Bundesrat Stenographisches Protokoll 656. Sitzung / Seite 118

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu Punkt 22 der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, die Zivilprozeßordnung, die Exekutionsordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden (Eherechts-Änderungsgesetz 1999 – EheRÄG 1999).

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Hager übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

Berichterstatter Wolfgang Hager: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Justizausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, die Zivilprozeßordnung, die Exekutionsordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden (Eherechts-Änderungsgesetz 1999 – EheRÄG 1999) liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. – Bitte.

15.47

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Das vorliegende Eherechts-Änderungsgesetz 1999 wird von den beiden Regierungsparteien als echte, zukunftsweisende Reform des Ehe- und Ehescheidungsrechtes gepriesen und als großer Erfolg gefeiert. Gemessen an den ursprünglichen rechtspolitischen Zielvorstellungen der Regierungserklärung und des Bundesministers für Justiz, die weitaus ambitionierter waren, kann aber von einer zeitgemäßen Gesamtreform nicht ernsthaft die Rede sein, handelt es sich doch so besehen eher um ein bloßes "Reförmchen", präziser: um Stückwerk und Flickwerk.

Aus der Sicht des Bundesministeriums für Justiz hätte sich wohl die Frage gestellt, ob man unter solchen Bedingungen das Gesetzesprojekt nicht überhaupt hätte fallen lassen sollen. So manche Fachreferenten des Ressorts, die ich persönlich kenne, sehen das so. Wenn sich kein gesellschaftlicher Konsens für eine grundlegende Eherechtsreform finden ließ, so hätte man von einer Novellierung, die von keinem klaren Konzept getragen ist, gerade auf einem solch sensiblen Rechtsgebiet lieber ganz absehen sollen. Diese Kritik allein rechtfertigt ja die Ablehnung der Vorlage durch meine Fraktion, die ich hiermit ankündige.

Die nach großen Krämpfen zwischen den Koalitionsparteien zustande gekommene Neuregelung ist nämlich vom grundsätzlichen Standpunkt aus betrachtet weder Fisch noch Fleisch. Man kann nämlich entweder Verfechter der Beibehaltung des Verschuldensprinzips für die Ehescheidung sein, wie es der traditionellen Position entspricht, die von der Österreichischen Volkspartei und auch von meinen Kollegen im Nationalratsplenum eingenommen worden ist, oder man kann im Einklang mit der Empfehlung des Europarates der modernen Tendenz in den meisten europäischen Ländern folgen, die weitestgehend zum reinen Zerrüttungsprinzip übergegangen sind. Das gilt jetzt jüngst selbst für die in solchen Fragen eher bedächtige Schweiz und zuletzt auch für Irland. Die österreichischen Familienrichter haben entschieden dafür plädiert, und auch ich habe als Fachvertreter in der das Bundesministerium beratenden Arbeitsgruppe dafür durchaus Verständnis gezeigt.

Wie gesagt, beide Grundsätze beziehungsweise Modelle kann man jeweils in sich konsequent verwirklichen. Das einzige, was man nach meiner fachlichen wie auch politischen Überzeugung aber aus innerer sachlicher Logik nicht miteinander vereinbaren kann, ist eben das, was im Nationalrat jüngst beschlossen worden ist und heute hier zur Debatte steht.


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