Bundesrat Stenographisches Protokoll 695. Sitzung / Seite 30

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trennung, hier im Besonderen zwischen Legislative und Exekutive, an Unterscheidbarkeit. Durch diese Unschärfe der Gewaltentrennung vor dem Hintergrund einer Mehrheit im Plenum, die auch die Regierung stellt, reduzieren sich die drei Gewalten zu einer Kraft, höchstens aber zu zwei Kräften, die dann in der Kontrolle nur schwer bis fast unmöglich aktiv werden können.

In dieser undefinierten Zone der Gewaltenteilung soll nun der Bundesrat aus seiner marginalen Beteiligung an der Beschlussfassung von Gesetzen heraustreten. Der vorliegende Antrag, der von FPÖ, ÖVP und auch SPÖ eingebracht worden ist, kann ein erster Schritt dazu sein. Dieser Schritt soll nicht von Klage über die eigene Bedeutungslosigkeit getragen sein, sondern von ge­zielten Vorschlägen aus unseren Reihen, also das bei der Beschlussfassung eines Gesetzes einzu­bringen, was dem Nationalrat wegen seiner wahltechnischen Nähe zur Regierung nicht möglich ist.

Dazu bedarf es aber einer neuen Qualität der Eigenständigkeit des Bundesrates. Nicht die Mehrheitsverhältnisse in den Landtagen sollen die Zusammensetzung des Bundesrates bestim­men, sondern, wie ich glaube, direkt gewählte Bundesratsmandate sind anzustreben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich denke etwa an Zweitstimmen einer Landtagswahl. Auch eine ausschließliche Persönlich­keitswahl, das heißt eine Kandidatur nicht auf einer Liste einer politischen Partei, ist denkbar. Hier wäre der gewählte Bundesrat seinem Wähler direkt verantwortlich und nicht über den Um­weg über eine politische Partei, die schon bei den Wahlen bewusst den Unterschied zwischen der Regierung, dem Parlament und dem Landtag verwischt.

Einen schon vor der Wahl fixen Landeshauptmann oder Minister mittels Vorzugsstimmen in den Landtag, also in ein Legislativorgan, wählen zu lassen, ist Heuchelei und auch ein Betrug am Wähler – auch wenn der Wähler weiß, dass der von ihm gewählte Abgeordnete sein Mandat gar nicht annehmen wird, weil ein Ministeramt oder das Amt eines Landeshauptmannes auf ihn wartet. (Bundesrat Weiss: Schade, dass Herr Haider das nicht hört!) – Das, Herr Kollege, gilt im gleichen Maß auch für die anderen acht Landeshauptleute.

Auch in diesem Politspiel sehe ich eine Chance des Bundesrates, denn bei der Konstituierung des Bundesrates steht keine Regierungsbildung an.

Der Bundesrat aber muss mit nötiger Kompetenz ausgestattet sein. Der österreichische Födera­lismus verschwindet anderenfalls vor dem grellen Hintergrund der EU und ihrer nicht lobbyfreien Politik. Die wirklichen Probleme der österreichischen Regionen dürfen nicht auf dem Altar der heiligen Kuh, genannt EU, geopfert werden, denn diese heilige Kuh ist nicht mehr die Gestalt des Gottes Zeus, als Europa geboren wurde, sondern es sind die finanziellen Interessen nicht ein­mal europäischer Großkonzerne. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mit dem progressiv zunehmenden Verlust unseres europäischen Selbstwertgefühls sind wir empfänglich geworden für die heuchlerische Vorstellungswelt US-amerikanischer Ersatztheo­logien. Wir erleben dies gerade in der Berichterstattung über den Irak-Krieg. Wo blieb der Auf­schrei der EU-Staaten, als die USA einen Eroberungskrieg gegen den Irak anzettelten? Wo bleiben die Sanktionen gegen das EU-Mitglied Großbritannien? Oder hat man bei den Sanktio­nen gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ im Jahr 2001 schon alles Sanktionspulver ver­schossen? (Bundesrätin Schicker: Das hat mit dem Bundesrat nichts zu tun!) Oder ist das Gerede auch nur eine politische Waffe – nicht gegen den Täter, sondern gegen den innenpoliti­schen Gegner? – Einige blinzeln hier, weil sie es ohnehin wissen: Auch das Glück im Schoß einer Partei hat seinen Preis. (Bundesrat Konecny: Oh!)

Die „Kronen Zeitung“ vom 9. April dieses Jahres schreibt in ihrer bemerkenswerten Berichter­stattung ein Gedicht, das amerikanischen Schülern zum Beten vorgelegt wurde. Ich nehme an, viele kennen dieses Gebet. Ich darf es hier nicht deswegen vortragen, weil ich empfehlen möchte, es in Ihr Sonntagsgebet aufzunehmen, sondern weil es ein Musterbeispiel an Heuche­lei beinhaltet. Dieses Gebet lautet:

 


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