Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 131

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schauen, so werden Sie mir dahin gehend recht geben müssen, daß 3 Milliarden Schilling Förderungen 1995 in Brüssel liegengeblieben sind und daß es auch über das berühmte österreichische Lobbying nicht gelungen ist, diese Mittel für die österreichische Wirtschaft und für die Sicherung der österreichischen Arbeitsplätze zu nutzen. Ein wesentlicher Grund dafür liegt meiner Meinung nach darin, daß die Kammern in dieser Frage bis heute versagt haben, und zwar schwer versagt haben.

Ich selbst hatte als Abgeordneter zum Europaparlament Gelegenheit (Abg. Grabner: Da warst du aber nicht lange! – Abg. Mag. Guggenberger: Sie waren ja nie dort!), das Lobbying der Kammern und der verschiedenen Institutionen in Österreich mitzuverfolgen. Sie wissen, daß zwar die Kammern, die Bundesländer, die Bundesregierung großartige Büros in Brüssel eröffnen, daß immer mehr Beamte nach Brüssel pilgern, daß aber im Endeffekt viele Chancen ungenützt und viele Förderungsgelder dort liegen bleiben. Sie selbst mußten peinlicherweise zur Kenntnis nehmen, daß einer der Kommissäre Brüssels, nämlich Karel van Miert, die Österreicher dafür rügte, daß das österreichische Proporzsystem eins zu eins in die Europäische Union übertragen wird. – Wenn Sie darauf stolz sind, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann tun Sie mir leid! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Viele wichtige Vertretungsaufgaben, Frau Tichy-Schreder, übernehmen mittlerweile bereits private Organisationen. Viele junge Juristen, junge Leute, die zum Teil auch in den Kammern gearbeitet haben, sind jetzt in diesen Organisationen integriert, und sie haben mir erzählt, sie haben mir bestätigt, daß es dort viel schneller, viel flexibler zugeht als in diesen verstaubten Organisationen, die es offenbar nicht schaffen, mittels ordentlichen Lobbyings die Chancen Österreichs in der Europäischen Union auch zu nutzen.

Ich möchte Ihnen anhand des Beispiels eines Kärntner Betriebes zeigen, wie da auch die österreichische Bürokratie versagt.

Ein erfolgreicher Betrieb, der über Jahrzehnte in der Lebensmittelindustrie und in der fleischverarbeitenden Industrie exportiert hat, hat im letzten Jahr große Schwierigkeiten bekommen. Über 200 Mitarbeiter beschäftigte dieser Betrieb. Die Erstattungen, die dieser Betrieb zu bekommen hatte, wurden seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union nicht mehr von den österreichischen Finanzbehörden abgewickelt beziehungsweise ausbezahlt, sondern diese Aufgabe übernahm natürlich die Europäische Union. Mit 7. Jänner 1995 hat dieser Betrieb die entsprechenden Erstattungsanträge beim zuständigen Zollamt abgeliefert. Der Beamte, der dort saß, wußte zwar nicht, was er mit diesen Anträgen anfangen sollte, hat sie aber dennoch entgegengenommen. Daraufhin hat sich bis zum März nichts gerührt. Dann hat er einen Anruf von einem Zollamt aus Salzburg bekommen und wurde gefragt, ob er entsprechende Anträge für Erstattungen abgegeben habe. Der Unternehmer bestätigte diese, wurde aber stutzig. Er recherchierte und kam drauf, daß diese Anträge nicht weitergeleitet worden waren.

Er hat dann im März noch einmal einen Antrag abgegeben, entsprechende Stempelmarken gepickt, aber der Beamte, der diese Anträge entgegennahm, hat sich aufgrund der neuen Situation nicht ausgekannt. Dem Unternehmer wurde mitgeteilt, daß die Beamten erst in einem Seminar auf die neue Situation eingeschult werden müssen. Inzwischen waren aber schon dreieinhalb Monate vergangen. Österreich war bereits in der EU. Dieser Betrieb hat bereits dreieinhalb Monate auf seine Erstattungen gewartet und ist natürlich dann in Schwierigkeiten geraten. (Abg. Grabner: Das war er vorher schon!)

Im Juni wandte sich dieser Unternehmer (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grabner ) – ich habe den Akt hier, Herr Kollege, Sie können ihn dann gerne studieren; das wird auch noch ein Nachspiel haben – an seine Berufsvertretung. Die Berufsvertretung intervenierte dann beim Finanzamt und beim Finanzminister mit einem Schreiben, und nach zirka zwei Monaten reagierte der damalige Kabinettchef des Finanzministers, Herr Kornfeld, auf das Schreiben der Berufsvertretung. In der Antwort auf dieses Schreiben vom Juli des vergangenen Jahres wies der Kabinettchef des Finanzministers darauf hin, daß die Situation in Österreich hinsichtlich


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