Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 87

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erklären, bei welcher Wählergruppe ich den Wahlkampf mit dem Argument „Sie Böse haben nicht dafür gesorgt, dass wir dem Nord-Süd-Institut beitreten!“ denn eigentlich führen sollte.

Nein, so einfach können Sie es sich nicht machen, dass Sie ab dem Augenblick Ihrer Wahl zur Kandidatin der ÖVP jedes Wort, dass Ihnen gegenüber kritisch gesagt wird, als Wahlpropaganda abqualifizieren! Sie müssen schon in der Sache Stellung nehmen. Wenn Sie das nicht gewollt hätten, dann hätten Sie das Amt der Außenministerin nicht fortführen dürfen. Dann wären Sie aus dem Schneider, was die Außenpolitik anlangt. (Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner: Ich werde schon zu der Sache Stellung neh­men!) – Das ist auch schön! Aber Sie dürfen sich nicht hinter der einfachen Argumen­tationskette verschanzen, wer immer eine Auseinandersetzung mit der österreichi­schen Außenpolitik führt, macht einen Bundespräsidentschaftswahlkampf. (Bundesrat Ing. Klamt: Der Verdacht drängt sich schon auf!)

Sie sind meines Wissens zwar kein Jurist von der Ausbildung her, aber ich darf Ihnen sagen: Der Verdacht ist ein juridisches Nullum, der Beweis zählt. (Heiterkeit. – Bundes­rat Kritzinger: ... sachlich und korrekt!) – Danke, Herr Kollege. Um ehrlich zu sein, dass ich es immer war, nehme nicht einmal ich für mich in Anspruch, aber ich habe mich heute sehr bemüht.

Frau Bundesminister, wie gesagt, es gibt eine politische Debatte – und auch die bin ich zu führen bereit –, aber hier ist es eine außenpolitische Debatte. Da gibt es genug Kri­tik – Sie werden mir erwidern, das ist okay –, und ich habe nur einen kleinen Ausschnitt von der möglichen Kritik hier angebracht; das ist keine Kritik, es gebe ein persönliches Fehlverhalten, sondern wir kritisieren, dass es eine falsche politische Konzeption gibt. Ob sie die Ihre ist, weiß ich nicht und geht mich auch nichts an, weil es gilt, die Resul­tate zu beurteilen. (Bundesrat Ager: ... zwischen den Zeilen!)

Nein, nein! Also, entschuldigen Sie, wenn ich der Frau Bundesminister den Weg öffne, zu sagen, es sei nicht Ihre Außenpolitik, ist das doch in Wirklichkeit eine Möglichkeit, ihr eine Argumentation im Wahlkampf zu ermöglichen. Das war aber nicht meine Ab­sicht. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner.) Ja, aber die Zwischenrufe auch, Frau Bundesminister. Ich will es nicht über Gebühr verlängern.

An einer außenpolitischen Orientierung, welche die Möglichkeiten Österreichs nicht nützt – manches davon wird nicht wieder gutzumachen sein, denn historische Fenster tun sich nicht endlos lange auf –, ist Kritik zu üben. Diese Politik ist – ich sage es noch einmal – nicht die persönliche Erfindung der Frau Außenminister, sondern sie wird von einer Bundesregierung in all ihrer Widersprüchlichkeit getragen.

Manche Ihrer Kollegen machen es Ihnen ja nicht wirklich leicht, das sage ich auch dazu. Ich denke da an das, was in der Transitpolitik, auf die ich jetzt im Detail nicht eingehen möchte, von den ressortzuständigen Ministern verbockt wurde. Es waren relativ viele, daher ist die Einzelschuldzuweisung nicht ganz so einfach. (Bundesrat Dr. Böhm: Klima, Streicher!) – Wahrlich nicht!; Streicher hat die Grundlage für eine Chance gelegt, für eine zeitlich limitierte Chance. Dass dann im Halbjahresrhythmus oder Dreivierteljahresrhythmus wechselnde Minister durch pure Sturheit diese Chan­cen verspielt haben und dass der gegenwärtige Vizekanzler offensichtlich das Glück hatte, dass ihm andere Widerstände, die es gegeben hat, erspart haben, Farbe bei der Wegekostenrichtlinie bekennen zu müssen, wo das nächste Mal aus Sturheit Öster­reichs Interessen bedroht waren, das steht auf einem anderen Blatt. Also um manche Koordinierungsaufgaben in der Außen- und insbesondere in der EU-Politik möchte ich Sie gar nicht beneiden.

 


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