Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 117

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Da im Vorblatt der Anfrage auch dem Suchtmittelgesetz breiter Raum gewidmet ist, kann ich nicht umhin, auch dazu in aller Kürze einiges anzumerken. Das mit Jahresbeginn in Kraft getretene neue Suchtmittelgesetz trägt dem allgemein anerkannten Grundsatz, daß dem Drogenproblem nicht allein mit den Mitteln des Strafrechts begegnet werden kann, Rechnung. Die maßvolle Erweiterung des durchaus bewährten Prinzips der Therapie und des Helfens statt oder vor Strafe ist Ausdruck der Erkenntnis, daß Sucht und Abhängigkeit primär medizinische beziehungsweise soziale Probleme sind, weshalb es einer umfassenden Gegenstrategie über das Strafrecht hinausgehender präventiver und therapeutischer Ansätze bedarf.

Durch das neue Suchtmittelgesetz wird ein bewegliches System geschaffen, das die Möglichkeit bietet, die einzusetzende Maßnahme an der Schwere des Delikts, der Gefährlichkeit des Suchtgifts und der Behandlungsbedürftigkeit des Täters zu orientieren. Dort, wo der Täter ein hohes kriminelles Potential aufweist, insbesondere im Bereich der organisierten Kriminalität oder beim professionellen Drogenhandel, bleiben die zu den höchsten Strafdrohungen der österreichischen Rechtsordnung zählenden Strafrahmen bestehen. Nur dort, wo die medizinisch-therapeutischen Maßnahmen notwendig, sinnvoll, erfolgversprechend und adäquat sind, tritt das Strafrecht vorläufig in den Hintergrund.

Österreich beschreitet mit diesem neuen Suchtmittelgesetz den Weg einer "intelligenten Härte" mit neuen strafrechtlichen Instrumenten und einen Weg der "einfühlsamen Hilfe" mit modernen Therapiekonzepten. Die Kritik der Dringlichen Anfrage an einzelnen Neuerungen im Suchtmittelgesetz übersieht, daß auch mit diesen Neuerungen durchaus Vorschlägen aus der Praxis jener, die tagtäglich mit der Verfolgung dieser Straftaten befaßt sind, Rechnung getragen wurde.

Alle verordnungsmäßig festgelegten Grenzmengen entsprechen der vom Suchtgiftbeirat schon im Jahr 1985 festgelegten Grenzmengen; auch die für Heroin festgelegte Grenzmenge wurde demgegenüber nicht erhöht. Die von Ihnen angesprochene Judikatur des Obersten Gerichtshofs wurde von uns in die Vorbereitung einbezogen. Die jetzige Regelung in Übernahme des seinerzeitigen Suchtgiftbeiratsgutachtens wurde vom Obersten Gerichtshof ausdrücklich gebilligt.

Geringere Formen der Beschaffungskriminalität, etwa eine Rezeptfälschung oder kleinere Eigentumsdelikte, wurden in das Konzept "Therapie statt Strafe" einbezogen, weil die Praxis beklagte, daß deren zwingende Bestrafung das Therapiekonzept gefährden würde.

Auch das Instrument des Aufschubes des Strafvollzuges soll dazu dienen, daß sich der Täter, quasi unter dem Damoklesschwert sonstiger Strafverbüßung, intensiv bemüht, von seiner Sucht loszukommen, und damit einem Rückfall, der eine neue Straftat darstellen würde, vorzubeugen.

Die angesprochene Anzeigepflicht wurde nur dort eingeschränkt, wo diese zum Bruch eines Vertrauensverhältnisses zu einer amtlichen Beratungsstelle führen würde. Ohne ein derart geschütztes Vertrauensverhältnis ist beratende Therapie ganz einfach nicht möglich.

Die Erfolgskontrolle liegt in den Händen der Betreuungseinrichtungen, deren Qualitätsstandards durch das neue Suchtmittelgesetz wesentlich besser gewährleistet sind, als das früher der Fall war. Gerade was die Qualitätssicherung anlangt, ist es einer der Schwerpunkte des Gesundheitsressorts, ein Behandlungs- und Betreuungsberichtswesen aufzubauen, um bestandene Informationslücken zu füllen. Ich darf in diesem Zusammenhang auf den Bericht des Österreichischen Bundesinstituts für Gesundheitswesen zur Drogensituation im Jahr 1997 verweisen.

Meine Damen und Herren! Nun konkret zu den einzelnen Fragen:

Zur ersten Frage: Lassen Sie mich zur ersten Frage vorausschicken, daß die Auswirkungen punktueller strafrechtlicher Maßnahmen nicht überschätzt werden sollten, und zwar weder von Verschärfungen noch von sogenannten Erleichterungen.

Lassen Sie mich vorweg weiters die großen Linien meiner, aber auch der von meinen Vorgängern gepflogenen Strafrechtspolitik skizzieren:


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