Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 102

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folgendermaßen ab: Es gibt ja auch Richtlinien – und ich glaube, diese sind hier schon einmal angesprochen worden. Es gibt diese Ersatzkraftrichtlinie, wonach die Mitarbeiter des AMS natürlich zuerst darauf schauen müssen, ob ein Inländer oder ein Ausländer, der Arbeitslosenunterstützung bekommt und schon länger auf Arbeitsuche ist, eine Stelle annehmen kann. Bei der Stellenvergabe muß zuerst auf diese Gesichtspunkte geachtet werden. Bleibt jemand übrig, ist es auch noch nicht sicher, ob er die Stelle tatsächlich bekommt.

Herr Bundesminister, ich habe so einen Fall erst vor kurzem erlebt, wobei ein bosnischer Flüchtling in einem Forstbetrieb arbeiten wollte, dem wirklich keine Leute zur Verfügung standen. Dieser Flüchtling hat im März um eine Arbeitsbewilligung angesucht; die Antwort lautete: nein. Er hat im April angesucht; wiederum: nein. Im Juni gab es noch immer keine Leute für die Arbeiten – aus welchen Gründen auch immer –, dann ist er plötzlich zum Zug gekommen, durfte bis Oktober arbeiten, konnte sich jedoch für diese paar Monate kein Recht auf Arbeitslosenentgelt erwerben und war dann wieder auf Null gestellt. Er ist auch aus der Bundesbetreuung herausgefallen, obwohl er Familie hat. Das sind Schicksale, die mich bewegen!

Darum, Herr Bundesminister, eine Bitte an dich: Sorge doch dafür, daß auch jene, die teilzeitbeschäftigt oder saisonal beschäftigt sind und die die Frist nicht einhalten können, nachher wieder in die Bundesbetreuung aufgenommen werden, und zwar bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem sie wieder eine Arbeit haben! Der jetzige Zeitraum ist sehr kurz. Innerhalb von 27 Tagen müßten sie wieder eine Arbeit haben. Das geht aber nicht von heute auf morgen. Vielleicht wäre es möglich, während dieser Übergangsfrist auch eine Lösung für diese Leute zu finden.

Frau Präsidentin! Ich bin bald fertig! Es liegt mir aber am Herzen, einige Beispiele zu nennen, damit auch Herr Kollege Gudenus das versteht. (Bundesrat Farthofer: Wir verzeihen es!) Es gibt einen Betriebswirt, Akademiker, der schon seit Jahren gerne arbeiten möchte. Aufgrund der bestehenden Richtlinien hat er jedoch keine Chance gehabt. Ein Installationsunternehmen wollte diesen Betriebswirt als Dolmetscher beschäftigen, weil es auch Fuß in den südlichen Ländern fassen wollte. Dieser Unternehmer wollte den Betriebswirt teilzeitbeschäftigt als Dolmetscher anstellen und mit ihm Slowenien, Kroatien und Bosnien bereisen. Mit dieser Teilzeitlösung konnte der Betriebswirt jedoch seine Familie nicht ernähren, und daher hat er sich bereit erklärt, eine zweite Teilzeitbeschäftigung bei diesem Installationsunternehmen als Hilfsarbeiter anzunehmen. Er hätte jede Arbeit angenommen. Das war nach den Richtlinien des AMS aber nicht möglich, weil wir als Hilfskräfte ohnedies Inländer haben. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Man muß diese Problematik auch kennen, denn all das ist nicht so einfach! Deshalb appelliere ich noch einmal an die Bundesrätinnen und Bundesräte der FPÖ, von dieser Gratwanderung, die Sie heute hier am Rednerpult betrieben haben, abzugehen. Denn irgendwo im Hintergrund fühle ich, daß Sie auch menschliche Gefühle haben und einerseits auch dafür sind, diesen Leuten zu helfen. Ich ersuche Sie daher von dieser Stelle aus, diesem Beschluß zuzustimmen! Meine anderen Unterlagen lasse ich jetzt weg, denn ich habe meine Zeit überzogen – Danke, Herr Präsident. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

21.02

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte sehr. Ich erteile Frau Bundesrätin Haunschmid das Wort.

21.02

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Minister! Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte das jetzt nicht so im Raum stehen lassen.

Frau Kollegin Schicker! Ich möchte keinen meiner beiden Kroaten in meinem Hause als Arbeiter und als Mitbürger missen. Seit 1971 beschäftige ich Fremdarbeiter im Sägewerk und in der Gastronomie, und ich beschäftige sie nicht nur, sondern sie leben in unserem Haus und werden von uns durchgehend betreut.


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