Bundesrat Stenographisches Protokoll 649. Sitzung / Seite 39

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Abs. 3 der Bundesverfassung gesagt, Sie seien zur Amtsverschwiegenheit verhalten und könnten den genauen Tenor nicht bekanntgeben.

Herr Vizekanzler! Ich darf Ihnen zu diesem Bereich zwei Bescheide der Republik Slowenien zitieren. Einer stammt – das darf ich sagen – vom 5. März 1997, und der zweite aus einem ähnlichen Zeitraum, auch aus dem Jahr 1997. Ich kann Ihnen die Unterlagen gerne zur Verfügung stellen, aber ich glaube, Sie kennen sie; es geht um die Frage eines Liegenschaftskaufes beziehungsweise um eine Denationalisierung.

In der Begründung des Urteils wird auf Seite 2 unter anderem festgehalten, die Liegenschaften der Gesellschaft Emona seien tatsächlich durch einen rechtskräftigen, aufgrund des AVNOJ-Beschlusses aus dem Jahr 1944 ausgestellten Bescheid der Bezirksbeschlagnahmungskommission soundso, Zahl soundso, verstaatlicht worden.

Das heißt, daß diese Gesetze Rechtsbestand der Republik Slowenien sind! Es kommt ja nicht von ungefähr, daß unter anderem etwa Kroatien vor eineinhalb Jahren genau diese AVNOJ-Beschlüsse aus seinem Rechtsgut entfernt hat. Bitte tragen Sie dafür Sorge, Herr Vizekanzler, daß es zumindest zu einer späten Rechenschaft über die Opfer kommt, über die Greueltaten, die dort passiert sind! Ich erinnere etwa an den Benediktiner-Abt Neipperg, der unter furchtbaren Umständen verstorben ist, an die Tatsache, daß Menschen angezündet wurden, daß Kinder in Jauchegruben getötet wurden, daß ein ganzes Volk in Form eines einmaligen Genozids beinahe ausgerottet wurde! Es geht einfach nicht an – das ist der wahre Knackpunkt! –, daß all das nur in bilateralen Verhandlungen besprochen wird! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Bundesrates Dr. Liechtenstein. )

Die Kopenhagener Verträge, auch der Vertrag von Amsterdam, der sich in Ratifizierung befindet, und der alte Vertrag sehen die Beachtung der Menschenrechte sehr wohl vor. Diese Frage kann nur international gehandhabt werden.

Die Überheblichkeit, die da an den Tag gelegt wird, ist wirklich einmalig, wenn etwa Katja Boos, die Botschafterin, sagt: "Derzeit haben wir an Österreich keine Gebietsansprüche." – Ich erinnere nur etwa an den Marburger Blutsonntag! 1918 gab es in Marburg noch 80 Prozent Deutsche, in Cilli ebenso. De facto ist dort ein Gebietsraub passiert, und zwar durch Major Meister, Wachtmeister Meister, der die deutsche Demonstration in Marburg damals niederschießen ließ! Und diese Greuel haben sich fortgesetzt bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges und auch noch danach.

Es ist notwendig – und zwar nicht nur, weil wir unseren Toten verpflichtet sind, sondern auch, weil wir historisch dazu verpflichtet sind und weil wir die Schutzmacht dieser Menschen sind –, daß wir dafür sorgen, daß diese menschenverachtenden Gesetze beseitigt werden! Sollte das nicht geschehen, dann ist unter dem entsprechenden Druck Österreichs die Zustimmung im Rat zum Beitritt dieser beiden Länder nicht zu geben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Wie schwierig das Ganze ist, zeigt das Kulturabkommen. All das ist an und für sich hier im Haus bereits bekannt. Zwei Jahre hat es gedauert, bis es zustande kam. Ein anderer Staat, der noch nicht in die angenehme Lage kommt, in die Europäische Union aufgenommen zu werden, nämlich Kroatien, hat diese Gesetze beseitigt. In Tschechien – Sie, Herr Vizekanzler, haben das in Ihrer parlamentarischen Beantwortung im Nationalrat auch gesagt – beginnt ein Umdenken, aber auch dort wären diese Gesetze zu beseitigen! Wir können nicht immer nur die "charming boys" spielen und sagen: Nein, nein, das Thema vermögensrechtliche Ansprüche lassen wir fallen! – Bitte bedenken wir: Hier sind alle Opfer gleich zu behandeln! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es sind Millionen Menschen umgebracht worden, und das kann man, bitte, einfach nicht gutheißen! Ich bitte Sie sehr, Herr Vizekanzler, darauf zu dringen, nicht nur in bilateralen Verhandlungen darüber zu sprechen, sondern auch darauf, daß man, sollten diese Verhandlungen nichts fruchten, ein Nein zum Beitritt dieser Staaten sagt, wenn diese menschenverachtenden Gesetze nicht behoben werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

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