Bundesrat Stenographisches Protokoll 627. Sitzung / Seite 56

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Aber ich möchte auch deutlich sagen, daß ich mit großem Nachdruck daran festhalte, daß wir damit eine Regelung treffen, die über die politischen Tätigkeiten in dieser Republik gewissermaßen darübergestülpt wird, auch dann, wenn davon Bereiche betroffen sind, in denen für die konkrete Ausfüllung dieser Gesetzesvorlage Beschlüsse der Landtage erforderlich sind.

Kollege Bieringer hat mich vorhin verblüfft. Bisher bin unter dem Eindruck der – heute bereits zitierten – Aussendung des Instituts für Föderalismusforschung gestanden, in der wortgewaltig dagegen remonstriert wird, daß der Bundesgesetzgeber Regelungen für Landespolitiker und Gemeindepolitiker erläßt. Wenn ich nun Kollegen Bieringer richtig verstanden habe, ist das, wogegen er – ebenso wortgewaltig – remonstriert, die gegenteilige Tatsache, daß der Bundesgesetzgeber zu wenig mit Regelungen in die Angelegenheiten der Länder und Gemeinden eingreife. Habe ich Sie richtig verstanden? (Bundesrat Bieringer: Nein! Nur beim Landeshauptmann!) Ah so! (Bundesrat Bieringer: Der Landeshauptmann wird vom Bund bezahlt und nicht vom Land, während der Bund den Landtag den Bezug des Landeshauptmanns festlegen läßt!)

Ich würde sagen, es ist ein kräftiges Stück angewandter Föderalismus, wenn der Bundesgesetzgeber, obwohl er – wie Sie ganz richtig anmerken – das Recht dazu hätte, die Betragsbestimmung freundlich und entgegenkommend dem Landesgesetzgeber überläßt, sich ausschließlich darauf zurückzieht, zu sagen "Zu teuer darf es nicht werden!", und nicht mehr tut, als eine Obergrenze einzuziehen. Ich würde sagen, das ist fast ein kleiner föderalistischer Fortschritt, aber mit Sicherheit kein Rückschritt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, daß das gerade im Bundesrat ausgesprochen werden muß.

Ich bin der festen Überzeugung, daß der Bundesstaat nicht in einem Nebeneinander – und oft auch Gegeneinander – von Ländern und Bund bestehen kann, sondern daß es dazwischen so etwas wie ein Scharnier geben sollte. Das ist eine Aufgabe, um die sich der Bundesrat bemühen sollte. Wir sind nicht – und wir sollten das nicht sein – die Befehlsempfänger von politischen Meinungen aus den Ländern, aber selbstverständlich sind wir in unserer politischen Praxis gehalten, die Meinungsbildung ... (Bundesrat Eisl: Befehlsempfänger von der Zentrale vermutlich, nicht wahr!) Herr Kollege! (Bundesrat Eisl: Aber eindeutig!) Lassen Sie mich erst den Satz vollenden, dann können Sie gerne darauf replizieren. Die Rednerliste ist eröffnet.

Selbstverständlich sollte jeder von uns – in eigener politischer Verantwortung – die Meinungsströmungen im eigenen Bundesland bei seiner Entscheidung berücksichtigen. Deshalb will ich all jenen, die aus diesem Grund ein Problem mit der Vorlage haben, meinen Respekt nicht vorenthalten. Aber der Bundesstaat besteht gerade in den Augen der Bürger auch darin, daß ein hohes Maß an gemeinschaftlichem Rechtsbestand sichergestellt wird. Die vorliegende Rahmengesetzgebung für Bezüge in Ländern und Gemeinden ist ein Beitrag dazu, diesen positiven Rechtsbestand zu erhöhen.

Föderalismus als die Möglichkeit, die Angelegenheiten dort zu regeln, wo man dem Bürger näher ist, und die Mitbestimmung der kleinen Einheiten im Bundesstaat sind eine wunderschöne Sache. Aber dieses eine Rechtsgut darf uns nicht dazu verleiten, darüber andere Rechtsgüter zu verlieren. Wer sich die endlose Geschichte des Tierschutzes in Österreich vergegenwärtigt – gestern ist das im Fernsehen einmal mehr aktualisiert worden –, wird mir nur recht geben können.

Meine Damen und Herren! Niemand wird behaupten, daß dieses Gesetz jedes denkbare Problem in idealer Weise löse. Es trägt den Charakter des Kompromisses zwischen vier demokratischen Parteien, es trägt den Charakter einer Abstimmung zwischen den Interessen unterschiedlicher Berufsgruppen – und zwischen Abgeordneten mit längerer und kürzerer Anreise und ähnlichem mehr. Ich will auch nicht in Abrede stellen, daß es nach einer gewissen Erfahrungszeit im einen oder anderen Fall notwendig sein könnte, etwas nachzujustieren.

Ich glaube, daß es ein guter Grundsatz der Demokratie ist, daß diejenigen, die politische Verantwortung tragen – auch wir übernehmen sie mit der Zustimmung zu diesem Gesetz –, sich auch darüber im klaren sind, wie begrenzt ihre Möglichkeit ist, künftige Entwicklungen zu


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