Bundesrat Stenographisches Protokoll 628. Sitzung / Seite 13

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ter, Psychotherapeuten, Bewährungshelfer und Mitarbeiter anerkannter Einrichtungen für Psychosozialberatung, -betreuung, nicht allein deshalb überwacht werden dürfen, weil anzunehmen ist, daß sich ein einschlägig Verdächtiger mit ihnen in Verbindung setzen wird.

Darüber hinaus wurde mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1993 ausdrücklich festgeschrieben, daß das den Berufsgeheimnisträgern zustehende Zeugnisentschlagungsrecht bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden darf.

Soweit daher im Rahmen einer zulässigen Überwachung Gespräche mit einem Verteidiger oder mit einem anderen Berufsgeheimnisträger aufgezeichnet werden, besteht ein durch Nichtigkeitssanktion abgesichertes absolutes Verbot der Verwertung dieser Aufzeichnungen als Beweis. Diese Aufzeichnungen sind im übrigen zu vernichten.

Die Bedenken, die vorgebracht werden, können sich daher nur darauf beziehen, daß ein selbst der Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation dringend verdächtiger Berufsgeheimnisträger überwacht werden können soll. Auch in einem solchen Fall ist aber sichergestellt, daß mit dem Anlaßfall nicht im Zusammenhang stehende Informationsgespräche des verdächtigen Berufsgeheimnisträgers mit Dritten, also die sogenannten Zufallsfunde, einem totalen Beweisverwertungsverbot unterliegen und allfällige Aufzeichnungen zu vernichten sind.

Es ist aber ein offenes Geheimnis, daß über eine noch weitergehende Einengung dieses Bereiches in der heute stattfindenden Unterausschußsitzung debattiert werden wird und einige Varianten zur Diskussion stehen – sie reichen von einem Totalverbot, der Durchführbarkeit nur im Falle der Ermächtigung durch den Rechtsschutzbeauftragten bis hin zu einem partiellen Verbot, das sich auf bestimmte Räumlichkeiten bezieht.

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, 761/M, an den Herrn Bundesminister für Justiz. Ich ersuche den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark), um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Erhard Meier: Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage an Sie lautet:

761/M-BR/97

Wie beabsichtigen Sie die Kontrolle von Justizorganen mit dem Ziel, eine kürzere Dauer der Verfahren herzustellen – bei voller Wahrung der Unabhängigkeit der Rechtsprechung –, noch effizienter zu gestalten?

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Bundesrat! Wir haben uns seit Jahren mit Maßnahmen zur Beschleunigung des Verfahrens befaßt – sie reichten von legislativen über organisatorische bis zu begleitenden Maßnahmen – und haben sicher auch gewisse Erfolge erzielt. Eine gewisse Einschränkung dieser Bemühungen ist aus personellen und finanziellen Gegebenheiten entstanden, die ein Vorgehen in dem von uns gewünschten Sinn, vor allem was die personelle Ausstattung und die technische Unterstützung anlangt, nicht im erforderlichen Tempo ermöglicht haben.

Ich möchte aber vorausschicken, daß grundsätzlich der Großteil aller bei den österreichischen Gerichten anfallenden Verfahren in durchaus angemessener und vertretbarer Zeit erledigt wird; das zeigt auch der internationale Vergleich, der Vergleich mit mit Österreich vergleichbaren europäischen Ländern. Ich darf nur einige wenige Zahlen hier bringen:

Bei den Bezirksgerichten sind im Jahr 1996 rund 774 000 Zivilrechtssachen angefallen. Am Ende des Jahres waren rund 105 000 Verfahren anhängig; das sind, gemessen am Neuanfall des Jahres 1996, 13,7 Prozent. Von den anhängig gebliebenen Verfahren waren 9 000 – das sind zirka 1,2 Prozent des Neuanfalls – länger als ein Jahr, 2 775 – das sind, gemessen am Neuanfall, 0,4 Prozent – länger als zwei Jahre und 1 081 – gemessen am Neuanfall: 0,1 Prozent – länger als drei Jahre anhängig.


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