Bundesrat Stenographisches Protokoll 641. Sitzung / Seite 87

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Ausmaß korrigiert werden, wäre eine Finanzierungsform von Vorteil, bei der alle Betriebe, die Arbeitnehmer beschäftigen, finanzielle Beiträge leisten. Mit dieser Form könnte ein Lastenausgleich zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Betrieben hergestellt werden. Es ist absolut nicht einzusehen, daß nur zirka 40 000 Ausbildungsbetriebe die Facharbeiterausbildung für ganz Österreich finanzieren.

Die Österreichische Gewerkschaftsjugend hat ein Modell für eine langfristige Finanzierung der Berufsausbildung entwickelt. Sie alle haben eine Einladung erhalten, dieses Modell im Rahmen einer Vorstellung in ein paar Tagen kennenzulernen; ich hoffe, Sie werden von dieser Einladung zahlreich Gebrauch machen. Bei einer solchen Finanzierungsmöglichkeit könnten jene Betriebe, die nach den Ausbildungsvorschriften ausbilden, eine finanzielle Unterstützung erhalten. Auf diese Weise könnten freie Ausbildungskapazitäten in der Industrie genützt werden. Gleichzeitig würde die Qualität der Ausbildung gehoben werden.

Meine Damen und Herren! Mit den im Bericht unter "Zukünftige Aufgaben" formulierten Forderungen nach einer Reduzierung der Ausbildungsinhalte in einzelnen Lehrberufen kann ich nichts anfangen. Solche Maßnahmen würden eher kontraproduktiv auf ein hohes Ausbildungsniveau wirken. Für benachteiligte Jugendliche muß man besondere Unterstützungen schaffen, damit sie das Ziel eines Lehrabschlusses erreichen. Nur die Inhalte und die Lehrzeit zu verkürzen, ist ziemlich einfallslos und würde nur billige Hilfskräfte produzieren.

Für diese besondere Zielgruppe haben wir im Bezirk Fürstenfeld in Zusammenarbeit mit dem Berufsförderungsinstitut sowie mit Unterstützung des Arbeitsmarktservices des Landes Steiermark und des Europäischen Sozialfonds ein Projekt gestartet, das seit über zwei Jahren sehr erfolgreich läuft. Diese sogenannte individualisierte Berufsfindung und Berufsbildung für am Arbeitsmarkt benachteiligte Jugendliche bietet Schulabgängern, die aufgrund von Defiziten Schwierigkeiten bei der Jobsuche haben, eine echte Chance. Jugendliche mit Lernschwierigkeiten, Verhaltensauffälligkeiten oder leichten Behinderungen, die ihre Schulpflicht bereits erfüllt haben, können in diesem Projekt mit einer Berufsvorbereitung beginnen, um danach mit einer Berufsausbildung fortzusetzen. Die ganz auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtete Berufsbildung endet im Idealfall nach maximal drei Jahren mit der Aufnahme in jenem Betrieb, in dem die Jugendlichen den praktischen Teil ihrer Ausbildung absolviert haben. Der theoretische Ausbildungsteil wird im BFI durchgeführt, dort kann auf Schwächen der Jugendlichen individuell eingegangen werden.

Eine Besonderheit dieses Modells ist die Kooperation mit den Partnerbetrieben. Um so praxisnahe wie möglich auszubilden, schließt das BFI mit dem Partnerbetrieb einen Ausbildungsvertrag ab. Der Betrieb ist verpflichtet, dem BFI ständig über den Ausbildungsstand zu berichten. Es scheint uns sinnvoller zu sein, für solche Projekte Geld aufzuwenden, als Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Das Modell der Vorlehre ist sicherlich kein geeignetes Modell, den benachteiligten Jugendlichen zu helfen.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Zusammenfassend ist festzuhalten, daß wir für eine qualitativ hochwertige Berufsausbildung in Österreich noch einiges zu tun haben. Ideen und Vorschläge liegen vor. Wir müssen sie nur umsetzen, damit wir den jungen Menschen in unserem Land eine qualitativ hochwertige berufliche Erstausbildung ermöglichen.

Abschließend möchte ich mich namens meiner Fraktion bei den Initiatoren der Ö3-Aktion "Chance ’98" bedanken. Durch diese Aktion konnten in kurzer Zeit über 1 000 zusätzliche Lehrstellen geschaffen werden. Dafür gebührt auch den Betrieben, die diese Lehrlinge einstellen, unser herzlichster Dank. Diese spontane Aktion hat einen wesentlichen Teil zur Reduzierung der Jugendarbeitslosigkeit beigetragen.

Meine Damen und Herren! Die SPÖ-Fraktion wird den Berufsbildungsbericht 1997 zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.29

Präsident Ludwig Bieringer: Nächste Wortmeldung: Herr Bundesrat Wolfram Vindl. Ich erteile ihm das Wort.


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