Bundesrat Stenographisches Protokoll 648. Sitzung / Seite 70

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Bundesrat! Die Flat tax ist die größte Umverteilungsmaschinerie von oben nach unten, die überhaupt bisher jemand erfunden hat, und damit ist das eine sehr angewandte Gesellschaftspolitik, allerdings eine solche, der ich nichts abgewinnen kann. Das möchte ich schon auch in aller Deutlichkeit sagen.

Ich weiß schon, daß es Absetzbeträge gibt, die sich am Beispiel einer Familie mit zwei Kindern ganz einfach erklären lassen. Jemand, der 450 000 S Einkommen und zwei Kinder hat, zahlt jetzt 73 000 S Steuer. Nach der Flat tax zahlt er nichts mehr. Das ist wunderbar für die Familie, selbstverständlich, wunderbar auch für alle, die darunter liegen, denn die ersparen sich auch etwas. Das Unangenehme ist nur, daß sich derjenige, der nur 10 000 S verdient, nichts erspart, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: weil er jetzt auch nichts zahlt. Er kann sich also gar nichts ersparen.

Das heißt also, bei 450 000 S zahlt jemand nach diesem Beispiel keine Steuer mehr. Wenn dieselbe Familie 1 Million Schilling verdient, wirkt der allgemeine Absetzbetrag dann so, daß sich diese Familie nicht 73 000 S, sondern bereits über 150 000 S Steuer erspart, und eine Familie mit 2 Millionen Schilling Einkommen erspart sich schon 360 000 S Steuer.

Jetzt frage ich mich, ob man überhaupt eine soziale Angemessenheit erreichen kann mit einer solchen Flat tax, bei der alles gleichgeschaltet wird, bei der ich alle Gestaltungsspielräume verliere, bei der ich keine Familienbesteuerungspolitik mehr machen kann, da das Geld hiefür nicht mehr vorhanden ist.

Das Flat-tax-Konzept – das werfe ich Ihnen auch vor – hat nämlich eine konkrete, durchaus diskutierbare Überlegung: eine einheitliche Höhe der Steuer in allen Bereichen. Aber dann gibt es keine Ausnahmen. Jetzt keimt bei mir ein wenig der Verdacht auf, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, daß die auch von Ihrem Nobelpreisträger-Professor nicht vorgeschlagene Variante, den 13. und 14. trotzdem zu lassen, ein wenig Opportunismus ist (Heiterkeit bei der SPÖ), weil man genau weiß, daß in Österreich der 13. und 14. von den Menschen emotionell erlebt wird. Denn ins Konzept der Flat tax paßt das ganz einfach nicht hinein. (Beifall bei der SPÖ.) Das muß man auch in aller Deutlichkeit sagen. Daher ist all das ein wenig opportunistisch. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel. ) Ein wenig opportunistisch; ich bin ohnehin freundlich.

Man muß sich auch anschauen, was das von der Kostenseite, vom Geld her bedeutet: Die Lohnsteuer, die jetzt 0 bis 50 Prozent beträgt, geht dann von 0 bis 23 Prozent, die Körperschaftsteuer, die 34 Prozent beträgt, geht auf 23 Prozent, selbst die KESt sinkt von 25 auf 23 Prozent. Das können Sie jetzt rechnen, wie Sie wollen, da kommen Sie auf keine anderen Zahlen als jene, die ich genannt habe. Daher sind Sie auch noch nicht darauf eingegangen.

Der Lohnsteuerausfall beträgt 100 Milliarden Schilling. Stimmt das? – Gut. Der Ausfall bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer beträgt 20 Milliarden Schilling, und der Ausfall durch die Vollabschreibung bei Investitionen im ersten Jahr macht noch einmal 20 Milliarden Schilling aus. Das sind 140 Milliarden Schilling! All das wollen Sie mit der Verwaltung einsparen? – Na, das schaue ich mir wirklich an! Auf dieses logische Konzept warte ich. Denn wenn Sie das können, dann bitte ich Sie: Behalten Sie es nicht für sich! Ich würde nur 10 Prozent davon realisieren, würde 14 Milliarden Schilling einsparen und könnte das zusätzlich einer gescheiten Steuerreform zur Verfügung stellen. Also verschweigen Sie sich nicht (Heiterkeit des Bundesrates Konecny ), wenn Sie wissen, wie man solche massive Einsparungen erzielen kann, die sozial ausgewogen sind, die von den Menschen akzeptiert werden, die tatsächlich innovativ sind, die Österreich tatsächlich an neue Ufer führen und ähnliches mehr, die das Sozialsystem nicht demolieren, die faktisch die Pensionisten nicht gefährden, die die Valorisierung der Karenzgelder ermöglichen. Alles, alles, alles geht, und der Staat hat um 140 Milliarden Schilling Schulden weniger.

Herr Bundesrat Konecny hat zuerst das mit der Hohlkugel gesagt, es gibt auch etwas Zweites, die Quadratur des Kreises. Sie sind ganz offensichtlich dabei, die Quadratur des Kreises bereits erfunden zu haben.


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