Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 103

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Frau Kollegin Schicker! Herr Kollege Leichtfried! Auch ich habe mit meiner Familie in Pettenbach Jahre hindurch bosnische Flüchtlinge verpflegt und betreut. Auch ich bin eine von jenen, die voll und ganz Schutz und Hilfe gewährt, wenn es notwendig ist. (Zwischenruf des Bundesrates Rauchenberger. ) Nein, sicherlich nicht! Warum? Das ist überhaupt nicht wahr!

Ich möchte Ihnen zwei Beispiele nennen.

1971 ist ein junger Bursch mit 14 Jahren zu uns gekommen und hat zuerst einmal zwei Jahre bei uns gelebt. Sein Vater war bei uns Fremdarbeiter in der Säge. Dann hat er seinen Wehrdienst in der Heimat geleistet. Er war also zuerst als Kind bei uns, und dann hat er bei uns die Kellnerlehre begonnen.

Wir können auch bei uns im Haus die Ungleichbehandlung bei Ausländern feststellen, und darum ersuche ich Sie, Herr Minister, da Abhilfe zu schaffen!

Ich nenne Ihnen noch ein Beispiel: Wir haben bei uns eine Saisonbeschäftigte. Deren Mann ist seit 18 Jahren in Österreich, ist hier integriert und arbeitet hier. Er hat für eine österreichische Firma voll gearbeitet. Er hat dann unten geheiratet, und seine Frau wollte herauf. Sie muß jedoch alle paar Wochen wieder hinunter. Sie kennen dieses Problem ganz genau! Ich habe gekämpft. Sie kann keine Kinder bekommen. Sie hat unten kein Zuhause. Sie möchte hier arbeiten. Ich habe sie aber immer wieder nur mit Ach und Krach für diese sechs Monate der Saisonbeschäftigung bekommen. Und sie weiß heute, daß sie, obwohl sie hier ihr Zuhause hat, im Herbst praktisch wieder abgeschoben wird. – In diesem Zusammenhang besteht Ungleichbehandlung, nur weil sie kein Flüchtling ist! Ich glaube, das muß abgeschafft werden! Das kann ich auf keinen Fall akzeptieren.

Wenn ich mich diesbezüglich erkundige, dann antwortet man mir beim AMS ausdrücklich: Beschäftigen Sie doch einen Flüchtling! Warum nehmen Sie nicht einen Flüchtling! Den bekommen Sie sofort und den können Sie auch behalten! – Es geht doch nicht an, daß eine Frau, die schon zwei Saisonen bei mir im Haus arbeitet, von einer Minute auf die andere abgeschoben wird! Das ist eklatante Ungleichbehandlung, und das wissen Sie ganz genau! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn heute bosnische Flüchtlinge vom AMS zum Arbeiten geschickt werden, dann kommen sie – wie es mir x-mal passiert ist –, oft in Begleitung eines Dolmetschers, bei der Tür herein und sagen: Bitte bestätigen Sie mir, daß ich erst in zwei Monaten in Ihrem Betrieb benötigt werde, denn ich möchte vorher noch den Führerschein machen! (Zwischenruf der Bundesrätin Schicker. ) Was würden Sie dazu sagen? Solche Leute haben bei uns in Österreich doch keinen Platz! Die sollen zurückgehen und beim Aufbau ihres Landes mitwirken! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Leute, die bereits hier sind, haben jedoch das Recht, hierzubleiben und auch integriert zu werden! Alle, die sich ... (Zwischenruf des Bundesrates Rauchenberger. ) Hiebei handelt es sich um Ungleichbehandlung. Das möchte ich Ihnen sagen. Es wäre richtig, wenn die Leute, die keine Flüchtlinge sind, sondern hier arbeiten, sich bemühen, ihren Ehepartner hier haben und sich integrieren wollen, auch das Recht bekommen, hierzubleiben! Darum möchte ich Sie ersuchen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister Mag. Karl Schlögl hat sich zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

21.07

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Ich möchte die Diskussion nicht allzu sehr verlängern, denn die Wortmeldungen vor allem von Frau Bundesrätin Schicker und von den Herren Bundesräten Leichtfried und Wilfing waren sehr prägnant und gut und haben bereits den Kern des Problems getroffen.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite