Wähler, aber vor allem auch Teile ihrer Identität: die Identität als Partei, die kompromisslos auf dem Boden des Rechtsstaates und der internationalen Menschenrechtskonvention steht; die Identität als europäische Partei, die genau weiß, dass Österreich vom europäischen Zusammenhalt profitiert. Die ÖVP, die im Wahlkampf versprochen hat, dass es mit ihr kein – ich zitiere – „Sicherheitsrisiko Kickl“ geben wird, bricht jetzt ihr Wort. Und warum? (Abg. Martin Graf [FPÖ]: Sie sind draufgekommen, dass es kein Sicherheitsrisiko gibt!) – Weil sie nicht dazu bereit ist, Verantwortung für das von ihr verursachte Budgetdefizit zu übernehmen (Beifall bei der SPÖ); weil sie nicht dazu bereit ist, dieses Budgetloch mit den Milliardengewinnen der Banken zu stopfen; weil sie nicht dazu bereit ist, die Budgetsanierung wie von uns vorgeschlagen auf breite Schultern zu stellen. 

Für diese Politik zulasten der arbeitenden Bevölkerung gibt sich außer der ÖVP nur die FPÖ her. Es ist verstörend, dass für die ÖVP ein Bundeskanzler Kickl im Vergleich zu einer fairen Budgetpolitik das geringere Übel ist. Viele Menschen mit Rückgrat können da nicht mehr mit. Ich zitiere Ihren ehemaligen ÖVP-Minister und EU-Kommissar Franz Fischler, der für die Unterwerfung unter Bundeskanzler Kickl bereits seinen Austritt aus der ÖVP angekündigt hat. „Kein Zweifel“, hat er gesagt, „das ist ein großer Schaden. Nicht nur für eine Partei, sondern für die Republik und den Ruf Österreichs.“ Warum tut er das? – Er weiß, dass zentrale Entscheidungen der Europäischen Union einstimmig gefällt werden, und befürchtet daher, dass unter einem blauen Bundeskanzler ein enormer Schaden für Europa und die Position Österreichs droht. Und er weiß, dass wir als neutrales Land nicht wegsehen können, wenn ein anderes europäisches Land überfallen wird, und daher eine solidarische Haltung zur Ukraine essenziell ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler Schallenberg, Ihre Erklärung verlangt mir geradezu Mitgefühl ab. Sie selbst schließen ja aus, Teil einer Regierung Kickl zu sein, und müssen nun möglicherweise einem Kanzler Kickl die Tür zum Kanzleramt aufhalten. Ich kann wirklich nachempfinden, was das für einen Europäer wie Sie innerlich bedeuten muss. 

Was bleibt, ist: Die ÖVP hat das Budget an die Wand gefahren und jetzt fährt sie das Ansehen Österreichs an die Wand. Ein Bundeskanzler Kickl – haben Sie, liebe ÖVP, allen Wählerinnen und Wählern erklärt – bedeutet „Unsicherheit, Destabilisierung und eine Schwächung Österreichs und Europas. Das hätte massive Auswirkungen auf unsere Wirtschaft, den Arbeitsmarkt, auf unseren Wohlstand und auf unsere Sicherheit!“ – Zitat ÖVP Ende. 

Als SPÖ werden wir dabei aber nicht tatenlos zusehen. Die SPÖ bleibt stabil. Sie können mit uns als starke Opposition rechnen (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer [ÖVP] – Abg. Holzleitner [SPÖ]: Erstrede! – Abg. Greiner [SPÖ]: Das ist eine erste Rede!), die immer an der Seite derer steht, die es sich nicht richten können, und zwar egal, woher der Wind gerade weht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.12

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Meri Disoski

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.