Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 312

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15.40

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Debatte zum Kapitel Inneres im Zusammenhang mit dem Strukturanpassungsgesetz gibt mir die Möglichkeit, ein paar Bemerkungen zu machen und im übrigen auch wieder zur Kenntnis zu nehmen, daß die Ergebnisse an sich schon vor Abwicklung der Abstimmungen bekannt sind – wir haben diese Lektion deutlicher gelernt, als es uns lieb war.

Ich kann bei Kollegen Elmecker anknüpfen und seine Ausführungen ergänzen: Er hat sich zur Kriminalstatistik positiv geäußert. Das, was er gesagt hat, stimmt – ich pflichte ihm bei –; er hat nur einen nicht unwesentlichen Aspekt nicht erwähnt, nämlich die doch sehr deutliche Steigerung im Bereich von Delikten, die mit Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit einhergehen, nämlich plus 14 Prozent. Jetzt ist das zwar weniger dem Herrn Bundesminister vorzuwerfen, sondern ich ergänze das hier zunächst einmal.

Punkt 2 – etwas, was er auch weggelassen hat –, und das trifft jetzt den Verantwortungsbereich des Herrn Bundesministers deutlicher, nämlich die Aufklärungsquote: ein Drittel – im Unterschied zu sonst 50 Prozent. Das scheint ein Vollzugsmangel zu sein. Daß Kollege Elmecker das weggelassen hat, ist verständlich, denn er gehört derselben Fraktion an wie der Herr Bundesminister, aber es ist einfach ungeschickt, positive Zahlen dadurch so stark abzuwerten, daß man diesen Schönheitsfehler von sich aus nicht erwähnt. Im Bericht steht es ja sowieso drinnen, und wir können ihn alle lesen, und daher war es mir wichtig, das von hier aus zu sagen.

Zweiter Aspekt beim Kollegen Elmecker: Er hat sich mit dem Grenzdienst beschäftigt. Das hätte er vielleicht nicht tun sollen, denn dadurch ist mir eingefallen, daß sich der Herr Bundesminister zum Assistenzeinsatz des Bundesheeres klar geäußert hat: Er war der Meinung, daß das nicht günstig sei. Ich pflichte dieser Meinung bei. Es scheitert, wie ich erkennen kann, an der Intransingenz der ÖVP. Aber die Voraussetzungen dafür, nämlich einen eigenen Organisationsbereich zu schaffen, daß ein Grenzdienst überhaupt stattfinden kann, der nicht vom Bundesheer wahrgenommen werden muß, sind ausgeblieben.

Das heißt, es wurde diesbezüglich nichts aufgebaut, sodaß derzeit offenkundig in der Praxis der Assistenzeinsatz des Bundesheeres tatsächlich eine quasi Ultima ratio ist, worauf sich dann die ÖVP berufen kann. Also wenn man keine wirklichen Alternativen hat, wenn keine wirklich ernsthafte Exekutivreform eingeleitet wird, wenn die Frage der Zollwache nicht effektvoll angegangen wird, wenn die einheitlichen Kommandostrukturen nicht hergestellt werden und so weiter, dann bleibt eben offenbar – und jetzt weiß ich nicht, wen ich zitieren soll – die wertkonservative Variante – laut Kollegin Fekter – oder – wie ich es bezeichnen würde – die strukturkonservative Variante, das Bundesheer zum Assistenzeinsatz an der Grenze zu halten.

Wir halten das für eine extreme Verfremdung der Wehrpflicht, für eine demokratiepolitisch höchst bedenkliche Sache, und wenn es dann Vorfälle gibt wie zum Beispiel, daß einzelne dort Tätige dann mit zwar Faschings-, aber doch Orden ausgezeichnet werden, weil sie bei der Flüchtlingsjagd besonders erfolgreich waren, so ist das sozusagen die demokratiepolitische Sumpfblüte dazu.

Das sind Dinge, die wir nicht brauchten, wenn wir eine echte Reform im Bereich der Exekutive in Angriff nähmen. Und da nehme ich den Bundesminister ausdrücklich in die Pflicht, obwohl ich weiß, daß es sich hier um eine Koalitionsregierung handelt. Aber wenn man solche Reformen in einer Koalition nicht zustande bringt, dann stellt sich sozusagen die Koalitionsfrage, denn man kann nicht jede nicht abgewickelte Reform damit begründen, daß sie eben deswegen nicht möglich ist, weil es der Koalitionspartner nicht erlaubt. Da fragt man sich langsam, was denn dann übrigbleibt, wenn eigentlich der gemeinsame Nenner nur das ist, was der andere nicht verboten hat. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das bedeutet tendentiell natürlich Stillstand, das bedeutet tendentiell Windstille, und das bedeutet genau das, was wir vor uns liegen haben, nämlich solch ein Strukturanpassungsgesetz, das sich nur so nennt, aber in Wirklichkeit – wie viele meiner Vorredner, meine Kollegen von der


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