Bundesrat Stenographisches Protokoll 631. Sitzung / Seite 87

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sozusagen Betroffener vertreten, sondern es waren ausschließlich Vertreter von Zentralinstituten eingesetzt.

Die Ziele, nämlich ein neues Genossenschaftsgesetz und ein neues Revisionsrecht zustande zu bringen, sind in Ordnung. Warum man aber gerade mit dem Revisionsrecht begonnen hat, zuerst also das Spezialgesetz und dann erst das Grundsatzgesetz behandelt hat, ist uns bis heute nicht ganz klar.

In diesem Revisionsrecht sind sehr wichtige und anstrebenswerte Ziele formuliert, nämlich die Stärkung der Stellung des einzelnen Revisors im Verhältnis zu den Verbänden, eine Verbesserung der Information für die Genossenschaftsmitglieder, eine Neuregelung der Prüfungsverfolgung, die Beseitigung von Rechtsüberleitungen sowie auch Klarstellungen zum Ziel und Gegenstand der Revision.

Vielleicht war es eine allen bekannte Großinsolvenz im Jahre 1995, die dieses Revisionsrecht wieder in den Mittelpunkt des Interesses gerückt hat. Wir sind überzeugt davon, daß auch dieses neue Gesetz die erwähnte Großinsolvenz nicht verhindern hätte können, da Genossenschaften für große, unüberschaubare, zentralistisch organisierte Firmen nicht die richtige Rechtsform sind. Wahrscheinlich hätte man mit einer wirklich unabhängigen Revision etwas verbessern können, verhindert hätte man es aber nicht.

Wir stellen auch fest, daß die Arbeitsgruppe im Justizministerium von einem absoluten Fachmann, der allseits anerkannt ist, geführt wurde, nämlich von Generalanwalt Dr. Zetter. Er ist ein ausgesprochener Spezialist auf diesem Gebiet, und niemand zieht seine fachliche Qualifikation in Zweifel. Wir hätten allerdings von ihm erwartet, daß er dem Herrn Bundesminister vorschlägt, die schon eingangs erwähnte Vertretung der Repräsentanten in den Arbeitsgruppen in einer sinnvolleren Weise zu gestalten.

Meine Damen und Herren! Sie alle, die sich wirklich für diese Gesetzesvorlage interessiert haben, finden unter den Erläuterungen in Punkt 15 die Zusammensetzung dieses Gremiums, in dem es von Spitzenrepräsentanten Österreichs nur so wimmelt, darunter aber, wie gesagt, kein einziger im Sinne der Anwendung des Gesetzes Betroffener.

Die Eigentümer sind also darin nicht vertreten. Es ist beispielsweise festzustellen, daß es einer Raiffeisen- oder Genossenschaftsbank, selbst der größten Raiffeisen-Primärbank, in Österreich unmöglich ist, Mitglied des Österreichischen Raiffeisenverbandes zu werden. Das gibt es nicht. Außer für die Finanzierung sind die Eigentümer im Genossenschaftswesen nicht besonders gefragt.

Ein weiterer Punkt ist die Frage der Rechtsstellung dieser Primärgenossenschaften, die durch dieses neuen Revisionsrecht – durchaus im Einklang mit den Zielen des Entwurfs – gestärkt hätte werden sollen. Auch das ist unserer Meinung nach nicht ausreichend der Fall. Es sind in einigen Punkten sogar Verschlechterungen eingetreten, darauf komme ich später noch zu sprechen.

Professor Keinert, den natürlich alle, die sich mit Genossenschaftsrecht beschäftigen, kennen und der sich seit vielen Jahren intensiv mit diesen Fragen beschäftigt, hat seine rechtspolitische Wertung zu diesem Punkt offengelegt. In seiner letzten Publikation schreibt er: So, wie in der menschlichen Gesellschaft die primäre Realität allein dem einzelnen zukomme und nicht dem Kollektiv, so sollte das auch im Genossenschaftswesen sein: Priorität für die Primärgenossenschaft und nicht für den Verbund!

Meine Damen und Herren! In ursächlichem Zusammenhang damit steht die Frage der Unabhängigkeit des Revisors. Dies war ein ausgesprochenes Reformziel dieses Papiers. Ich darf dazu positiv anmerken, daß im Gesetz selbst, und zwar in § 1 Artikel 1, der Revisor und nicht der Revisionsverband als unabhängig und weisungsfrei erwähnt sind. Das ist eine wichtige Bestimmung, und es ist durchaus zu begrüßen, daß das schon § 1 feststellt.


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