Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 210

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Diese Vorgangsweise, die uns Abgeordnete wirklich – das hat der heutige Tag gezeigt – zu einer Abstimmungsmaschinerie degradiert, spielen Sie sogar in der Öffentlichkeit, und zwar darauf bauend, daß die Österreicher überhaupt nicht wissen, in welch ungeheuerliche Richtung der Parlamentarismus in Österreich momentan geht.

Was ist aus den Aussagen Ihres Parteiobmannes Dr. Schüssel geworden, der noch Ende Februar über die APA ausrichten ließ (Abg. Dietachmayr: Es ist doch Ihr Parteiobmann, der gegen den Parlamentarismus arbeitet!) , die Verstärkung des Persönlichkeitselements bei der Nationalratswahl müsse auch in der praktischen Politik ihren Niederschlag finden? – Das hat er noch Ende Februar gesagt. (Abg. Grabner: Das stimmt ja nicht!) Hören Sie einmal zu, was er gesagt hat! Er sagte, es sei notwendig, nicht nur den Oppositionsabgeordneten, sondern auch den Mandataren der Koalitionsparteien einen größeren Handlungsspielraum einzuräumen – das ist direkt lächerlich nach dem heutigen Tag –, und es gehe ihm dabei, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, um das ungeheuer wichtige Gefühl, politisch mitgestalten zu können.

Was ist mit den Aussagen Ihres Parteiobmannes? Ist das vergessen worden? Oder war das noch ein nachträgliches Wahlversprechen? – Auf alle Fälle war in diesen Wochen von diesen Aussagen Ihres Obmannes, Herr Minister Bartenstein, absolut nichts zu merken.

Herr Bundesminister! Sie haben jetzt auch die Agenden des Familienministeriums übernommen, wobei mir eigentlich auffällt, daß bei dieser Regierung jedesmal gerade dann ein Ressortwechsel stattfindet, wenn Strukturmaßnahmen schon längst anstehen – wie eben im Familienressort. Da wechselt man halt von einem Minister zum anderen. Der eine Minister hat gerade angefangen, der andere ist noch nicht eingearbeitet.

Voriges Jahr zum Beispiel wurde uns in diesem gleichen Ausschuß, im Familienausschuß, ebenfalls anläßlich der Debatten zum Budget und zum Sparpaket Nummer eins zur Schulbuchaktion gesagt, 10 Prozent Selbstbehalt bei den Schulbüchern müssen unbedingt eingeführt werden. Die Kosten der Schulbücher explodieren, es müsse irgend etwas geschehen, eine "Schulbuchaktion" neu.

Aber natürlich war – wie auch heuer – die Zeit zu kurz, und so führten Sie zunächst einmal einen 10prozentigen Selbstbehalt ein, wobei wir voriges Jahr schon gesagt haben, daß sich dieser 10prozentige Selbstbehalt wahrscheinlich in den Verwaltungskosten auflösen wird. Und die Praxis hat gezeigt, daß es so auch war. An das Chaos zum Schulende und zum Schulbeginn heuer möchte ich überhaupt nicht erinnern, denn im Vorjahr haben sich Szenen abgespielt, die sich die Frau Minister wahrscheinlich nicht einmal träumen hat lassen, als Sie diesen Vorschlag des 10prozentigen Selbstbehaltes gemacht hat. (Abg. Neugebauer: Sie analysieren das falsch! Sie reden einfach irgend etwas daher!)

Angeblich wurde für dieses Schuljahr eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die eine "Schulbuchaktion neu" erarbeiten sollte, bei der man Einsparungen vornehmen kann, ohne die Familien zu belasten. Es ist aber nichts geschehen! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Neugebauer .) Es hat nur einfach der Minister gewechselt – sonst ist alles beim alten geblieben. Dieser 10prozentige Selbstbehalt wird jetzt einbetoniert, und egal, ob es versprochen ist oder nicht, wird auch der 10prozentige Selbstbehalt – ähnlich wie die Sache mit dem KRAZAF, der 17 Jahre lange überlebt hat – wahrscheinlich in die Geschichte der Ewigkeit in diesem Land eingehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sämtliche Vorschläge, die da so kommen, von Schulbüchern, die sozusagen von einer Generation zur anderen weitervererbt werden, sind eine Nonsens, weil erstens die Buchverlage hier nicht mitmachen und weil zweitens diese Wegwerfbücher, die jetzt in der Entstehung eher sehr billig kommen, wesentlich teurer gestaltet werden müßten, weil sie vier, fünf, sechs Jahre durchhalten müssen. Aber schauen Sie sich bitte einmal ein Schulbuch nach einem Jahr an. Das können Sie wirklich wegwerfen, so billig ist es gemacht. Zum selben Preis hergestellte Schulbücher vier oder fünf Jahre in der Familie weitervererben zu wollen, bitte, das ist wirklich Träumerei, das ist eine Traumtänzerei oder einfach die Unwahrheit, einfach ein Vorschub. Sie wollen die Tatsachen nicht akzeptieren.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite