Bundesrat Stenographisches Protokoll 647. Sitzung / Seite 97

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Südtirol wird durch die neue Gesetzgebung, die Sie heute hier beschließen wollen, schlechter gestellt. Es gilt von nun an wieder – so wie es in der großen Politik ist – als Italien. Die Vorteile, die wir unserem ehemaligen Kronland, unserem Gesamtkronland Tirol geben wollten – mit den Worten, die im Jahr 1919 auch den Ausspruch "Niemals vergessen!" von vielen Abgeordneten hier im Hohen Haus beinhalteten –, werden hiemit über Bord geworfen. Sie werden nun doch vergessen. Das heißt, sie werden natürlich von uns nicht vergessen werden. Das ist auch nicht Ihre Absicht – auch nicht die Absicht jener, die diesem Gesetz zustimmen, davon bin ich überzeugt. Oder, Herr Kollege?

Dieses Gesetz ist aber gegen unsere Historie, es ist gegen mein persönliches Fühlen und gegen das Fühlen des einen oder anderen – hoffentlich recht vieler – hier im Haus, auch in diesem Saal.

Südtirol ist uns bei vielen unserer politischen Reden immer ein besonderes Anliegen gewesen. Es gibt fast keine Thematik, bei der man nicht den Südtirolern – wie soll man sagen? – für ihre geschichtliche Bindung an diesen Staat das Wort gegeben hat, bei der man sie nicht beteiligt hat, bei der man sich ihrer nicht zumindest erinnert hat, sie erwähnt und ihnen versprochen hat, ihre Anliegen zu vertreten.

Diesem Anspruch wird dieses Gesetz nicht gerecht. Wenn Frau Kollegin Haselbach meint, daß das ÖH-Gesetz die Mitbestimmung und damit die Durchblutung der Österreichischen Hochschülerschaft beziehungsweise der Universitäten fördert, dann kann ich nur sagen, das ist eine nette Absicht von ihr. Man kann wenig dagegen sagen: Durchblutung ist immer gesund, dem kann man schwer widersprechen.

Aber sollte nicht die Durchblutung einer Universität vielmehr mit aktuellem Wissen, mit Wissensdrang, mit schnellen Studienerfolgen, mit Menschen, die endlich selbständig aus den Studien hervorgehen und in der Republik oder wo auch immer ihre Aufgabe finden, einhergehen? Sollte das nicht wichtiger sein als hier basisdemokratische räterepublikanische Attitüden hochzuhalten? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Natürlich: Auch wir sagen ein großes Ja zur Mitbestimmung, meine Damen und Herren, ein großes Ja zur Mitbestimmung auf Gebieten, in denen die Hochschülerschaft, die Studenten die Einsicht und das Fachwissen haben. Ich möchte aber jetzt nicht die Mitbestimmungsdebatte auf der Hochschule aufwärmen; das wurde immer wieder bei diesem Gesetz oder ähnlichen Gesetzen gemacht.

Grundsätzlich kann man bei einer Blinddarmoperation wirklich nur dann mitreden, wenn man entweder der ist, der den Blinddarm hat, oder der Arzt ist, der ihn herausnimmt. All die anderen, die nur zuschauen – Familienmitglieder und etwaige Neugierige –, haben wenig Einsicht in die Angelegenheit. Und so gibt es viele Fachgebiete auf hochschulpolitischem Gebiet, bei denen ich meine, jeder hat seinen Platz: Hier ist der Professor, da ist der Lehrkörper und dort sind die Studenten. Und Studenten sollen lernen, und die Professoren und der Lehrkörper sollen lehren. Und darüber kann man mit Mitbestimmung eigentlich kaum befinden. (Bundesrat Pfeifer: Und die Studenten dürfen nie demonstrieren!)

Zum passiven Wahlrecht meine ich folgendes: Hier ist die Republik Österreich, welche die Ausgaben für diese Universitäten trägt. Hier lebt der österreichische Steuerzahler, der diese Ausgaben zahlt. Wo ist die Verantwortung eines ausländischen Funktionärs, der unter Umständen oder mit großer Wahrscheinlichkeit bald nach dem Studium oder noch vor Studienende – wenn er es je zu Ende bringt – das Land verläßt? Welche Verantwortung übernimmt er?

Bei den Österreichern haben wir immerhin den Familienrückhalt. Wenn ein Student schlecht ist, dann sagen die Eltern zu ihm: "Paß auf, Bub, lern was, mach weniger Studentenpolitik! Und das, was du machst, ist Käse oder vielleicht ist es sogar gut. Aber lern was, schau, daß du durchkommst. Wir müssen das ja alles zahlen!" – Ich spreche dabei aus Erfahrung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Pfeifer: Haben Sie das zu Dr. Haider gesagt?)


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