Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 103

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Ich denke dabei etwa an die Frage der Neutralität Österreichs und an seine Einbettung in ein gesamteuropäisches Sicherheitssystem: entweder im Rahmen der WEU oder im Rahmen der NATO überhaupt. Es gibt keine andere Möglichkeit! Für Sie stellt sich ja nur mehr die Frage, meine lieben Freunde und Freundinnen von der linken Seite dieses Hauses, wie Sie das Ihren Wählerinnen und Wählern beibringen können, wie Sie Ihrer linken Klientel begreiflich machen können, daß plötzlich alles anders ist, als Sie ihr in den letzten 50 Jahren in bezug darauf gesagt haben.

Hohes Haus! Damit Sie diese meine negative Einschätzung dieser Regierung und ihres Programms – da werden wir wahrscheinlich übereinstimmen – nicht ohne weiteres und von vornherein nur als oppositionelle Pflichtübung abtun können, möchte ich jetzt jemanden zitieren, von dem Sie das wohl nicht, nie und nimmer, behaupten können, dessen Einschätzung sich aber mit meiner hier kurz dargelegten weitestgehend deckt.

Dieser Mann sagte – und ich bitte wirklich um Gehör bei den beiden Koalitionsfraktionen, es ist nämlich jemand aus Ihren Reihen – zu dieser neuen/alten Koalitionsregierung und ihrem Belastungspaket folgendes – ich beginne mit dem Zitieren –:

"Ich glaube, daß das Sparpaket das Problem der Verschuldung nicht löst, sind doch strukturelle Reformen im öffentlichen Dienst, bei den Lehrern oder im Gesundheitsbereich, nicht passiert."

Ich zitiere weiter: "Viele Probleme werden und wurden nicht ausgetragen, aber das ist ja charakteristisch für die Ära Vranitzky. Es ist immer nur ein Weiterhanteln. Lange Ausdauer im Amt bedeutet noch lange nicht, daß man auch tiefe Spuren in einem Land hinterläßt." – Ende des Zitats.

Wissen Sie, wer das gesagt hat? – Nicht der Androsch! (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) Nicht nervös werden, Herr Parnigoni! Dieses Zitat könnte zwar vom Androsch sein, ist es aber nicht (Abg. Parnigoni: Mein Gott!), Kollege Parnigoni, es ist aber auch nicht von irgendeinem der freiheitlichen oppositionellen Radikalinskis und notorischen Koalitionshassern. Nein! Wissen Sie, wer das gesagt hat? – Ihr ehemaliger Vizekanzler Erhard Busek, und ich nehme doch an, er wird, da er sehr lange mit Ihnen gemeinsam in einer Koalition gesessen ist (Abg. Parnigoni zeigt in Richtung ÖVP), diese jahrelang ohne Wenn und Aber mitgetragen und verteidigt hat, doch wissen, was er sagt, wenn er meint, es sei nichts los mit den Kabinetten Vranitzky, es sei immer nur ein Weiterwursteln, immer nur ein Weiterhanteln, und eine lange Amtsdauer bedeute noch lange nicht, daß man auch tiefe Spuren im Land hinterläßt.

Busek wird es ja wissen, nehme ich an, und ich bin froh, daß er es jetzt endlich einmal, nachdem er sich von dieser Ihrer Umklammerung befreit hat, auch ausspricht. Er hätte es schon früher tun sollen, das gebe ich schon zu. Aber besser spät, als gar nicht, Herr Kollege Parnigoni. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Vor diesem Hintergrund ist es meiner Ansicht nach auch relativ unerheblich, wer wen bei den Koalitionsverhandlungen über den Tisch gezogen hat. Ich will mich in diese Sache wirklich nicht einmengen. Ich will auch niemandem die Hauptverantwortung für dieses Regierungsprogramm, das Ihr ehemaliger Vizekanzler so treffend charakterisiert hat – und dessen Meinung ich mich voll anschließe –, streitig machen.

Ich möchte nur noch folgendes dazu sagen: Sollte es tatsächlich so sein, liebe Genossinnen und Genossen (Rufe bei der SPÖ: Hallo!), wie es "profil" schreibt und wie es die ÖVP glaubt – die ÖVP hat ja angeblich, wie ich es nachlesen konnte, schon in der letzten Verhandlungsnacht koalitionär recht einfühlsam den Choral angestimmt: "Bruder Franzi, schläfst du schon?"; also die ÖVP bildet sich schon ein, daß sie Sie über den Tisch gezogen hat –, nämlich daß der Herr Vizekanzler Schüssel – nicht Holger Bauer! – dem Herrn Vranitzky Hemd und Hose ausgezogen hat (Abg. Dr. Mertel: Das hat man doch im "profil" gesehen!) – mir gefällt Titelbild und Bericht gar nicht so schlecht, ich weiß gar nicht, warum er geklagt hat, so schlecht finde ich sein Bild gar nicht, aber bitte sehr (Abg. Reitsamer : Seien Sie doch nicht so ungehalten!); nein, bin ich nicht; warum sollte ich denn ungehalten sein, Frau Kollegin? Also ich weiß nicht, was ich jetzt Falsches an die Adresse der Kollegin Reitsamer gesagt habe –, aber: sollte es so sein, daß der


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