Bundesrat Stenographisches Protokoll 612. Sitzung / Seite 55

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Meine Damen und Herren! Jetzt zum Strukturanpassungsgesetz. (Zwischenrufe des Bundesrates Rauchenberger und des Bundesrates Bieringer. ) Meine Damen und Herren! Sie alle haben die Möglichkeit, sich noch zu Wort zu melden! Wie schon gesagt: Ihre Zwischenmeldungen verlängern nur die Dauer meiner Rede. Sie können aber weder den Inhalt meiner Rede beeinflussen, noch können Sie einen konstruktiven Beitrag zu meiner Rede bringen. Kollege Penz hat aus landwirtschaftlicher Sicht bereits einige Anmerkungen, und zwar – das möchte ich betonen – positive Anmerkungen gemacht. Er hat erwähnt, daß die Bauern 1995 bereits durch den EU-Beitritt schwere Einbußen in allen Bereichen hinnehmen mußten. In diesem Punkt gebe ich ihm selbstverständlich recht. Es ist nur eines hinzuzufügen: Aufgrund dieser Einbußen haben die Landwirte gleichsam ihren Beitrag zur Budgetkonsolidierung bereits geleistet. Eine weitere Belastung ist aus der Sicht der Landwirte und ihrer Interessenvertreter daher nicht gerechtfertigt. In diesem Punkt widerspreche ich Kollegen Penz, der sagt, daß auch diese letzten Einschnitte, ob im sozialen Bereich oder in anderen Bereichen, von den Bauern sehr wohl mitgetragen werden. Sie werden zwar zwangsläufig von ihnen mitgetragen, aber sicherlich halten die Bauern, die draußen auf ihrem Hof fleißig arbeiten, nichts von dieser Art der Politik, infolge welcher sie ein Jahr nach dem EU-Beitritt, bei dem sie wirklich stark zum Handkuß gekommen sind, noch einmal in die Tasche greifen müssen.

Kollege Penz hat Prozentzahlen genannt. – Ich verweise darauf, daß in der Regierungserklärung steht, daß sich die Bundesregierung zur Sicherung der bäuerlichen Familienbetriebe bekennt. Ich habe davon allerdings noch nicht viel gemerkt. Kollege Penz hat es in Prozenten ausgedrückt, ich möchte es nun in Zahlen ausdrücken: Voriges Jahr sind leider Gottes 10 000 Arbeitsplätze in der Land- und Forstwirtschaft verlorengegangen, und die Betroffenen drängen jetzt auf den Arbeitsmarkt. Wir haben heute schon oft genug gehört, daß aufgrund der hohen Arbeitslosenrate auf dem Arbeitsmarkt ein Konkurrenzkampf zwischen den aus der Landwirtschaft Flüchtenden und den Arbeitssuchenden in den anderen Betriebssparten entsteht. Und diesen Konkurrenzdruck, meine Damen und Herren, möchte ich meinen bäuerlichen Berufskollegen selbstverständlich nicht zumuten. Ich hoffe daher, meine Herren Minister, daß der Satz "Sicherung der bäuerlichen Familienbetriebe" so ernstgenommen wird, daß sich die Zahl von 10 000 verlorenen Arbeitsplätzen hoffentlich in Zukunft nicht in einem solchen Ausmaß erhöhen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bevor ich zu den Auswirkungen des Strukturanpassungsgesetzes im sozialen Bereich und in anderen Bereichen komme, möchte ich noch ein paar Bemerkungen zur Landwirtschaft selbst machen. Es wird davon gesprochen, daß in der Landwirtschaft die Wettbewerbsbedingungen unbedingt angepaßt werden müssen. Im Hinblick darauf vermisse ich im Rahmen des Strukturanpassungsgesetzes einige Änderungen. Die Mehrwertsteueranpassung ist noch nicht durchgeführt worden, und bei den Betriebsmitteln ist im Hinblick auf die EU noch immer keine Anpassung erfolgt. Auch eine Senkung der Einheitswerte, die sicherlich aufgrund der sinkenden Erzeuger- und Einkommenspreise gerechtfertigt ist, wäre sinnvoll.

Es gibt andere Aktivitäten im Bereich der Betriebsmittelsenkung. Auf diesem Gebiet ist der Österreichische Bauernbund ziemlich aktiv. Ich möchte hier folgendes festhalten: Um den österreichischen Bauern die Betriebsmittel zu senken, richtete Mag. Franz Ledermüller – der Direktor des Österreichischen Bauernbundes – eine Anfrage an einen deutschen Betrieb betreffend Saatgutimporte, damit die österreichischen Bauern billiger zu Saatgut kommen. – Und diese widersprüchliche Situation ist eine Katastrophe: Auf Tausenden Hektar wird in Österreich von österreichischen Bauern Saatgut produziert. Wenn jetzt der Bauernbund aber will, daß in Zukunft das Saatgut aus Deutschland importiert wird, gleichzeitig aber Tausende Hektar in Österreich erzeugt werden, dann sind die Bauern, die hier Saatgut produzieren, in ihrer Existenz gefährdet. Daher sage ich: So etwas Hirnverbranntes wie dieses Schreiben von Ledermüller habe ich bislang selten entdeckt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Pramendorfer. ) Sie kommen zu Wort, wenn Sie sich melden und der Präsident Ihnen das Wort erteilt. (Bundesrat Prähauser: Die Frau Präsidentin!) Ja: die Frau Präsidentin.

Ein wesentlicher Bestandteil der Agrarpolitik – ich glaube, wir haben es in den letzten Wochen gesehen; ich nenne nur das Stichwort: Rinderwahn – ist sicherlich der Konsumentenschutz, insbesondere durch die Kennzeichnung der Produkte. Jetzt sind alle Fraktionen aufgefordert,


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