Bundesrat Stenographisches Protokoll 678. Sitzung / Seite 83

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vorzubereiten. Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen zehn und vierzehn Jahren sind von ihren Anlagen und Entwicklungsstufen her sehr unterschiedlich. Letzten Endes sind aber alle sehr dankbar, wenn ein flexibel gestalteter Unterricht ihr individuelles Leistungspotenzial verbessert und die erbrachten Leistungen auch objektiv bewertet und benotet werden.

Im Unterricht geht es längst nicht mehr nur um reine Wissensvermittlung. Wer, wie ich es heute gehört habe, von "Rohrstaberlpädagogik" spricht, hat vom aktuellen Schulwesen keine Ahnung, oder er denkt, wie in manchen Einzelfällen, an eine späte Abrechnung mit eigenen negativen Erfahrungen aus vergangenen Zeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Zusammenspiel von Schülern, Eltern und Lehrern in Form der Schulpartnerschaft ist in den meisten Fällen längst umgesetzt – und erfolgreich umgesetzt. Die Aufgaben der Schule gehen in der Praxis weit über den reinen Bildungsauftrag hinaus und haben in den letzten Jahren an Umfang und Komplexität immer mehr zugenommen. Nach meiner Erfahrung ist der größte Teil der Lehrerschaft bereit, sich den aktuellen Anforderungen zu stellen und neue Aufgaben, die früher von Erziehungsberechtigten erfüllt wurden, zu übernehmen, und dies oftmals auch unbezahlt und außerhalb der Dienstzeit. Jawohl: unbezahlt und außerhalb der Dienstzeit – das muss man auch einmal sagen.

Für mich persönlich zählt zu den schönsten Erfahrungen in meiner Tätigkeit als Lehrer – und das sind immerhin auch schon 15 Jahre – die Aussage eines schwierigen Schülers aus dem Polytechnischen Lehrgang, den ich nach vielen Jahren bei einer Veranstaltung wieder getroffen habe und der zum Abschluss unseres Gespräches gesagt hat: Aber bei Ihnen haben wir etwas gelernt – auch Wichtiges, was nicht in den Büchern gestanden ist! – Ich glaube, da geht es um Dinge, die man jungen Menschen beibringen kann und auch beibringen sollte.

Geschätzte Damen und Herren Bundesräte! Die Vorgeschichte zur Beschlussfassung des so genannten Schulpaketes – im Wesentlichen der Änderung des Schulorganisations- und des Schulunterrichtsgesetzes – bietet weniger Grund zur Freude: Hier wurde Sachpolitik im Interesse von Schülern, Eltern und Lehrern einer kurzsichtigen und demonstrativen Oppositionspolitik geopfert. Ein Großteil der Anträge der Regierungsparteien wurde am 7. Juni beschlossen. Das angestrebte Schulpaket, für das eine Zweidrittelmehrheit notwendig gewesen wäre, konnte nach einem "Umfaller" der SPÖ nicht umgesetzt werden.

Ich darf darauf noch näher eingehen. So haben die Damen und Herren um Cap und Gusenbauer durch die Zurücknahme eines am 6. Juni schriftlich fixierten und vom Bildungssprecher Antoni unterschriebenen Abänderungsantrages die Regelung über die Verhaltensvereinbarungen blockiert. Damit hat nicht nur der SP-Bildungssprecher seine Glaubwürdigkeit verloren. Ich darf hier auch aus einer APA-Meldung zitieren, weil sie in diesem Zusammenhang sehr verwunderlich erscheint:

"Als ,sehr erfreulichen Erfolg‘ für die SPÖ bezeichnete SPÖ-Bildungssprecher Dieter Antoni am Mittwoch" – sprich dem 6. Juni – "Abend gegenüber dem SPÖ-Pressedienst die erzielte Einigung bei den sogenannten Verhaltensvereinbarungen. SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer habe sich mit seinem Kompromissvorschlag voll durchgesetzt, betonte Antoni." – Soweit ein Zitat vom 6. Juni.

Damit hat auch der Wert von Unterschriften von SPÖ-Mandataren einen neuen Stellenwert bekommen. (Bundesrat Gasteiger: Passt schon!) Hier liegt mir dieser unterschriebene, im Original gezeichnete Abänderungsantrag vor. (Bundesrätin Schicker: Wir kennen ihn!) Es möge sich jeder darüber ein Bild machen. (Bundesrat Gasteiger: Passt schon!)

Was am Vortag von den Klubobleuten und Bildungssprechern vereinbart und von allen Beteiligten als tragbarer Kompromiss im Bereich der Verhaltensvereinbarungen bezeichnet wurde, hatte am nächsten Tag seine Gültigkeit verloren. (Bundesrat Gasteiger: Alles erzählen, wie es gewesen ist!) Der als "Shootingstar" der SPÖ geltende Klubobmann Dr. Cap forderte Nachbesserungen, Einstimmigkeit bei Sanktionen und erklärte überdies, "man werde entweder


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