Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 111

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

dringliche Anfrage

1. Sowohl im Arbeitsübereinkommen vom 29. November 1994 als auch in jenem vom 7. März 1996 spricht sich die große Koalition für ein Nebeneinander von einem öffentlich-rechtlichen und privaten Hörfunk- und Fernsehbetreibern aus. Warum hat es Ihre Regierung verabsäumt, geeignete Regierungsvorlagen zu entwickeln, um eine taugliche Rechtsgrundlage für die Erreichung dieses politischen Zieles zu schaffen, wie zum Beispiel ein Kabel-TV-Gesetz oder ein Privat-TV-Gesetz?

2. Sieht die Koalitionsregierung angesichts des dramatischen Konzentrationsprozesses im Bereich der österreichischen Printmedien einen kartellrechtlichen Handlungsbedarf, um bestehende marktbeherrschende Medienkonzerne in einer rechtsstaatlichen Form zu entflechten und zukünftigen Konzentrationstendenzen vorzubeugen?

3. Ist die Regierung bereit, einen Entwurf zu einem Anti-Trust-Gesetz das eine prozentuale Obergrenze am Gesamtmarktanteil von Medienunternehmen bestimmt, vorzulegen? Wenn ja, wann, wenn nein, warum nicht?

4. Mit Erkenntnis vom 27. 9. 1995 hat der Verfassungsgerichtshof den Frequenznutzungsplan und Teile des Regionalradiogesetzes aufgehoben. Dies hat im Kreis der betroffenen Unternehmen großen wirtschaftlichen Schaden verursacht. Eine ähnliche Situation droht nunmehr im Bereich der Kabel-TV-Betreiber. Wie rechtfertigen Sie die von Ihnen selbst angekündigte Fristversäumnis? Sehen Sie die Gefahr, daß durch die Untätigkeit der Koalitionsregierung eine Situation entsteht, in der entweder durch ein späteres Kabel-TV-Gesetz dann bereits im rechtsfreien Raum getätigte Investitionen der Betreiber womöglich zunichte gemacht werden oder der Gesetzgeber womöglich medienpolitisch unerwünschte faktische Verhältnisse nicht mehr ändern kann?

5. Bereits anläßlich der Debatte um das Regionalradiogesetz warnte die Fachwelt davor, die Radiofreiheit auf ein bis maximal zwei Betreiber pro Bundesland zu verengen, was unter anderem auch zur verfassungsrechtlichen Aufhebung führte. Werden Sie dafür Vorsorge treffen, daß alle verfügbaren koordinierten Frequenzen zur Ausschreibung gelangen beziehungsweise daß alle technischen Möglichkeiten für eine Verbreiterung der Frequenzen ausgeschöpft werden und damit mehr Betreiber auf dem Privatradiomarkt auftreten können? Sind Sie bereit, die derzeitigen Innehaber der Frequenzen offenzulegen? Sind Sie bereit, die derzeitige Konstruktion der Regionalradiobehörde, die sich weit überwiegend aus Parteien- und Sozialpartnervertretern und nur wenigen unabhängigen Experten zusammensetzt (eine Konstruktion, die maßgeblich am Regionalradio-Desaster beteiligt war), neu zu gestalten?

6. Hat die große Koalition bereits Vorstellungen, wie sie das Privat-Fernsehen in Österreich gestalten will? Wenn ja, wie sehen diese Vorstellungen aus und wann ist mit einer Regierungsvorlage zu rechnen?

7. Halten Sie – insbesondere im Hinblick auf das in Ihrer Regierungserklärung festgehaltene duale System – die Rechtsform der Aktiengesellschaft für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk für geeignet, obwohl diese Rechtsform speziell auf privatwirtschaftlich betriebene, gewinnorientierte Unternehmen hin konzipiert ist?

8. Der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft hat zu allererst die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens zu beobachten. Wer kontrolliert die Einhaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrages? Falls Sie an einen Publikumsrat oder dergleichen denken sollten: Wie sind die Kompetenzen und die Verantwortlichkeit zwischen Aufsichtsrat und einem solchen Publikumsrat geregelt? Welche Sanktionsmöglichkeiten hat letzterer, und welches Organ entscheidet bei möglichen Zielkonflikten zwischen Publikumsrat und Aufsichtsrat? Wie sind diese zusammengesetzt? Nach welchen objektiven Kriterien sollen die Anteile der einzelnen an der ORF-AG beteiligten Gebietskörperschaften bemessen werden? Und werden diese Anteile zwischen den Aktionären oder überhaupt frei veräußerbar sein?


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite