Bundesrat Stenographisches Protokoll 645. Sitzung / Seite 61

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich möchte dieses Gesetz nur dazu benützen, um eine generelle Kritik gegen diese Form vorzubringen. Meine Kritik richtet sich vor allem gegen den Umstand, daß es für uns Bundesräte unmöglich oder nur mit hohem Aufwand möglich ist, die geänderten Gesetzesstellen zu kontrollieren oder zu beurteilen. Wir sind auf Beschreibungen, Berichte angewiesen, es ist uns aber nicht möglich, eine eigene Beurteilung mit einem vertretbaren Zeitaufwand vorzunehmen. Dabei wäre es mit den heutigen Methoden der EDV ganz einfach, wenn bei allen Gesetzesnovellen die geänderten Gesetzesstellen komplett ausgedruckt würden, wenn die Veränderungen entsprechend markiert und alle zitierten Paragraphen angeführt würden. Dann wäre eine Beurteilung dieser Gesetzesänderung durch uns Bundesräte leicht möglich. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Tremmel: Richtig!)

Die so oft in der Öffentlichkeit kritisierte Fülle, Unklarheit und Unübersichtlichkeit von Gesetzen stammt nach meiner Auffassung nicht daher, weil die Sprache der Gesetzgebung so unverständlich wäre, sondern weil die Übermittlung der verschiedenen Gesetzesänderungen so umständlich und unübersichtlich geworden ist. Sogar ich, der ich mit der Rechtsmaterie eigentlich nichts zu tun habe, getraue mich, die meisten Gesetze zu beurteilen, und ich verstehe sie auch.

Unsere Arbeitsweise als Gesetzgeber ist heute noch dieselbe wie zur "Steinzeit" der Schreibmaschine ohne Korrekturtaste. Es mag damals durchaus richtig gewesen sein, daß bei Novellen zum Beispiel folgende Vorgangsweise gewählt wurde: Dem Paragraphen sowieso wird folgender Satz angefügt, oder: Der Absatz sowieso hat soundso zu lauten. – Da heute aber alle Gesetzestexte EDV-mäßig abgespeichert sind, könnte ohne besonderen Aufwand auf Knopfdruck jederzeit die geänderte Gesetzesstelle ausgedruckt werden. Dazu bedürfte es nur ein bißchen guten Willens der Verantwortlichen. (Bundesrätin Schicker: Oder eines Mitarbeiters für die Bundesräte, für uns!) Auch dieses. Aber es würde auch den Nationalräten nicht schaden, wenn sie wüßten, was sie beschließen. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich möchte aber mit meinem Vorschlag noch weitergehen. Für Tausende Beamte in Österreich, die unsere im Parlament geschaffenen Gesetze beachten beziehungsweise täglich damit arbeiten müssen, wäre es sicherlich eine riesige Erleichterung, wenn die ganzen Querverweise von Novelle zu Novelle wegfallen würden. Ich schlage deshalb vor, daß bei jeder Gesetzesnovelle das gesamte Gesetz neu ausgedruckt wird, soweit dies möglich ist. Beim ASVG wird das in absehbarer Zeit nicht möglich sein, davon bin ich überzeugt. Dies ist ohne weiteres auf Knopfdruck möglich. Der jeweils geänderte Gesetzestext könnte entsprechend kenntlich gemacht werden.

Jeder, der mit den von uns beschlossenen Gesetzen arbeitet, hätte dann jeweils den gesamten Gesetzestext vorliegen und könnte wesentlich rationeller arbeiten. Eine solche Vorgangsweise würde nicht nur eine wesentliche Erleichterung für all jene, die mit dem Gesetz arbeiten, bringen, nach meiner Auffassung wäre das auch ein wesentlicher Beitrag zur Gesetzesklarheit und Gesetzessicherheit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir dürfen nicht nur in der Öffentlichkeit über die vielen komplizierten Gesetze klagen, es liegt an uns im Hohen Haus, eine Veränderung herbeizuführen. Ich hoffe deshalb auf Ihre Unterstützung.

Unsere Welt verändert sich täglich mit ungeheurer Geschwindigkeit. Wir im Parlament haben die Verpflichtung, nicht nur zuzusehen, wie sich diese Welt verändert, sondern auch diesen Veränderungen Rechnung zu tragen und alles daranzusetzen, daß auch die Gesetzgebung mit dieser Dynamik Schritt hält. Die österreichischen Bürger können von uns erwarten, daß wir nicht leichtfertig Gesetzesvorlagen zustimmen.

Ich werde deshalb und nur aus Protest gegen die unzureichende Information von uns Bundesräten über diese Gesetzesnovellen – nicht wegen des sachlichen Inhaltes! – der vorliegenden Novellierung meine Zustimmung verweigern. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

12.45


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite