Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 72

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Wenn man die Frauen in der Durchsetzung ihrer Rechte im Privaten, also ihrer Rechte als Ehepartnerinnen, als Erziehende, als Pflegende, allein läßt, wird der Status quo zementiert. Die sogenannte Privatsphäre ist ja gerade die Grenze, an der die Gleichberechtigung, die Wahlfreiheit ihr Ende gefunden haben. Um aber nicht an der Grenze des Privaten zu scheitern, um nicht die Vorteile der einen – nämlich des geringeren Teils der Bevölkerung, der Männer – zu schützen und die Nachteile der anderen, der Frauen, zu verschleiern und als höchst privat einzustufen, muß es zu einer Weiterentwicklung des Ehe- und Familienrechts kommen, und zwar in einem konkreten Schritt zur Umsetzung des Gleichbehandlungsprinzips.

Meine Damen und Herren! Seit 1974, also seit 22 Jahren, ist die partnerschaftliche Ehe im Gesetz verankert, und danach haben beide Partner unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Belastung anteilsmäßig an der Haushaltsführung beizutragen. – Wie die Praxis aussieht, ist ja bekannt. Es gibt neuere Zahlen des Statistischen Zentralamtes, die belegen, daß das Verhältnis von Erwerbsarbeit zu Hausarbeit bei den Männern 70 Prozent zu 30 Prozent beträgt – natürlich zugunsten der Erwerbsarbeit –, während es bei den Frauen genau umgekehrt ist, nämlich 31 Prozent zu 69 Prozent. Für die Kinderbetreuung erübrigen selbständig erwerbstätige Männer täglich sechs bis elf Minuten und höhere Angestellte und Beamte 16 Minuten.

Statistiker haben natürlich auch hinterfragt: Beeinflußt die Erwerbstätigkeit der Frau die Arbeitsteilung in der Familie? Und sie kommen zu dem Schluß, daß die Arbeitsteilung überhaupt nicht beeinflußt wird beziehungsweise nur zu einem vernachlässigbaren Teil. Und das immerhin zu einem Zeitpunkt, wo mehr als die Hälfte aller Frauen, die ein Kind haben, nämlich 65 Prozent, berufstätig ist.

Folgerichtig müßte der konkrete Schritt so aussehen, daß Hausarbeit, Erziehung und Pflegearbeit ausdrücklich als gemeinsame Aufgaben der Partner deklariert werden. Entscheidend für eine solche Vorgangsweise wäre vor allem die Tatsache, daß die einseitige Verteilung der Lasten und Pflichten eines verursacht: schlechtere Chancen der Frauen auf dem Arbeitsmarkt, einen schlechteren Versicherungsstatus und schlechtere Entlohnung.

Auf der Hand liegt auch der Zusammenhang zwischen Bildung, Ausbildung und Weiterbildung und Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Dieser Zusammenhang wird deutlich, wenn man sich die Arbeitslosenquoten der letzten Jahre anschaut. Der Erwerb von Qualifikation erfordert allerdings Zeit, und diese Zeit ist bei Frauen mit Familie nicht vorhanden. Dadurch sinken aber die Chancen, Qualifikationen nachzuholen oder durch Umschulung in andere Branchen umzusteigen. Dieser Umstand erschwert Frauen oft den Zugang oder die Rückkehr auf die besser gesicherten Vollzeitarbeitsplätze.

Meine Damen und Herren! Wie schaut es nun mit den atypischen Arbeitszeiten, mit den atypischen Arbeitsverhältnissen, mit der vielgepriesenen Teilzeit für Frauen, mit der Beschäftigung bis zur Geringfügigkeitsgrenze aus, wo ein enormer Andrang herrscht oder herrschen soll , denn immerhin sind nur 2 Prozent Männer dort beschäftigt, aber 33 Prozent Frauen? So erstrebenswert scheint diese Art eines Arbeitsverhältnisses oder diese Arbeitsform also doch nicht zu sein.

Faktum ist aber, daß 80 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen Kinder haben und 62 Prozent der angebotenen Teilzeitarbeitsplätze gar keine oder nur eine geringe Qualifikation erfordern.

Es ist auch eine Tatsache, daß wegen der einseitigen Lastenverteilung der Haus- und Pflegearbeit Frauen auf dem Arbeitsmarkt in ein Segment gedrängt werden, das schlecht bezahlt und zunehmend instabil ist. Außerdem besteht die Gefahr der Spaltung des Arbeitsmarktes, etwas, was ich nicht verharmlosen würde, nämlich Vollzeitarbeit für Männer und Teilzeitarbeit – mit all den ungeschützten Beschäftigungsverhältnissen – für Frauen.

Es geht also vor allem darum, die Spirale von einseitiger Belastung durch Familienarbeit zu durchbrechen, und dazu sind wesentliche Maßnahmen im Regierungsprogramm verankert: arbeitnehmerfreundliche – und ich verstehe es auch als familienfreundliche – Flexibilisierung der Arbeitszeit, Sonderprogramme für Wiedereinsteigerinnen, spezielle Förderung für Mädchen und


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