Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 89

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Heute, Herr Bundeskanzler, geben Sie erstmals zu – und das ist Ihnen wirklich hoch anzurechnen –, daß es die pure Not war und daß das eine reine Sparmaßnahme ist, die auf dem Rücken der Frauen ausgetragen wird.

Wenn Sie also in Ihrer Regierungserklärung zunächst sagen, Sie möchten die Frauen fördern, dann aber bekennen, daß Sie leider gezwungen sind, eine Sparmaßnahme in diesem Bereich zu setzen, dann muß ich Sie auf diesen Widerspruch hinweisen. – Meine Kollegin Schaffenrath wird dann noch auf diese spezifische Frauenproblematik eingehen und auch auf das gestern diskutierte "Unter-Schutz-Stellungs-Gesetz" für ältere Arbeitnehmer, von dem wir glauben, ja überzeugt sind, daß das die gegenteilige Wirkung haben wird: Nicht die über 50jährigen werden Sie schützen, sondern Sie werden jene, die in die Nähe dieses Alters kommen, gefährden. Jene, die diese Altersgrenze erreichen, werden gefährdet sein; sie werden psychologischem Druck ausgesetzt werden, und zwar in einem nicht unerheblichem Maße. Herr Bundeskanzler! Sie können ökonomische Gesetze nicht durch solche Regularien beeinflussen!

Herr Bundeskanzler! Sie sagten dann weiters, es gelte, die längst fällige Anerkennung der Facharbeiter in der Gesellschaft endlich vorzunehmen. Gleichzeitig haben Sie sich all diesen Versuchen, eine klassenlose Arbeitnehmerschaft – nicht: Angestellte, Beamte und Arbeiter – zu schaffen, immer widersetzt. Sie haben sich nicht getraut, dieses fundamentale Problem anzugreifen, zu lösen. Sie meinen: Den Facharbeitern steht das zu. – Dazu muß ich sagen: Es tut mir leid, aber da widersprechen Sie sich.

Es wäre ein großer Wunsch von uns, wenn Sie sich gerade dieser Frage, die auch mit der Privilegiendebatte zu tun hat und die auch Privilegienabbau zum Inhalt haben muß, widmen würden. Hier in Ihrer Regierungserklärung ist das ein Widerspruch. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie sagen weiters: Wir werden privatisieren, wir werden auf diesem erfolgreichen Weg der Privatisierung fortschreiten. – Ich mache Sie darauf aufmerksam, zumindest in den letzten beiden Jahren waren die Ergebnisse der Privatisierungen mehr als mäßig und bescheiden. Sie leben davon, daß Sie in vergangenen Jahren einiges mit Erfolg – das gebe ich gerne zu und anerkenne es, weniger aber Ihnen als vor allem gegenüber den dort Tätigen und nunmehr politisch weitgehend unabhängigen Managern – begonnen haben und daß es diesen Managern gelungen ist, namhafte österreichische Industriebetriebe erfolgreich zu führen und Gewinne zu erzielen. Das ist eine große Leistung, und das ist für unser Land gerade in dieser Situation wichtig.

Wenn Sie aber in Ihrer Regierungserklärung sagen: Wir werden ausgliedern und privatisieren, wo es sinnvoll ist, wo es für die österreichischen Interessen und selbstverständlich vor allem für die Arbeitnehmer von Vorteil ist, dann, bitte, muß ich Sie fragen, Herr Bundeskanzler: Wie meinen Sie das? Sie wissen doch, daß eine Privatisierung und eine Ausgliederung für die betroffenen Arbeitnehmer niemals von Vorteil sein kann, denn es ist einer der wesentlichen Punkte, daß wir diese Crux und diese Probleme in der verstaatlichten Industrie hatten, daß geschützte Bereiche geschaffen wurden – (Zwischenruf des Abg. Koppler ) Herr Koppler! Sie wissen es! –, die sich den ökonomischen Grundsätzen wirksam entzogen haben und daher der Staatskasse mit Milliardenbeträgen zur Last gefallen sind. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie sagten weiters in Ihrer Regierungserklärung: Es gibt eine sehr wichtige Reformmaßnahme bei den Werkverträgen, und zwar "nicht nur deshalb, weil Werkverträge oftmals dazu mißbraucht wurden, Beschäftigungsverhältnisse zu kaschieren, sondern weil zudem anzunehmen ist" – das ist jetzt sehr wichtig, meine Damen und Herren, und ich schließe mich dem an –, "daß sogenannte atypische Arbeitsverhältnisse die typischen Arbeitsverhältnisse am Arbeitsmarkt des nächsten Jahrtausends sein werden".

Herr Bundeskanzler! Das haben Sie richtig erkannt, wie vieles in dieser Analyse richtig ist – aber Ihre Schlußfolgerung daraus verstehe ich nicht. Ich würde noch verstehen, wenn Sie sagten, wir können echte Dienstverhältnisse im Vergleich zu atypischen Dienstverhältnissen nicht so unterschiedlich behandeln, daß es sozusagen einen ungewollten Lenkungseffekt oder zu ungleich


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