BundesratStenographisches Protokoll755. Sitzung / Seite 42

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Schlussakte der Regierungskonferenz einschließlich der dieser beigefügten Er­klärungen („Reformvertrag“) (417 d.B. und 484 d.B. sowie 7932/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mayer. Ich bitte um diesen Bericht.

 


10.40.26

Berichterstatter Edgar Mayer: Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Herr Staats­sekretär! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Aus­schusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 9. April 2008 betreffend einen Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemein­schaft samt Protokollen, Anhang und Schlussakte der Regierungskonferenz einschließ­lich der dieser beigefügten Erklärungen.

Gemäß der dem Vertrag von Nizza angeschlossenen Erklärung „zur Zukunft der Uni­on“ sollten die Fragen einer genaueren, dem Subsidiaritätsprinzip entsprechenden Ab­grenzung der Zuständigkeiten zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten, der künf­tige Status der Charta der Grundrechte, die Vereinfachung der Verträge und die Rolle der nationalen Parlamente, Gegenstand einer Regierungskonferenz im Jahr 2004 wer­den. Ebenso forderte die Erklärung von Laeken von Dezember 2001 die Mitgliedstaa­ten auf, die zentralen institutionellen und materiellen Fragen im Zusammenhang mit der künftigen Entwicklung der Union zu prüfen und zufrieden stellende Lösungen für das effiziente und demokratische Funktionieren einer erweiterten Union zu finden. Auf­bauend auf den Arbeiten des Europäischen Konvents wurde am 29. Oktober 2004 der Antrag über eine Verfassung für Europa unterzeichnet, der diesen Anliegen Rechnung tragen sollte. Am 29. Mai 2005 und am 1. Juni 2005 lehnten die Bevölkerungen von Frankreich und den Niederlanden in Referenden den Vertrag über eine Verfassung für Europa ab. Nach einer im Rahmen des Europäischen Rates vom 16./17. Juni 2005 ausgerufenen, zwei Jahre andauernden Reflexionsperiode einigten sich die Mitglied­staaten unter deutscher Präsidentschaft beim Europäischen Rat am 21./22. Juni 2007 auf ein sehr detailliertes Mandat für eine Regierungskonferenz zur Änderung des Ver­trags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Die Regierungskonferenz wurde am 23. Juli 2007 einberufen und konnte ihre Arbeiten bereits im Rahmen des informellen Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs am 18./19. Oktober 2007 in Lissabon politisch abschließen. Der Ver­trag zur Änderung der Verträge über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – der „Vertrag von Lissabon“ – wurde am 13. Dezem­ber 2007 von den Staats- und Regierungschefs sowie den Außenministern der Mit­gliedstaaten der Europäischen Union in Lissabon unterzeichnet. Er soll am 1. Jän­ner 2009 in Kraft treten.

Ziel des Vertrags ist es, die demokratische Legitimation der EU zu stärken und gleich­zeitig sicherzustellen, dass auch die nunmehr erweiterte Union handlungsfähig bleibt und Entscheidungen effizient treffen kann.

Zu den wichtigsten Inhalten des Vertrags von Lissabon gehören eine klare Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten, die Stärkung der Rolle der nationalen Parlamente im EU-Gesetzgebungsverfahren, die Aufwertung des Europäischen Parlaments, die Vereinfachung der Verträge, die rechtsverbindliche Ver­ankerung der Grundrechte-Charta und die Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen auf EU-Ebene. Gleichzeitig wird die außenpolitische Handlungsfähigkeit der Union be­trächtlich erhöht und die soziale Dimension der EU stärker betont. Die Bürgerinnen und Bürger erhalten die Möglichkeit, durch eine europaweite Bürgerinitiative Rechtsset­zungsaktivitäten der EU anzuregen.

 


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