Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 193

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politik vertreten. Das ist ein Faktum, das man anhand von Diskussionsbeiträgen sehr schön aufzeigen kann, und damit meine ich nicht nur das Dilemma, unter dem die Verteidigungspolitik leiden muß, daß nämlich diese Bundesregierung nicht in der Lage ist, im Hinblick auf die europäische Perspektive eine gemeinsame Sicherheitspolitik zu entwickeln. In Wahrheit haben wir zwei: die eine seitens der Österreichischen Volkspartei, die eher in Richtung einer europäischen Integration der Sicherheitspolitik weist und auf der anderen Seite die Sozialdemokraten, die die Neutralität für alle Ewigkeit festgeschrieben glauben und eine gemeinsame europäische Sicherheitspolitik eigentlich für nicht notwendig, zumindest für keine Perspektive halten.

Das, Herr Bundesminister, ist der wesentliche Kritikpunkt, den man anmerken muß, weil das ja auch die Grundlage für die weiteren sicherheitspolitischen Konzeptionen und letzten Endes für die Organisation der militärischen Landesverteidigung ist.

Es ist eben merkwürdig, wenn man die Diskussion verfolgt. Zum Beispiel muß ich auf den seinerzeitigen Beitrag von Bundesminister Einem eingehen, der tatsächlich gemeint hat, die militärische Grenzsicherung, die militärische Sicherheit wäre letzten Endes einer "besseren" Grenzgendarmerie zu übertragen, wobei er völlig außer acht läßt, daß das natürlich nicht mehr dem verfassungsmäßigen Auftrag entspricht. Ein anderes Beispiel ist die von Klubobmann Kostelka vorgeschlagene Zusammenlegung von Heeres-Nachrichtendienst und Stapo. Genausogut könnte man die Baupolizei mit der Mordkommission zusammenlegen, denn so viel haben diese beiden Einrichtungen – Nachrichtenamt und Staatspolizei – miteinander zu tun.

Was mich an dieser Diskussion stört, ist nicht, daß so etwas passiert: Es zeigt das nur die absolute Unernsthaftigkeit oder auf jeden Fall Unseriosität, mit der mit diesen Dingen umgegangen wird. Und das ist ein Befund, den die Bundesregierung zu verantworten hat und damit, Herr Bundesminister, natürlich auch Sie. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Zunächst einmal wäre es daher notwendig, daß Österreich in der sicherheitspolitischen Konzeption wieder Klarheit herbeiführt. Österreich hat viele Jahrzehnte hindurch aufgrund der Situation, in der sich eben unser Land zwischen den beiden Militärblöcken befunden hat, das sehr vernünftige sicherheitspolitische Konzept der Neutralität entwickelt. Auf der Grundlage dieses Konzeptes wurde ein ganz bestimmtes Wehrsystem, eine Verteidigungsdoktrin mit Raumverteidigung, Miliz und allen diesen Dingen entwickelt, die ihre Logik hatte, nur müssen wir uns darüber im klaren sein, daß diese Konzeption seit 1989/90 passé ist, und damit meine ich, Herr Bundesminister, auch die "Heeresgliederung Neu", mit der letzten Endes eine sehr beliebige MOB-Größe des Heeres festgelegt wurde, ohne daß sich die zukünftigen europäischen Perspektiven tatsächlich entsprechend untermauern ließen.

Jetzt kommt natürlich die Budgetsituation dazu, Herr Bundesminister, und Sie werden ganz genau wissen – ich brauche das jetzt nicht auszuführen –, daß diese "Heeresgliederung Neu", die mit 120 000 Mann hingestellt wurde, selbstverständlich auch vom Budgetären her von der Regierung nie wirklich ernstgenommen wurde. Das ist ein Faktum, und ich erspare es mir jetzt – wobei ich, wie Herr Kollege Scheibner, eine lange Liste an Mängeln anführen könnte, eine lange Liste der Investitionen, die notwendig wären, um dieses Ziel zu erreichen –, das anzuführen. (Abg. Wabl: Bitte, das würden wir gerne wissen! Das ist ja die Frage!) Ich meine, daß das im Endeffekt der Beleg dafür ist, daß die "Heeresgliederung Neu" als solche nicht durchführbar ist und sich damit auch die Frage stellt, wie es insgesamt weitergeht.

An der Spitze steht natürlich die Frage, ob sich diese Republik zur Notwendigkeit militärischer Sicherheitskapazitäten bekennt: ja oder nein? – Diese Grundsatzdebatte wird zwar rhetorisch meistens als geklärt dargestellt: In Wahrheit ist sie das nicht, denn wir wissen: In dem Augenblick, in dem es darum geht, die entsprechenden politischen und auch budgetären Belastungen für die militärische Sicherheit auf den Tisch zu legen, schrumpft die Zustimmung in diesem Haus und ich würde annehmen, auch in der Bevölkerung sehr rapide. Das ist ein Faktum. Das beschränkt natürlich auch die Möglichkeiten, und deshalb frage ich mich, ob nun dieses reine Fordern nach mehr Geld tatsächlich die Lösung ist.


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