Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 42

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Folterungen, willkürlicher Haft und Hinrichtungen aus politischen Gründen. (Abg. Dr. Puttinger: Das stimmt!)

China versteht diese Signale, daß dem reichen Europa, auch dem reichen Österreich, ein paar Milliardengeschäfte wichtiger sind als die Menschenrechte. Ich sage Ihnen nur eines: Die jungen Leute in Österreich verstehen das nicht, die verstehen das nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Da wird sogar nicht einmal davor zurückgeschreckt, daß man kleine Kinder verschwinden läßt, wie den Pantschen-Lama, ein religiöses Oberhaupt der Tibeter, der in China einfach verschwunden ist, verschollen – ein siebenjähriges Kind. Es ist mir wichtig, das heute in diesem Haus zu erwähnen, weil ich glaube, wir dürfen diese Personen, wir dürfen die Inhaftierten und Gefolterten nicht totschweigen. Wir sollten eigentlich auf ihrer Seite stehen, auch wenn das zu Auftragseinbußen führt. Das ist gut angelegtes Geld, wenn wir auf die Menschenrechte setzen und dort investieren. (Beifall bei den Grünen.)

China hat das auch recht verstanden, das österreichische Verhalten, wenn es jetzt einmal mehr Drohgebärden aufnimmt in Richtung Taiwan, in Richtung Singapur, und wenn es deutlich zeigt: Wir wissen, daß vom reichen Europa keine Gefahr droht. Die sind so emsig bestrebt, ihr Schärflein ins Trockene zu bringen, daß kein Hahn – jedenfalls nicht von der Regierungsbank aus – nach den Menschenrechten krähen wird.

Meine Damen und Herren! Das sind die eigentlichen Zukunftsfragen für Österreich: Umweltschutz, Emanzipation, Fragen der Bildungspolitik und der Jugend und Fragen der Menschenrechte und ihre Verbindung mit der Außenpolitik. Und solange Sie auf diese Fragen keine ehrlichen Antworten finden, solange Sie glauben, sich da mit Worthülsen oder sogar mit rein kommerziellen, rein profitorientierten Überlegungen aus Ihrer Verantwortung herausstehlen zu können, solange spreche ich als Oppositionspolitikerin Ihnen die Kompetenz ab, daß Sie Österreich auf einem guten, auf einem ökologischen Weg ins dritte Jahrtausend führen. (Beifall bei den Grünen.)

11.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr hat sich Herr Vizekanzler Dr. Schüssel zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Vizekanzler.

11.51

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Ich glaube, es ist wichtig, nachdem die erste Runde der Sprecher der fünf Parlamentsfraktionen absolviert ist, den Blick wieder auf das Ganze zu richten, darauf, worum es denn bei den großen Herausforderungen bei der kommenden Regierungsarbeit überhaupt geht.

Die meisten europäischen Länder leiden unter exzessiven Budgetdefiziten. Österreich ist da ganz sicher nicht allein. Unser Defizit ist allerdings im Jahr 1995 deutlich angestiegen. Wir weisen jetzt nach den internationalen Kriterien in Europa über 6 Prozent Budgetdefizit aus, und wenn wir hier nicht gegensteuern würden – und das muß ich allen jenen Oppositionssprecherinnen und -sprechern sagen, die Einzelmaßnahmen kritisieren, aus dem Gesamtprogramm herausnehmend –, dann passiert genau das – hoch zwei –, was Sie befürchten, nämlich unsoziale Auswirkungen, es würden die Zinsen steigen, die Inflation in die Höhe gehen, und es hätte katastrophale Auswirkungen auf die Arbeitsplätze von heute, mehr aber noch auf die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit.

Daher ist die Frage nach dem Sinn des Sparens zu stellen. Warum machen wir das alles? Doch nicht als Selbstzweck, um irgend jemanden zu ärgern, nicht aus Profitgier oder um das Rad der Zeit zurückzudrehen, ultrakonservativ, wie Sie offensichtlich einen Teil der Regierung bezeichnen. Mitnichten. Weil uns die Zukunft der kommenden Generation am Herzen liegt, weil wir eine Basis für den kommenden Wohlstand, für die Entwicklungsmöglichkeiten, für die politische Gestaltung schaffen müssen.

Mir ist es zuwenig, wenn man sagt: Alle müssen den Gürtel enger schnallen, aber fangen wir an, am Gürtel des Nachbarn herumzufummeln. Alle sind betroffen, und dies ist die Aufgabe der


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