Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 557

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sagen: Er könnte unter anderem auch die guten Anträge, die wir Freiheitlichen eingebracht haben, in seiner Fraktion so empfehlen, daß sie auch angenommen werden. Dann würde diese Vorgangsweise im Parlament vielleicht demokratischer sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn was haben wir denn in dieser Budgetdebatte eigentlich alles miterlebt? – Wir haben gesehen, daß es eine Schlagwortdebatte ist, wir haben gesehen, daß Abgeordneter Koppler ruhig sagen kann, daß der Industriestandort Österreich gesichert sei, daß neue Arbeitsplätze geschaffen würden. Genau eines hat er dabei aber nicht erwähnt: daß eben durch die schlechte Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung Arbeitsplätze vernichtet worden sind. Das muß man genauso dazusagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Abgeordnete Mertel! Sie machen auch immer wieder gern einen kleinen Zwischenruf. Ich darf Ihnen sagen: Mich stören Ihre Zwischenrufe sicher nicht. Wenn Sie sachlich wären, würde ich sie gern beantworten. Aber das, was Sie jetzt gesagt haben, ist ja nicht sachlich, daher brauche ich das nicht zu beantworten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Was habe ich gesagt?)

Für mich als Arbeitnehmer in der Industrie ist es eine der wichtigsten Aufgaben, die Lage in der Industrie zu kommentieren. Denn was geschieht? Ein Drittel der österreichischen Wirtschaftsleistungen wird von der Industrie erbracht; das entspricht einem Volumen von zirka 700 Milliarden Schilling, meine Damen und Herren. Die Industrie hat eine Motorfunktion, und sie ist verantwortlich für Wachstum, soziale Sicherheit, Steueraufkommen und Leistungsbilanz. Aber die Wirtschaft und die Industrie befinden sich heute in einer wirklich schweren Strukturkrise.

Die Zahl der Industriebeschäftigten, meine Damen und Herren, ist 1995 um 2 Prozent gesunken – ich freue mich, daß Kollege Koppler hier ist, damit er das auch hört (Abg. Koppler: Wenn ich gewußt hätte, daß du redest, wäre ich draußen geblieben. – Abg. Dr. Graf: Wenn es so weitergeht wie bisher, ist der Koppler bald der letzte Industriearbeiter!) – , die Zahl der Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft ging um 7,9 Prozent zurück, und die Aussichten für 1996 und 1997 sind nicht rosig, sondern trist.

Die Sektion Industrie in der Bundeswirtschaftskammer – das könnten wir einmal dem Präsidenten Maderthaner sagen – befürchtet einen Verlust von 15 000 bis 20 000 Arbeitsplätzen im Jahr 1997. – Das, meine sehr geschätzten Damen und Herren, sollten wir in diesem Hohen Haus verhindern, und zwar durch gute Gesetze. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Durchschnittszahl an Arbeitslosen wird sich weiterhin erhöhen. Für das Jahr 1996 sind 217 000 Arbeitslose zu erwarten, für 1997 241 000 Arbeitslose. Dabei glaube ich, daß Österreich eigentlich bei der Erstellung der Statistik für die Arbeitslosen an Fälschung nicht zu übertreffen ist. Das kann ich folgendermaßen dokumentieren: Wenn wir die Tabellen der OECD-Staaten und der EU mit der Tabelle der Arbeitslosenstatistik von Österreich vergleichen, sieht man, daß in diesem Fall ein Fälschen dadurch erfolgt, daß erstens einmal die Arbeitnehmer, die in den Arbeitsprozeß einsteigen wollen, die also noch nie beschäftigt waren, aber keinen Arbeitsplatz bekommen, nicht in die Statistik aufgenommen werden. Das erzeugt also eine Verfälschung. Zweitens würden die Invaliditätspensionen – in Österreich gehen wir ja vorrangig den Weg der Invaliditätspensionen – in die Arbeitslosenstatistik genauso hineingehören, denn das sind nämlich Arbeitslose, die sozusagen weggefälscht wurden.

Daher ist unsere Arbeitslosenstatistik in Österreich nicht so gut, wie sie dargestellt wird, sondern sie hat genau die gleiche Höhe wie in der Europäischen Union, und das ist doch bedenklich.

Wie sieht es mit den von Ihnen verantwortlichen Pleiten aus, meine sehr geschätzten Damen und Herren von der Regierungskoalition? – Die Pleitewelle rollt ungehindert über Österreich. 1995 gab es mit 2 043 die in der Nachkriegszeit höchste Zahl an Insolvenzen; sie umfassen Passiva von 63,1 Milliarden Schilling. 1996 wird sich diese Horrorentwicklung nicht abschwächen, und auch Pleiten, meine sehr geschätzten Damen und Herren, werden Sie nicht verhindern, denn Sie können sich ja auf Kosten der Industrie und des Gewerbes wieder sanieren und dann vielleicht sagen: Wir haben eine gute Wirtschaftspolitik gemacht.


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