Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 155

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Damit erfüllt der Innenminister nach Aussage des Abgeordneten Kiss in seiner Pressekonferenz vom 14. 12. des Vorjahres den Tatbestand des Amtsmißbrauches nach § 302 StGB. – Meine Damen und Herren! Ich habe jetzt wortwörtlich aus der entsprechenden Pressenotiz zitiert. Ich habe sie hier.

Herr Abgeordneter Kiss verlangt folgerichtig, daß die Staatsanwaltschaft die Verfolgung des Innenministers wegen des Verdachtes der Begehung strafbarer Handlungen aufnimmt, meine Damen und Herren! – Das muß man sich vor dem Hintergrund dessen, was er heute gesagt hat, wirklich auf der Zunge zergehen lassen. In diesem vom Abgeordneten Kiss verfaßten Presseblatt heißt es – ich zitiere –: "Die einzig sinnvolle Lösung erscheint daher sein sofortiger Rücktritt." – Ende des Zitates, meine Damen und Herren.

Und dieser Mann geht heute hier heraus und erklärt dem Hohen Haus, daß man den Innenminister halten müsse, daß man den Mißtrauensantrag gegen den Innenminister aus Koalitionsräson abschmettern müsse! Drei Tage vor der Nationalratswahl spricht er von Rücktritt, Amtsmißbrauch und Strafverfolgung gegen Caspar von Einem, einige Wochen nach der Nationalratswahl, weil gerade eine Regierungsbildung stattfindet, fordert er hingegen dazu auf, ihm die Stange zu halten und den freiheitlichen Mißtrauensantrag abzulehnen, und zwar zum zweiten Mal.

Herr Abgeordneter Kiss! Sie sollten sich langsam fragen, ob Sie überhaupt noch vom Wähler ernst genommen werden wollen! Ich frage Sie: Für wie dumm wollen Sie den Wähler verkaufen, Sie und alle in der Österreichischen Volkspartei? – Sie schimpfen bei jeder Versammlung wie die Rohrspatzen über diesen Innenminister! Ich habe das selbst von ÖVP-Abgeordneten erlebt, wie sie sogar in den Medien über ihn geschimpft haben. Der Innenminister war der Lieblingsreibebaum der ÖVP-Abgeordneten. – Nach der Wahl hingegen geht man her und hält diesem Innenminister die Stange und weist zum zweiten Mal einen Mißtrauensantrag der Freiheitlichen ab, meine Damen und Herren! Können Sie sich noch in den Spiegel schauen? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie werden erleben, daß wir Ihnen und den Wählern diesen Mißtrauensantrag – deshalb haben wir auch eine namentliche Abstimmung verlangt – immer wieder unterbreiten werden als Beweis für die Doppelbödigkeit und die Doppelzüngigkeit der Österreichischen Volkspartei, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie dürfen sich außerdem darauf verlassen, daß dieser Innenminister Caspar von Einem in Verbindung mit Ihrem kläglichen Versagen für uns Gold wert ist. Er ist für uns Gold wert! Dieser Innenminister auf der Regierungsbank ist unter diesem Gesichtspunkt für uns unbezahlbar. Halten Sie ihn weiter, er ist für uns unbezahlbar! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen auch, warum: Denn dieser Innenminister wird Ihnen jedes halbe Jahr einen ordentlichen Korken liefern, und wir werden Ihnen nach jedem ordentlichen Korken bei seinen eigenartigen und obskuren Kontakten in die Szene einen neuen Mißtrauensantrag präsentieren! (Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP, der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Sie werden nach jedem ordentlichen Korken über den Innenminister schimpfen, wie etwa der ehemalige Innenminister Löschnak, der gesagt hat, daß die wehrpolitischen Aussagen des Innenministers Schwachsinn sind, oder wie der Minister für Verteidigung, der sagt, daß das staatsgefährdend ist. – Es ist aber offenbar nicht so staatsgefährdend, daß man einen Mißtrauensantrag gegen den Innenminister unterstützt!

Dieser Innenminister wird Ihnen jedes halbe Jahr die Peinlichkeit aufzwingen, daß Sie sich schützend vor ihn stellen müssen! Meine Damen und Herren! Sie tun mir aber überhaupt nicht leid: Schimpfen Sie nicht gegen den Innenminister, wenn Sie ihn halten wollen! Aber wenn Sie schimpfen, dann servieren Sie ihn auch ab! (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Das wäre politische Haltung – falls Sie wissen wollen, was die Österreichische Volkspartei zu tun hätte, um überhaupt noch ernst genommen zu werden!


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