Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 50

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Dieses Gesetz ist das Ergebnis einer sehr breit geführten Diskussion in einem im Justizministerium eingerichteten Arbeitskreis mit einer Reihe von Unterarbeitskreisen, an denen alle relevanten Gesellschaftsgruppen, aber auch die Beamten der beteiligten vier Ressorts teilgenommen haben.

Wir alle waren uns bei den Arbeiten an diesem Gesetz und in den Bemühungen um eine sachgerechte Lösung des heute schon angesprochenen Spannungsverhältnisses zwischen dem grundrechtssensiblen Bereich des Privat- und Familienlebens auf der einen Seite und der Notwendigkeit für einen möglichst wirksamen Schutz auf der anderen Seite wohl bewußt. Ich glaube, daß die Tatbestandsvoraussetzungen sowohl für die polizeiliche Wegweisung samt Rückkehrverbot als auch für die Erlassung der einstweiligen Verfügungen so klar determiniert sind, daß überschießende, außer Verhältnis stehende Maßnahmen nicht erlassen werden können. Sie bieten auch ausreichende Beweglichkeit für die Rechtsanwender bei den Sicherheitsbehörden und bei den Gerichten, um einem in Not befindlichen Opfer jene Hilfe zukommen zu lassen, die es von uns allen erwarten darf.

Nochmals gesagt: Ich meine, daß das vorliegende Gesetz der schwierigen Interessenlage in einem von Grundrechten durchzogenen Bereich durchaus gerecht wird.

Den zu erwartenden und hier auch angesprochenen Abwägungs- und Beweisschwierigkeiten werden das Innenressort durch eine entsprechende Ausbildungsveranstaltung für Exekutivbeamte und das Justizressort durch entsprechende Ausbildungsangebote für Familienrichter begegnen. Wir werden auch eine Einführungsbroschüre herausgeben und auf breiter Basis verteilen, in der steht, wo die Anlaufstellen für Opfer von Gewalt in der Familie Hilfe finden können.

Ich bin zuversichtlich, daß das vorliegende Gesetz auch eine präventive Wirkung entfalten wird und insgesamt einen Beitrag dazu leistet, das Leben in den österreichischen Familien lebenswerter zu machen.

Im Rahmen der Beratungen dieses Gesetzentwurfes, eigentlich im Zuge der Diskussion über die bekanntgewordenen schrecklichen Fälle von Kindesmißbrauch, wurde über meine Anregung eine Neuformulierung des § 1328 ABGB vorgenommen, die den Opfern sexuellen Mißbrauchs sowie in Fällen der Beeinträchtigung der sexuellen Entscheidungsfreiheit angemessenen Schadenersatz sichern wird.

Damit wird die bisher unbefriedigende Rechtslage beseitigt, wonach nur im Falle der Notzucht oder des gewaltsamen Mißbrauchs immaterielle Schäden ersatzfähig waren, und insbesondere auch eine tragfähige Anspruchsgrundlage geschaffen, um auch den Opfern sexuellen Mißbrauchs von Kindern angemessenen, immateriellen Schadenersatz zukommen zu lassen.

Ich meine, daß durch dieses Gesetz in Verbindung mit den sicher noch auszubauenden Interventionsstellen ein bedeutsamer Schritt im Sinne einer verantwortungsvollen und entschlossenen Politik gegen Gewalt gesetzt wird. Es wird aber neben der Zurverfügungstellung dieses neuen legislativen Instrumentariums und der Einrichtung der Interventionsstellen, womit die Stellung des Opfers verbessert werden soll, auch einer Fortsetzung der Politik mit den Methoden der Meinungs- und Bewußtseinsbildung, der Pädagogik, der Erziehung zur Gewaltlosigkeit und Toleranz bedürfen, um Formen der Gewalt und Repression gegen die Schwächsten der Mitbürgerinnen und Mitbürger, gegen die Frauen und Kinder in Familien, in denen Gewalt ausgeübt wird, hintanzuhalten. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.56

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jürgen Weiss. Ich erteile es ihm.

11.56

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Den bisherigen Wortmeldungen ist in der Sache selbst nichts als Bekräftigung hinzuzufügen. Ich möchte nur einen zusätzlichen Gesichtspunkt in die Diskussion bringen und darauf hinweisen, daß bereits in der Regierungsvorlage, aber auch in der Diskussion, zu Recht darge


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