Parlamentskorrespondenz Nr. 901 vom 06.10.2011

Hundstorfer: Anstieg bei Invaliditätspensionen gilt es zu verhindern

Sozialausschuss stimmt Abkommen mit Moldawien zu

Wien (PK) – Im Mittelpunkt der heutigen Sitzung des Sozialausschusses des Nationalrats stand der Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 2010 (III-269 d.B.), der mit S-V-B-Mehrheit zur Kenntnis genommen wurde. Mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, BZÖ und Grünen nahm man außerdem ein Regierungsabkommen über soziale Sicherheit mit der Republik Moldau an, das sich ausschließlich auf den Bereich der Pensionsversicherung bezieht.

Sodann debattierten die Mitglieder des Ausschusses über insgesamt 21 Entschließungsanträge der Opposition, die teils vertagt, teils abgelehnt wurden. Inhaltlich ging es dabei vorrangig um Vorschläge betreffend die Verbesserung der Situation von behinderten Menschen in verschiedenen Lebensbereichen (siehe PK-Meldung 902/2011). In diesem Zusammenhang verabschiedete der Ausschuss für Arbeit und Soziales zwei 5-Parteien-Anträge, die die Vereinfachung des Zugangs zu benötigten Hilfsmitteln für Kinder und die Vereinheitlichung der Begutachtung für die Ausstellung von Parkausweis und Behindertenpass zum Inhalt haben.

Arbeitsinspektion: Zahl der Arbeitsunfälle weiterhin rückläufig

Als erster Punkt auf der Agenda des Sozialausschusses stand eine Debatte über den Tätigkeitsbericht der Arbeitsinspektion 2010. Gemäß vorliegendem Bericht führten die Arbeitsinspektorate 2010 144.461 arbeitnehmerInnenschutzbezogene Tätigkeiten betreffend 64.201 Arbeitsstätten, Baustellen und auswärtigen Arbeitsstellen durch. Das Gros ihrer Tätigkeit (41%) entfiel dabei auf Besichtigungen und Überprüfungen. Übertretungen von ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften konnten bei 32% aller besuchten Arbeitsstätten und Unternehmen, die auf Baustellen und auswärtigen Arbeitsstellen tätig waren (ausgenommen LenkerInnenkontrollen), festgestellt werden: Damit verzeichnete man gegenüber dem Vorjahr keinen weiteren Anstieg. Das Gros der insgesamt 67.832 registrierten Verstöße betraf den technischen und arbeitshygienischen ArbeitnehmerInnenschutz: Mit 61.111 diesbezüglichen Fällen konnte jedoch ein Rückgang gegenüber 2009 (62.633 Fälle) verzeichnet werden.

Laut Bericht sank die Zahl der anerkannten Arbeitsunfälle unselbstständig Erwerbstätiger im engeren Sinne (ausgenommen Wegunfälle) von 99.052 (2009) auf 92.954 (2010), was einem Rückgang um 6,2% gleichkommt. Die Entwicklung der Unfallzahlen und –quoten sei, so der Bericht, unter anderem auf die ständige Fortentwicklung der ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften, die (sicherheits-)technische Entwicklung, innerbetriebliche Präventionsmaßnahmen, das ständig steigende Sicherheitsbewusstsein in den Betrieben sowie auf die präventive Informations- und Beratungstätigkeit der Arbeitsinspektion zurückzuführen.

Abgeordneter Wolfgang Katzian (S) setzte sich dafür ein, dass in Zukunft ein Schwerpunkt auf die arbeitsbedingten Erkrankungen gelegt wird. Erfreut zeigte er sich darüber, dass im Bereich der Einhaltung der so genannten Schwarz-Weiß-Regelung im Handel die Kontrollen ausgeweitet wurden, weil es hier zu den meisten Beschwerden kommt.

Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) wies auf das faktisch niedrige Pensionsantrittsalter in Österreich hin und forderte eine Aktualisierung der Berufskrankheitenliste, die an die moderne Arbeitswelt angepasst werden müsste. Das aktuelle "Fit2Work"-Programm des Ministeriums sei ihrer Ansicht nach nicht ausreichend, es sollten mehr maßgeschneiderte, konkrete Programme entwickelt werden. Ihr Fraktionskollege Werner Neubauer (F) sah einen großen Handlungsbedarf bei den Handelsangestellten, die oft darunter leiden, dass ihre Dienstzeiten nicht adäquat angerechnet werden.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) gab zu bedenken, dass der Anstieg bei den invaliditätsbedingten Pensionen vor allem auf psychische Erkrankungen zurückzuführen sei. Angesichts des dramatischen Umstands, dass derzeit schon jeder zweite Arbeitnehmer Psychopharmaka nehme, müssten dringend neue Wege beschritten werden. Nicht nachvollziehbar sei für ihn auch, warum man noch immer an einem eigenen Verkehrs-Arbeitsinspektorat festhalte.

