Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 307

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nisses des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Jahre 1997, wonach auch Ärzte ein Recht auf Gruppenpraxen haben – so wie alle anderen Berufsgruppen auch, wie etwa Apotheker, Tierärzte oder andere Freiberufler, im Bereich der Wirtschaftstreuhändler und andere, um nicht alle vollständig zu nennen –, von Seiten des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger massiv behindert wurde.

Heute, fast viereinhalb Jahre nach diesem Erkenntnis, gibt es immer noch – man sieht das anhand von Presseaussendungen – Leute im Hauptverband, die meinen, dass sie im nächsten halben Jahr nicht in der Lage sein werden, von Seiten des Hauptverbandes und der Krankenversicherungsträger für dieses neue Instrument der Praxen und der ortsnahen Versorgung auf hohem Niveau für die Patientengemeinschaft entsprechende Krankenversicherungsverträge zu geben.

Ich bitte Sie, Ihren Einfluss in der Steiermark geltend zu machen, dass das nicht wahr wird, sondern dass gerade dort, wo dieses neue Instrument der Betreuung den Versicherten vor Ort eine Versorgung auf einem höheren Niveau bei behindertengerechtem Zugang und rund um die Uhr, 365-Tage-Offenhaltens-Verpflichtung, bringen würde, hinsichtlich der Gruppenpraxen das in entsprechender Form umgesetzt wird, was sich der Gesetzgeber vorstellt und der Versichertengemeinschaft dient. Ich bin mir sicher, dass dann das Angebot des österreichischen Gesundheitssystems für alle leichter zugänglich wird, nicht nur für die Menschen in der Stadt, sondern auch für jene Wählergruppen, die heute in diesem System benachteiligt sind, also für jene auf dem Land.

Ich frage Sie jetzt allen Ernstes: Welche ärztliche Wahlfreiheit hat man denn wirklich in einer Kleingemeinde mit einem Vertragsarzt, wenn der nächste Vertragsarzt 10 Kilometer entfernt ist, man selbst 87 Jahre alt ist, keinen Führerschein hat und auch keinen Verwandten, der einen tagsüber zum Arzt bringen kann? (Bundesrat Konecny: Und keinen Postautobus, denn den haben Sie zugesperrt! – Bundesrätin Schicker: Und keine Nebenbahn!) Dort haben Sie weder Wahlfreiheit noch die verfassungsmäßige Freiheit für die freie Arztwahl, dort haben Sie ein Pflichtangebot, das Sie annehmen müssen, oder Sie müssen in sündteure Krankenanstalten gehen, um etwas zu bekommen, was eigentlich jeder Österreicherin und jedem Österreicher vor Ort zusteht.

Ich bitte Sie, auch in der Steiermark mitzuwirken, dass dieses System der Gruppenpraxen möglichst schnell umgesetzt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.29

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Herwig Hösele. Ich erteile ihm das Wort.

14.30

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich trage schon sehr lange Mascherl und werde sie noch lange tragen.

Ich beginne mit einem Satz, bei dem ich davon ausgehe, dass ihm alle Mitglieder des Bundesrates vollinhaltlich zustimmen können. Der Satz lautet: Demokratie bedeutet politische Willensbildung durch Mehrheitsbeschluss und gleichzeitig Achtung vor den Rechten der Minderheit. – Dieser Satz stammt aus dem berühmten Wiener Programm der Sozialdemokratie 1958.

Um diese demokratischen Gepflogenheiten geht es insbesondere auch bei diesem Gesetz. (Bundesrat Konecny: Lesen Sie den Satz der Bundesregierung ein paar Mal vor, denn beim ersten Mal verstehen sie ihn nicht!)

Ich lese Ihnen jetzt den Kernsatz des Wiener Programms 1958 vor, Herr Professor, den Sie besser kennen als ich (Bundesrat Konecny: Ja, in der Tat!): Sozialismus ist vollendete Demokratie. – Drückt sich darin vielleicht jene vermeintliche Realverfassung aus, auf die sich die Sozialdemokratie in den letzten 30 Jahren gewohnheitsrechtlich zu berufen glauben durfte?


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