Bundesrat Stenographisches Protokoll 628. Sitzung / Seite 136

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Der Anteil des Fremdenverkehrs – wir haben im Ausschuß darüber diskutiert – am Bruttonationalprodukt beträgt, wenn man die Tourismuseinnahmen rechnet, 6,2 Prozent, wenn man den gesamten Umsatz der Freizeitwirtschaft nimmt, rund 13 Prozent.

Meine Damen und Herren! Im internationalen Vergleich liegen wir beim Pro-Kopf-Einkommen mit 18 810 S an der Spitze. Ich glaube, wir können stolz sein auf diese Zahlen und können den Unternehmern und Mitarbeitern, die das erwirtschaftet haben, dankbar sein.

Meine Damen und Herren! Trotzdem gibt der Fremdenverkehr Anlaß zur Sorge. Wir konnten gestern in Zeitungsberichten lesen, daß wir Probleme haben. Das kommt mir so vor wie das Amen im Gebet. Immer genau vor Ferienbeginn werden schlechte Nachrichten prognostiziert; meistens sind es Halbwahrheiten, weil die andere Hälfte, die positiv ist, nicht publiziert wird. Wir haben – bei ungefähr gleichbleibenden Bettenzahlen im Winter von 1 050 000 und im Sommer von ungefähr 1,2 Millionen – seit 1992 – der Kollege hat es vorhin erwähnt – eine rückläufige Tendenz der Nächtigungen. Wir liegen derzeit bei 112 Millionen, von den Inländern 28,7, von den Ausländern 84. Die sinkende Zahl der Nächtigungen bringt auch einen dramatischen Rückgang der Auslastung der Betriebe mit sich. Mitte der siebziger Jahre waren es noch 6,6 Tage, heute sind es 4,6 Tage.

Es ist interessant, daß die höheren Kategorien, also Vier- oder Fünf-Sterne-Hotels, im vergangenen Jahr Zuwachsraten zu verzeichnen hatten, während die Privatzimmervermieter oder Betriebe unter der Drei-Stern-Kategorie einen Rückgang von bis zu 9,5 Prozent gehabt haben. Das heißt, es hat sich gelohnt, daß in den letzten Jahrzehnten auf Qualität gesetzt wurde, es haben sich die hohen Investitionen nicht nur in die Qualität, sondern auch in den Ausbau der Infrastruktur, in den Ausbau der Unterhaltungsmöglichkeiten gelohnt.

Meine Damen und Herren! Laut einer Studie des Institutes für touristische Raumplanung waren gerade im vergangenen Jahr jene Gemeinden Gewinner im Sommertourismus, die ein hohes Qualitätsniveau im Bettenangebot und zugleich auch eine entsprechende Kooperationsdichte gehabt haben. Das heißt, wenn sie zusammengearbeitet haben, wenn sie gemeinsame Packages angeboten haben und wenn Events in diesen Gemeinden stattgefunden haben, dann waren auch entsprechende Erfolge zu verzeichnen.

Meine Damen und Herren! Die Gründe für das Stagnieren des österreichischen Fremdenverkehrs sind vielfältig. Es sind dies die ungünstige Situation bezüglich Währungsparität, gewisse Sättigungstendenzen, der Trend zu Flugreisen, Fernreisen mit verbundenen Kosten- und Lohnvorteilen in Überseeländern und sicherlich auch die Nachfrageproblematik aus Deutschland wegen der sinkenden Einkommen. Ungefähr 67 Prozent unserer Nächtigungszahlen sind noch immer auf Deutschland ausgerichtet. Das heißt, wenn dort die Konjunktur schwächer ist – derzeit gibt es dort Probleme –, wirkt sich das natürlich auf den heimischen Tourismus aus. Besonders in den letzten Tagen wurde der Rückgang des Kurtourismus in Österreich hervorgestrichen, der sicherlich einerseits auf das Sparpaket zurückzuführen ist, aber andererseits auch auf die Konjunktursituation. In manchen Regionen beträgt der Rückgang der Nächtigungen im Kurtourismus bis zu 16 Prozent.

Meine Damen und Herren! Das hat dazu geführt, daß wir heute in der Tourismusbranche eine enorm hohe Verschuldung, und zwar in der Höhe von 121 Milliarden Schilling und einen hohen Fremdkapitalanteil haben. Trotzdem sind Anpassungsinvestitionen zur Qualitätshebung notwendig. Weiters haben wir eine schwache Eigenkapitalausstattung der Betriebe und zunehmende Probleme bei der Betriebsübergabe und bei der Betriebsaufgabe. Ich glaube – wir haben darüber auch im Ausschuß diskutiert –, daß der geordnete Rückzug aus der Wirtschaft, aus dieser Branche, in vielen Fällen nicht möglich ist, weil bei der Betriebsaufgabe der abgeschriebene Betrieb voll in die Steuerprogression hineinfällt. Das heißt, es bestehen große Schwierigkeiten für Betriebe, für Betriebsinhaber bei der Betriebsaufgabe, aber auch bei der Betriebsübernahme. Ich glaube, es ist nicht so, daß wir den österreichischen Fremdenverkehr krankjammern sollten, wenn wir international an sechster Stelle liegen. Wir können sagen, wir haben einen Tourismus, der auf hohem Niveau stagniert.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite