RN/18

10.24

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Danke, Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor drei Jahren hat Russland einen brutalen, völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Dieser Krieg, der bringt unermessliches Leid über die Ukraine. Zehntausende Menschen sind getötet worden, Hunderttausende sind verletzt worden. Millionen Bewohnerinnen und Bewohner sind aus ihrer Heimat vertrieben worden. Familien sind auseinandergerissen worden, Kinder wachsen in Angst auf. Ganze Städte sind in Trümmer zerbombt worden. Und dennoch: Dennoch kämpft die Ukraine weiter für ihre Freiheit, für unsere Freiheit.

Wir hatten gestern als Grüne im Rahmen unserer Klubsitzung einen sehr intensiven Austausch mit dem ukrainischen Botschafter. Er hat uns eindringlich dargelegt, dass sich die Ukrainerinnen und Ukrainer nichts sehnlicher wünschen als einen Frieden – aber nicht irgendeinen Frieden, nicht einen Frieden der Unterwerfung, der über ihren Kopf hinweg diktiert wird, nein, sie wollen einen Frieden, der ihre Freiheit sichert und Putins imperialistischen Hunger stoppt. (Beifall bei den Grünen.)

Eines ist klar: Ein Diktatfrieden, der würde diesen Krieg nicht beenden, der würde diesen Krieg nur einfrieren, bis Russland dann wiederum bereit ist, erneut zuzuschlagen. Und was kommt dann? – Ich glaube, wir wissen es, wir kennen die Szenarien. Dann ist nicht nur die Ukraine in Gefahr, dann geraten auch andere Staaten ins Visier: Georgien, die baltischen Staaten, die postsowjetischen Staaten. Wir alle wissen, dass Putins Hunger nicht mit der Ukraine gestillt sein wird. Genau deshalb ist es wichtig, dass wir in Europa und Österreich hier unsere Haltung nach wie vor entschlossen und unmissverständlich vertreten. Aus meiner Sicht braucht es dafür vier sehr konkrete Punkte. 

Der erste Punkt: Wir müssen dieser völkerrechtswidrigen Aggression Putins weiterhin entschlossen entgegentreten. Der Krieg gegen die Ukraine – wir haben es schon ein paarmal gehört – ist ein eklatanter Bruch des Völkerrechts, und unsere Reaktion darauf darf einfach nicht nachlassen. Die Sanktionen müssen bestehen bleiben, sie müssen sogar verschärft werden. Da haben wir auch hier in Österreich ein Thema. Gleichzeitig braucht natürlich die Ukraine weiterhin unsere Unterstützung, sei es humanitär, auch militärisch oder eben auch im wirtschaftlichen Sinn.

Es geht aber nicht nur um Waffen, es geht nicht nur um Wirtschaftshilfen. Wir haben es schon von Kollegin Bayr gehört, die Kriegsführung Russlands ist geprägt von Terror gegen die ukrainische Zivilbevölkerung: Frauen werden systematisch vergewaltigt, Kinder werden ihren Familien entrissen und nach Russland verschleppt. Diese Verbrechen dürfen nicht folgenlos bleiben, sie müssen international verfolgt und geahndet werden. 

Ich komme zum zweiten Punkt. Auch als neutrales Land darf Österreich niemals gegenüber Unrecht neutral sein, Kollege Reifenberger. Neutralität bedeutet nicht, die Augen zu verschließen, Neutralität bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS. – Zwischenruf bei der FPÖ.) 

Das tun wir, das tut Österreich, zum Beispiel in der humanitären Hilfe. Ich beziehe mich da ganz konkret auf die humanitäre Entminung. Wir wissen, dass die ukrainischen Böden von Minen und Sprengkörpern durchzogen sind. Tagtäglich fordern diese Minen, diese Sprengkörper Menschenleben, und jede Fläche, die wir entminen, rettet Leben und gibt Familien eine Perspektive auf ein Leben ohne ständige Todesgefahr. 

Auch die Unterstützung für Kriegsflüchtlinge bleibt wichtig, auch darauf hat uns der ukrainische Botschafter gestern nochmals extra hingewiesen. Darum ist es umso wichtiger, dass wir heute hier im Plenum die Verlängerung der Familienbeihilfe für ukrainische Vertriebene und Kriegsvertriebene beschließen werden. (Beifall bei den Grünen.)

Sie hören, Österreich hilft nicht abstrakt, sondern ganz konkret. Da ist unsere Erwartungshaltung als Grüne, dass dieser Weg, den die türkis-grüne Bundesregierung in den vergangenen Jahren eingeschlagen hat, auch von der kommenden Bundesregierung fortgeführt wird. Das bedeutet, dass diese Hilfe auch budgetär abgesichert werden muss. 

Ich komme zum dritten Punkt: Dieser Krieg, der ist auch ein Angriff auf unsere Demokratie, auf unsere Werte, denn wer glaubt, dass Putins Imperialismus an den Grenzen der Ukraine haltmacht, der irrt gewaltig. Schauen wir nach Georgien, schauen wir in die Slowakei, wo die Menschen gegen die russlandfreundlichen Regime auf die Straße gehen, sich durchsetzen, für ihre proeuropäische Zukunft, für ihre Freiheit auf die Straße gehen! Diese Staaten brauchen unsere Unterstützung, denn sie kämpfen auf der gleichen Seite wie wir. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

Dass jenseits des Atlantiks jene Kräfte erstarken, die Putins Propaganda und seine Fake News einfach übernehmen, das ist besorgniserregend, das ist alarmierend. Es ist ganz klar, dass es keinen Frieden, den Trump und Putin im Paarlauf über den Kopf der Ukraine hinweg ausmachen, geben kann, geben darf. Keine Gespräche, keine Verhandlungen über die Ukraine ohne die Ukraine! Das muss außer Streit stehen. 

Ich komme zum vierten und letzten Punkt: Europa muss geschlossen handeln, auch langfristig. 

Wir haben heute noch gar nicht über die EU-Erweiterung gesprochen. Diese ist nämlich nicht nur ein politisches Signal, sondern mittlerweile auch eine sicherheitspolitische Notwendigkeit. Die Ukraine, Moldau oder auch die Westbalkanstaaten, sie alle brauchen eine echte proeuropäische Perspektive. Daher wird diese tatsächlich aus sicherheitspolitischen Gründen für uns alle hier immer wichtiger.

Ich komme zum Schluss. Unsere Geschichte hat uns gezeigt und gelehrt: Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit. Freiheit muss verteidigt werden, und sie wird verteidigt, wenn Europa jetzt entschlossen handelt. Wenn wir heute nicht alles tun, um der Ukraine zu helfen, wird uns die Welt von morgen fragen: Warum habt ihr dabei zugesehen? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.30

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.