Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 63

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seit 1. Jänner 1995 ist die europäische Dimension dazugekommen, mit zusätzlichem Wettbewerb, mit zusätzlichen Kostenbeeinflussungen, aber auch mit zusätzlichen Chancen. Und wir sind daher aufgefordert, nicht Verantwortung nach Brüssel oder sonstwohin zu delegieren, sondern unsere Mitgliedschaft so zu verstehen, daß wir diese Chancen wahrzunehmen haben.

Wenn am Nachmittag davon gesprochen wurde, daß Betriebe ausgelagert werden – nach Slowenien, nach Ungarn oder anderswohin –, dann, muß ich sagen, hat das damit zu tun, daß die Grenzen aufgegangen sind, daß sich Europa seit 1989 verändert hat – und nicht damit, daß wir EU-Mitglied geworden sind. Auslagerungen hätte es auch gegeben ohne unsere EU-Mitgliedschaft oder wenn es eine Europäische Union gar nicht gäbe, meine Damen und Herren! Dem Abgeordneten Peter ist zuzustimmen, wenn er heute gesagt hat, wir befinden uns überhaupt in einer Situation der Verlagerungen. Und das ist nicht auf Österreich beschränkt, sondern das haben alle EU-Mitglieder zu tragen. Ich meine, daß wir das vor unserer Bevölkerung nicht falsch darstellen und es nicht zulassen dürfen, daß die Mitgliedschaft an einem europäischen Integrationsmodell sozusagen die "Schuld" daran trägt, daß nun eben neue Entwicklungen eingetreten sind und wir damit zu kämpfen haben.

Und weil das so ist, meine Damen und Herren, wäre es auch ein verhängnisvoller Fehler, beispielsweise den Beitritt zur Wirtschafts- und Währungsunion aufschieben zu wollen. Ganz im Gegenteil: Ich meine, daß für ein Land wie Österreich stabile und sichere Währungsverhältnisse, die uns seit 20 Jahren gutgetan und geholfen haben, auch in Zukunft aufrechtzuerhalten sind. Wir haben sie natürlich nicht isoliert und nicht einseitig zu sehen, sondern als eine notwendige Zusatzbedingung zu einer offensiven, aktiven Struktur- und Beschäftigungspolitik.

Daher ist auch etwas dagegen zu sagen, wenn hier vom Rednerpult aus vom Anfragebegründer, vom Herrn Dolinschek, ein wahres Lamentarium, ein Lamento massimo angestimmt wird gegen Rationalisierung, Modernisierung und Erweiterung. Herr Abgeordneter! Wenn Sie hier beklagen, daß die Banken sich modernisieren und rationalisieren, daß die österreichische Post modernisiert wird, dann muß ich Sie fragen: Glauben Sie denn, daß es für Österreich und für die Arbeitnehmer in unserem Land gut und positiv wäre, wenn wir bei all dem bleiben würden, was die ganze Zeit schon gewesen ist? Sollen wir, was die Post betrifft, etwa Abstand nehmen, uns an internationalen Telekommunikationsmodellen zu beteiligen? Das würde ein unglaubliches Infrastrukturdefizit für die ganze Wirtschaft bedeuten.

Oder sollen in den Geldinstituten heute noch handschriftlich die Saldokonti ausgefüllt werden? Dann brauchen wir einen Arbeitstag von 12 oder 14 Stunden, und es würde nicht nur die ganze Welt über uns lachen, sondern wir würden wahrscheinlich ausgegliedert, isoliert werden von jedem internationalen Zusammenhang.

Ich verstehe die Sorge darüber, daß dadurch Arbeitsplätze verlorengehen werden. Die Aufgabe ist allerdings nicht, die Modernisierung zu verhindern und den Innovationsschub zu unterlassen, sondern ihn zu forcieren und damit wirtschaftliche Substanz zu gewinnen, um mit neuen Arbeitsplätzen verlorengegangene zu ersetzen. Das muß in Wirklichkeit unsere Aufgabe sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Dr. Haider hat heute nachmittag hier in seiner Rede gesagt, die Großinvestoren hätten Österreich vergessen und verlassen, im Jahr 1995 wären die Investitionen zurückgegangen. – Sie sind natürlich nicht zurückgegangen, wohl aber ist die Zuwachsrate gegenüber 1994 geringer. Und das ist auch nicht verwunderlich, weil für das ... (Abg. Mag. Trattner: Er hat gesagt, das Engagement der ausländischen Investoren in Österreich ist zurückgegangen!) Ja, das meine ich ohnehin, ich meine genau dasselbe. (Abg. Mag. Trattner: ... ganz allgemein!) Nein, nein. Ich rede von den ausländischen Investitionen in Österreich. Die sind im Jahr 1995 langsamer gewachsen als im Jahr 1994. (Abg. Mag. Trattner: Sie sind zurückgegangen!) Nein, zurückgegangen sind sie nicht – die Wachstumsrate ist kleiner geworden. Sie ist deshalb kleiner geworden, weil die ausländischen Investoren natürlich diese Dispositionen schon im Vorjahr getroffen haben und da noch unsicher war, ob Österreich EU-Mitglied wird. Jetzt ist das wieder klargestellt, und daher sind die absehbaren Investitionen ... (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Schlagen Sie Ihre Hände ruhig zusammen – es ist eh alles in Ordnung! 1996 werden


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