Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 86

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setzungen und vielen gemeinsamen Interessen nicht so zustande gekommen ist, wie es möglich gewesen wäre.

Das Zweite, was auch in diesen Bänden klar zum Ausdruck kommt, ist, dass wir uns in zentralen, auch durchaus moralischen Fragen der Politik nicht positioniert haben, son­dern darauf gewartet haben, wie andere sich entscheiden, wie andere vorangehen, und dann versucht haben, uns unauffällig auf dasselbe Spielfeld zu bringen.

Frau Bundesminister, Ihr unsägliches Wort im Irak-Konflikt, dass wir „in der Mitte ste­hen“, ist schon so oft zitiert worden, dass ich fast schon Hemmungen habe, es in den Mund zu nehmen.

Aber es ist natürlich auch schmerzhaft, dass wir im Vorfeld des Irak-Krieges feststellen mussten, dass sich nahezu alle EU-Mitglieder – pro oder kontra – klar positioniert haben, aber Österreich – und das hat dann originellerweise die amtliche „Wiener Zeitung“, die Ihnen nicht so ganz fern steht, schließlich gehört sie der österreichischen Bundesregierung, kommentiert – den Vermerk hat: Hat noch keine klare Position!

Keine klare Position zu haben, das ist nicht Diplomatie, sondern das ist in aller Regel ein Fehler.

Die österreichische Außenpolitik hat zu oft nicht Stellung bezogen, und das ist schade. Wir haben uns in vielen Bereichen, und das im Gegensatz zu früheren Phasen unserer Außenpolitik, zurückgezogen. Das globale Engagement Österreichs – wobei ich aner­kenne, dass sich die Rahmenbedingungen geändert haben – ist so geschrumpft, dass wir kaum mehr wahrnehmbar sind.

Zusagen und Entwicklungen, die wir eingeleitet haben, wurden drastisch zurückge­dreht. Nur im Lichte der in ihrer Zielsetzung für mich nicht ganz erkennbaren, vermut­lich nicht ganz gratis seienden Werbeaktion für die österreichische Entwicklungshilfe, die fast allabendlich über den Bildschirm flimmert, eine konkrete Angelegenheit: Es gibt seitens des Europarates das außerordentlich verdienstvoll wirkende Nord-Süd-Institut, keine Einrichtung der konkreten Entwicklungshilfe, sondern eine Einrichtung der ent­wicklungspolitischen Information. Es war in der Regierung vor 1999 keine Einigung über einen Beitritt Österreichs zu dieser Sondereinrichtung des Europarates zu erzie­len, es hat aber eine salomonische Lösung gegeben: Österreich ist nicht beigetreten, hat aber den Mitgliedsbeitrag gezahlt. Unter uns gesagt: die bessere Lösung, als wenn es andersherum wäre!

Seither ist in dieser Sache nichts mehr geschehen. Wir sind nicht beigetreten, und an irgendeinem Punkt wurde auch aufgehört, den Mitgliedsbeitrag zu entrichten.

Sehen Sie, Frau Bundesminister, das meine ich mit der Kritik, Entwicklungen in einem ganz kleinen, aber wahrlich nicht unwesentlichem Bereich nicht voranzutreiben, son­dern einzubremsen.

Ich versage mir jetzt sehr bewusst, denn es geht nicht darum – da schließe ich mich dem Appell des Kollegen Schennach durchaus an –, Sie, Frau Bundesminister, jetzt als Kandidatin bei der Bundespräsidentenwahl zu behandeln.

Frau Bundesminister, ich lade Sie ein, im Protokoll der Debatte über den letzten Außenpolitischen Bericht nachzulesen, und Sie werden finden, dass die Vorwürfe – nicht dieselben, ich habe ja ein breiteres Themenspektrum an Kritik an der österreichi­schen Außenpolitik – in derselben Art waren: objektive Versäumnisse der österreichi­schen Außenpolitik.

Wenn Sie jetzt das alles auf sich persönlich beziehen und mir dann vielleicht erklären werden, ich solle hier keinen Wahlkampf führen, dann müssen Sie mir erst einmal


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