Bundesrat Stenographisches Protokoll 641. Sitzung / Seite 88

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14.29

Bundesrat Wolfram Vindl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Der im Jahr 1997 veröffentlichte OECD-Wirtschaftsbericht für Österreich zeigt eine sehr positive Entwicklung im Hinblick auf die Berufsbildung in Österreich auf. Es ist gelungen, die Bevölkerung mit einem hohen Bildungsniveau auszustatten. Ein Problem besteht jedoch darin, daß diese Bildungsinvestitionen nicht den erwarteten technischen Fortschritt gebracht haben, der für die Aufrechterhaltung einer Hochlohnwirtschaft erforderlich ist.

Um dieses Problem aus der Welt zu schaffen, sind verschiedene Mängel zu beseitigen. Einerseits sollten die klaren Abgrenzungen zwischen den verschiedenen Bildungssystemen aufgehoben und das neue Fachhochschulsystem weiter gefördert werden, und andererseits besteht Reformbedarf im Bereich der Universitäten, da sie erhöhte Konkurrenz seitens der Fachhochschulen und der spezialisierten Forschungsinstitute erwarten müssen.

In den letzten zwei Jahrzehnten sind infolge der starken Expansion im Bildungssystem entsprechende Veränderungen im Bildungsstand der Bevölkerung festzustellen. Die Zahl der Erwerbstätigen, die außerhalb der Pflichtschule keinerlei Abschluß besitzen, hat im Vergleich zu den frühen achtziger Jahren stark abgenommen. Die anderen Bildungsebenen haben hingegen teilweise starke Zuwächse zu verzeichnen. Lediglich berufsfachliche Erstabschlüsse wie Fachschule und Lehre haben zugunsten der höheren Bildungsmöglichkeiten anteilig verloren. Im Jahr 1995 hatten rund 40 Prozent der Österreicher einen Lehrabschluß, 11 Prozent einen Fachhochschulabschluß, und etwa 9 Prozent konnten den Abschluß einer berufsbildenden höheren Schule vorweisen.

In der produzierenden Wirtschaft, im Bauwesen, im Handel sowie im Verkehrswesen haben rund 50 Prozent einen Lehrabschluß, während in den Finanz- und Wirtschaftsdiensten sowie im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen die akademisch-schulische Ausbildung einen höheren Stellenwert aufweist. Österreich besitzt im internationalen Vergleich einen geringen Anteil an Erwerbspersonen nur mit abgeschlossener Pflichtschule, dafür aber einen hohen Anteil mit Sekundärbildung, eine breite mittlere Qualifikationsschicht und eine geringe Akademisierung.

Bisher deckten Absolventen einer HTL oder HAK den Qualifikationsbedarf, der in anderen Ländern mit Abgängern kürzerer Hochschulstudien beziehungsweise mit Fachhochschulabsolventen gedeckt wird. Durch die Entwicklung im Bereich der Fachhochschulen seit 1994 wird es in den nächsten Jahren zu einem modifizierten Qualifikationsangebot kommen. Über kurz oder lang wird dies zu einem gesteigerten Angebot an Hochqualifizierten führen.

Österreich besitzt im Vergleich zu anderen Ländern ein spezifisches Berufsbildungssystem. Einzigartig ist hier die Kombination eines starken Lehrlingsausbildungssystems mit einem ausgeprägten schulischen Berufsbildungsangebot. Hierbei wird die Akademisierung sehr niedrig gehalten, da in Österreich anstelle der Kurzstudien die berufsbildenden höheren Schulen eingerichtet wurden, wie sie in anderen Ländern nur sehr selten zu finden sind.

Durch diese einzigartige Qualifikationsstrategie ergibt sich in Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sowohl eine günstige Arbeitsmarktsituation als auch eine relativ hohe Wirtschaftsleistung je Einwohner. Eine im Bericht enthaltene Aufstellung zeigt deutlich, daß die berufliche Bildung anhaltend hohe Attraktivität aufweist. So befinden sich zirka 76 Prozent der Jugendlichen der 10. Schulstufe in einem einschlägigen Bildungsgang. Wie bereits erwähnt, haben innerhalb der beruflichen Bildungsgänge die BHS gegenüber den fachlichen Erstausbildungen – wie Lehre und Fachschule – stark dazugewonnen.

Der Anteil der Jugendlichen, welche die 10. Schulstufe in einer BHS verbringen, hat in den letzten zwei Jahrzehnten von 9 auf 24 Prozent zugenommen. Diese Entwicklung entspricht sicherlich den bildungspolitischen Zielsetzungen unseres Landes. Deshalb wurde zwischen 1973 und 1993 auch die Zahl der BHS von 149 auf 309 solcher Einrichtungen erhöht.

Welche Abschlüsse werden von den Österreichern erreicht? – Laut dem jährlichen Mikrozensus des Österreichischen Statistischen Zentralamtes liegt der Anteil der 20- bis 24jährigen Bevöl


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