Weiters beschäftigten sich die MandatarInnen mit folgenden Themen: die häufige Unterschreitung des Strafausmaßes bei Übertretungen angesichts der beantragten Strafhöhe (Abgeordneter Franz Riepl, S), die Auswirkungen von psychischen Belastungen in der Arbeitswelt vor allem auf Frauen sowie Übertretungen im Bereich des Mutterschutzes (Abgeordnete Ursula Haubner, B), die Zunahme bei den Invaliditätspensionen (Abgeordnete Ridi Steibl, V), der Ausbau der Kontrollen an Baustellen (Abgeordneter Josef Muchitsch, S) sowie die zunehmende Problematik der Lärmbelästigung (Abgeordneter Karl Donaubauer, V).

Bundesminister Rudolf Hundstorfer dankte eingangs den MitarbeiterInnen der Arbeitsinspektion für deren verantwortungsvolle Tätigkeit und stellte zudem fest, dass der Personalstand aufgrund der Übernahme von 17 ehemaligen Telekom-Angestellten gehalten werden konnte. Die Vertreterin des Ministeriums, Sektionschefin Eva Elisabeth Schimanski, wies weiters auf die erfreuliche Entwicklung bei der Unfallquote, den Arbeitsunfällen und den Berufskrankheiten hin, wodurch Österreich einen Spitzenplatz in Europa einnehme. Sie informierte die Mitglieder des Ausschusses darüber, dass hinsichtlich der Arbeitszeitübertretungen eine neue Zählweise eingeführt wurde, wodurch man nun genau sehen könne, wie viele ArbeitnehmerInnen betroffen sind.

Sozialminister Hundstorfer stellte gegenüber den Ausschussmitgliedern fest, dass mit dem Arbeits- und Gesundheitsgesetz bereits die erste legislative Antwort auf die Steigerung bei den Invaliditätspensionen gegeben wurde. Er verteidigte die Einführung des "Fit2Work"-Programms, bei dem es um die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit von älteren Arbeitskräften sowie um die Verhinderung eines vorzeitigen krankheitsbedingten Ausscheidens aus dem Berufsleben geht. Erstmals wurde damit auch eine Plattform geschaffen, an der alle Träger beteiligt sind und wo eine genaue Aufteilung der Agenden festgelegt wird. Eine erste Außenstelle wurde nun in der Steiermark eröffnet, Wien und Niederösterreich werden bald folgen.

Auch der Minister räumte ein, dass psychische Erkrankungen die Hauptursache für die Steigerung bei den Invaliditätspensionen sind, weshalb er diesem Thema ein großes Augenmerk schenke. Am 25. Oktober werde zum Beispiel eine Enquete im Sozialministerium stattfinden, die sich genau mit dieser Frage beschäftigt, informierte er. Positiv sei zumindest, dass im letzten Halbjahr die Anträge und Zuerkennungen von Invaliditätspensionen, die von drei unabhängigen Gutachtern beurteilt werden müssen, erstmals nach sehr langer Zeit im Rückgang begriffen sind. Auch wenn die Erstellung der Berufskrankheitenliste nicht in seine Kompetenz falle, so könne er den Abgeordneten versichern, dass sein Ressort den Bereich der psychischen und psychosomatischen Krankheiten vorrangig behandle. Als Beispiel nannte er dafür die Einbeziehung von ArbeitspsychologInnen.

Ausschuss genehmigt Sozialabkommen mit Moldawien

Vom Sozialausschuss genehmigt wurde ferner ein Abkommen zwischen Österreich und Moldawien über soziale Sicherheit.

Die FPÖ scherte jedoch aus dem gemeinsamen Beschluss aus, wobei Abgeordneter Andreas Karlsböck argumentierte, seine Fraktion begrüße zwar grundsätzlich derartige Abkommen, im gegenständlichen Fall sei aber die Beschränkung auf den Pensionsbereich nicht nachvollziehbar.

Bundesminister Rudolf Hundstorfer teilte mit, dass derzeit 345 moldawische Staatsangehörige in Österreich und an die 300 ÖsterreicherInnen in Moldawien tätig seien, und meinte, Moldawien sei trotz aller Schwierigkeiten ein prosperierender Markt. Zudem habe man den österreichischen Sozialattaché von Rumänien nach Moldawien transferiert, auch würden die Privatstiftung Concordia und die Diakonie hochwertige Sozialprojekte in diesem Land betreiben. Die von der FPÖ kritisierte Beschränkung des Abkommens auf den Pensionsbereich erklärte Hundstorfer damit, dass sich die moldawische Krankenversicherung das Abkommen "nicht leisten könne", zumal sie die gegenseitige Verrechnung "nicht schaffe". (Fortsetzung Sozialausschuss)