Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 49

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glaube, der Beamte hat es nicht immer ganz leicht, festzustellen, ob es sich tatsächlich um Psychoterror handelt oder nicht.

Die Frage des Rückkehrverbotes – ich stelle mir das so vor: Es ist eine Amtshandlung, der Beamte sagt dem Täter, er darf nicht mehr in seinen Bereich zurück. Dann ist diese Amtshandlung abgeschlossen, die Beamten sind weg. Wer hindert eigentlich den Täter daran, tatsächlich wieder zurückzukehren?

Oder: Man muß dem Betroffenen Gelegenheit geben, sich zu informieren, wo er dann unterkommt, welche Möglichkeiten der Unterkunft er hat. Ich denke, es wird in vielen Fällen schwierig sein, irgendwo unterzukommen. Auch wenn wir uns immer vor Augen halten müssen, daß das Opfer zuerst zu schützen ist, muß man trotzdem aufpassen, daß sich nicht auch beim Täter die Spirale der Gewalt weiterdrehen läßt. Wenn er keine Möglichkeit hat, unterzukommen, stellt sich die Frage: Wo geht er hin? Reichsbrücke, dritter Pfeiler, oder bietet ihm die Polizei Quartier an? All das sind Fragen, die noch nicht geklärt sind und die noch dringend bearbeitet werden müssen.

Es gibt zwar auch den Hinweis, daß die Sicherheitsbeamten angehalten sind, die Opfer zu informieren, welche Opferschutzeinrichtungen es gibt, aber es gibt noch vielzu wenige. – Das ist einmal das erste. Es muß noch viel mehr Opferschutzeinrichtungen geben.

Meiner Meinung nach gibt es hier einen gewissen Widerspruch, weil einerseits weist man den Täter weg, und andererseits sagt man aber dem Opfer, das man gerade noch schützen wollte, daß es sich auch an Opferschutzeinrichtungen wenden kann. Das heißt, wieder würde das Opfer den Lebensbereich verlassen, während der Täter dann letztendlich dort verbleiben könnte. Das ist aber sicherlich nicht mit diesem Gesetz so gedacht gewesen.

Man sieht also, das Gesetz ist an sich ein guter Ansatz. Ich bin auch positiv dazu eingestellt, aber trotzdem wird hier noch viel gearbeitet werden müssen. Aber ich glaube trotzdem, daß es zu begrüßen ist, weil für mich persönlich vor allem das Opfer geschützt werden muß und der Täter erst in zweiter Linie drankommen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.49

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Michalek. Ich erteile es ihm.

11.49

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Ihnen zur Beschlußfassung vorliegenden Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie wird den Sicherheitsbehörden und den Gerichten ein – wie ich überzeugt bin – ausgewogenes, aber dennoch effizientes Instrumentarium in die Hand gegeben werden, um Opfern von Gewalt in der Familie wirksamer als bisher Schutz und Hilfe zu gewähren.

Durch dieses attraktivere Angebot an wirksamen Maßnahmen staatlichen Schutzes sollen Opfer familiärer Gewalt, die vielfach als Privatsache abgetan wird, ermutigt werden, die Hilfe öffentlicher Einrichtungen in Anspruch zu nehmen. Dieses Gesetzesvorhaben geht von der Grundkonzeption aus, daß, wie heute schon gesagt wurde, nicht das Opfer der Gewalt, sondern das gewalttätige Familienmitglied aus der Wohnung weichen muß. Wir setzen damit einen Weg fort, der grundsätzlich bereits mit dem Bundesgesetz über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe 1975 durch die damals erstmalig eingeräumte Möglichkeit, mittels einer einstweiligen Verfügung einem gewalttätigen Ehegatten das Verlassen der Wohnung aufzutragen, beschritten wurde.

Das vorliegende Bundesgesetz erweitert nun den Personenkreis, der durch diese Mechanismen geschützt wird, soferne sie ein dringendes Wohnbedürfnis haben, mildert die Voraussetzungen für das gerichtliche Einschreiten und stellt auch einen effizienteren Vollzug der gerichtlichen Maßnahmen sicher.


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