Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 126

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nicht ohnehin schon unmerklich getan haben. Gerade die mit Sinnfragen sehr stark beschäftigten Jugendlichen sind dankbare Opfer für die unter verschiedensten Deckmänteln agierenden Sektierer.

Es wurde schon gesagt: Mit dem vorliegenden Bundesgesetz wird eine selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts, die Bundesstelle für Sektenfragen, eingerichtet. Die Dokumentation und Information über die Tätigkeit der Sekten ist eine nicht hoch genug einzuschätzende gesellschaftliche Aufgabe. Mit aller Deutlichkeit die Umtriebe gewissenloser Krimineller aufzuzeigen und labile Menschen und sorglose Jugendliche eindringlich zu warnen, ist eine Aufgabe im Namen der Menschlichkeit.

Einen persönlichen Satz noch zu den datenschutzrechtlichen Bedenken: Wenn wir hier in diesem Hause den Lauschangriff und die Rasterfahndung beschließen, dann können wir, so glaube ich, ruhigen Gewissens in dieser überaus wichtigen Sache, natürlich unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Datenschutzfragen, auch diesem Gesetz unsere Zustimmung geben, denn die scharfe Beobachtung von Sekten ist in der Wertigkeit der Bekämpfung der organisierten Kriminalität durchaus gleichzusetzen.

Abschließend noch etwas, was nicht unmittelbar mit diesem Thema zu tun hat, was ich aber dennoch erwähnen möchte: Die Worte des Kollegen Gudenus über das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, die er so gelassen ausgesprochen hat, finde ich einfach geschmacklos. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP. – Widerspruch bei den Freiheitlichen.)

Die Arbeit dieser Institution als Gesinnungsschnüffelei zu bezeichnen, ist ungeheuerlich und zeigt nur zu deutlich Ihre Gesinnung, Herr Gudenus! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.02

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Martin Bartenstein. Ich erteile es ihm.

17.02

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Bundesrates! Es wäre auch möglich gewesen, dieselbe Art von Tätigkeit durch eine Abteilung meines Hauses durchführen zu lassen, aber aus verschiedenen Gründen habe ich mich dazu entschlossen, dem Gesetzgeber, nämlich Ihnen, vorzuschlagen, dafür eine eigene Bundesstelle zu schaffen, zum ersten, weil es sich hier um eine ausgegliederte Struktur handelt, die jetzt weisungsungebunden und vor allem für alle Bürger des Landes ansprechbar agieren kann, und weil auch damit nach außen dokumentiert sein soll, daß das keine Abteilung des Familienressorts ist, sondern eine Bundesstelle – und diese Struktur wird auch von der Finanzierung her schlank sein. Sie wissen aus den Ihnen vorliegenden Unterlagen, das wird Kosten in einstelliger Millionenhöhe verursachen und keinesfalls darüber hinaus.

Es ist vielen von uns in den letzten Monaten das Thema Sekten ein echtes Anliegen geworden. Aus manchen von uns spricht mehr persönliche Betroffenheit und mehr persönliche Erfahrung heraus, und ich danke insbesondere Herrn Bundesrat Hager für seine Feststellungen, weil man gerade aus der Sorge um die eigenen Kinder das Thema Sekten ein wenig anders betrachtet, als wenn man diese Sorge nicht haben müßte.

Tatsache ist jedenfalls, daß es eine Unzahl von Gruppierungen gibt, daß das keinesfalls auf die städtischen Bereiche begrenzt bleibt, und daß gerade im ländlichen Bereich oft auch aus dem Interesse Jugendlicher selbst heraus Kultgruppen entstehen können, die gewissermaßen selbsttragend, aber um nichts weniger gefährlich sind, als wenn jemand vielleicht einer bekannten größeren Sekte als Mitglied anheimfällt.

Auf der anderen Seite halte ich gerne noch einmal fest, daß das Prinzip der Religionsfreiheit und der Meinungsfreiheit von dieser Einrichtung und insgesamt von meiner Sektenpolitik unange


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