Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 80

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14.01

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Frau Bundesrätin! Ohne jetzt im einzelnen auf Ihre Kritik einzugehen, möchte ich gerade betreffend die Kosten darauf hinweisen, daß Sie sich nicht nur die drei Zeilen im Vorblatt anschauen dürfen. In den Erläuternden Bemerkungen, allgemeiner Teil, ist nämlich auf eineinhalb Seiten davon die Rede. Wir haben also sehr ausführlich über die Kostenfolgen gesprochen.

Das Reorganisationsverfahren wird am wenigsten kosten. Ein Mehr an Personal ist bei den zurückgedrängten Abweisungen der Konkursanträge mangels kostendeckenden Vermögens zu erwarten. Diese Kosten wollen wir aber bewußt in Kauf nehmen, weil es unhaltbar ist, daß bis vor kurzem fast 60 Prozent der Insolvenzen mangels kostendeckenden Vermögens überhaupt sang- und klanglos im Sand verlaufen sind.

Wir haben uns also zu den Kosten sehr ausführlich geäußert.

Ich möchte auf einen weiteren Punkt Ihrer Kritik eingehen: Ich halte es für den Knackpunkt der ganzen Sache, daß nun ermöglicht wird, unter einer objektiven Kontrolle eine Anfechtungsfestigkeit von Überbrückungs- und Sanierungskritiken zu schaffen. Das ist der eigentliche Kernpunkt.

Sie kennen die Diskussion darüber, daß manche außergerichtliche Sanierungen heute deshalb scheitern, weil sich der Financier fürchten muß, daß zwar heute alle Solvenz annehmen, ein paar Jahre später aber, rückblickend, wenn es nicht funktioniert hat, wissen es die Leute noch besser, daß damals schon eine Insolvenz gegeben gewesen wäre, weshalb die gewährten Kredite beziehungsweise die dafür gewährten Sicherheiten angefochten werden.

Nunmehr soll durch einen objektiven Reorganisationsprüfer festgestellt werden, ob Insolvenz vorliegt oder nicht. Ist dies nicht der Fall, dann kann sich der Kreditgeber darauf verlassen, daß die gegebene Kreditsicherheit hält. Das halte ich für den wirklich wesentlichen Effekt dieses Gesetzes, alles andere ist Beiwerk. – Danke vielmals.

14.03

Vizepräsident Jürgen Weiss: Werden weitere Wortmeldungen gewünscht? – Bitte sehr, Herr Bundesrat Dr. Rockenschaub.

14.03

Bundesrat Dr. Michael Rockenschaub (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Was mich als jemanden, der aus der Praxis kommt, etwas provoziert hat, war der von Ihnen – zumindest habe ich es so den Medien entnommen – verwendete Ausdruck "Meilenstein" im Nationalrat. Diese Regelung sei ein Meilenstein zur Insolvenzprophylaxe. Oder stimmt das nicht? (Bundesminister Dr. Michalek: Ja, ja, aber insgesamt gesehen!) Ich halte den Ausdruck "Meilenstein" auch insgesamt in diesem Zusammenhang für eine ziemliche Übertreibung!

Es wurden durchaus positive Klarstellungen vollzogen, etwa betreffend die Geschäftsführerhaftung oder betreffend die Anfechtbarkeit von Bankkrediten im Zuge der Sanierung. Das war im Prinzip jetzt auch schon möglich, war aber schwieriger. Das ist jetzt für den Fall, daß das Verfahren gewählt wird, klarer, unstrittiger und eindeutiger geregelt.

Dann haben Sie heute in Ihrer Wortmeldung noch das erzieherische Moment für – wenn ich das so sagen darf – oder die psychologische Auswirkung auf die Unternehmer erwähnt. Auch das gestehe ich zu: Es mag Unternehmer geben, die sich von sich aus im Grunde zuwenig mit der Zukunftsbonität ihrer Firma befassen. (Bundesminister Dr. Michalek: Mehr als 50 Prozent der Insolvenzfälle!) Als Bankmann kann ich Ihnen sagen: Normalerweise machen die Gläubiger bereits frühzeitig entsprechenden Druck und thematisieren die Dinge beim Unternehmen. Im Regelfall verhält es sich nicht so, daß eine Bank quasi über Nacht plötzlich damit überrascht wird, daß eine Firma in Wahrheit pleite ist oder am Rand der Pleite steht. Oft gehen lange Phasen der Kämpfe, der Diskussionen und auch des Streits voraus.


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