Bundesrat Stenographisches Protokoll 609. Sitzung / Seite 47

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schusses und den anderen interessierten Mitgliedern des Hauses zur Verfügung zu stellen. Das ist aber sicherlich nicht der Weg, auf dem man den Bundesrat in Kenntnis solcher Dokumente setzen soll.

Dazu kommt, daß sich Landtage sehr wohl mit diesen Berichten der Reflexionsgruppe und auch mit der Schlußfolgerung des Vorsitzes befassen. So hat sich beispielsweise, nachdem sich schon der Salzburger Landtagspräsident zu Wort gemeldet hat, gestern der EU-Ausschuß des Vorarlberger Landtages einstimmig – mit den Stimmen aller vier Parteien – mit einer Entschließung befaßt, in der verschiedene Erwartungen an die österreichische Verhandlungsposition ausgedrückt und verschiedene Klarstellungen erbeten werden. – Ich glaube, es ist jetzt nicht unwichtig, das ganz kurz hier zu erwähnen, weil aus der Sicht der Länder sowohl zu der Reflexionsgruppe als auch zu den Schlußfolgerungen des Vorsitzes durchaus einiges zu sagen oder zu hinterfragen ist.

Das ist einmal die Bekräftigung des Anliegens – darin sind wir mit der Bundesregierung völlig einig –, daß die Länder, die Gemeinden, die Regionen schlechthin einen entsprechenden Stellenwert in der Rechtsordnung der EU und in der Frage, wie die Rechtsordnung der EU zustande kommt, haben sollen, daß das Subsidiaritätsprinzip im Vertrag gefestigt, präziser gefaßt werden soll, daß Transparenz und Bürgernähe in der Europäischen Union verstärkt werden sollen und daß es für die an sich durchaus wünschenswerte Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen, damit der dynamische Prozeß der EU in Gang gehalten werden kann, auch inhaltliche Schranken gibt, in welchen Bereichen mit Mehrheit entschieden werden kann. Das ist eine sehr sensible Frage, die an das Problem rührt, in welchen Bereichen die Europäische Union tatsächlich tätig werden kann und in welchen nicht. Sie hat keinen klaren Zuständigkeitskatalog. Sie hat auch ein nicht ganz unbeachtliches Schlupfloch, um sich neue Zuständigkeiten aneignen zu können, weil es für die Vollendung des Binnenmarktes notwendig ist.

All das sind offene, fließende Grenzen der Zuständigkeiten, die geklärt werden sollten, wenn man verstärkt – das ist im Interesse der EU selbst und auch in unserem Interesse ohne Frage notwendig – zu Mehrheitsentscheidungen übergeht. Das sind grundsätzliche Anliegen, die mit den Länderpositionen, damit, was Österreich in der Reflexionsgruppe vertreten hat, durchaus übereinstimmen.

Ein weiterer Gesichtspunkt wurde durch den Bericht der Reflexionsgruppe angesprochen, nämlich daß die nationalen Parlamente im Rechtssetzungsverfahren der Europäischen Union frühzeitig eingebunden und informiert werden sollen – nicht im Sinne der Mitentscheidung, aber im Sinne der frühzeitigen Information und der Möglichkeit, auf Probleme aufmerksam machen zu können.

Nun wird es sicherlich eine Diskussion darüber geben, was denn nationale Parlamente sind. Ich möchte nur von vornherein klarstellen, das kann für Österreich wohl nicht nur der Nationalrat allein sein, sondern das wird auch den Bundesrat miteinschließen müssen. (Beifall bei der ÖVP und Beifall des Bundesrates Kone#ny. )

Wir sollten nicht unerwähnt lassen, daß es über den Nationalrat und Bundesrat hinaus in Österreich auch noch neun weitere Gesetzgeber, neun weitere Parlamente gibt, nämlich die Landtage, die von Rechtssetzungsmaßnahmen der EU durchaus wesentlich betroffen sein können. Nun weiß ich schon, das sind nach dem Sprachgebrauch der EU keine nationalen Parlamente, das sind regionale Parlamente. Aber es soll die Notwendigkeit verdeutlichen, innerstaatlich Vorsorge zu treffen, daß in solchen Fragen auch die Landtage entsprechend eingebunden werden – im Wege des Bundesrates, aber auch auf eigenständige Art und Weise. Das ist also ein Anliegen für den Rechtssetzungsprozeß der EU, das sich aus dem Bericht der Reflexionsgruppe ergibt.

Es gibt dann noch einige offene Fragen aus den Schlußfolgerungen des Vorsitzes, die vom EU-Ausschuß des Vorarlberger Landtages eher im Sinne einer Frage, mit dem Ersuchen um Klarstellung angesprochen wurden. In den Schlußfolgerungen ist davon die Rede, daß es zu einer


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