Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 112

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9. Das Aktienrecht sieht – wie bei allen privatwirtschaftlichen Unternehmensformen – im Falle der Illiquidität letztlich die Regeln des Insolvenzrechtes vor. Im Falle des ORF entsteht hier eine Diskrepanz zum öffentlich-rechtlichen Auftrag und der Absicht, den ORF in Hinkunft wie einen Marktwettbewerber wirtschaften zu lassen. Können Sie im Falle der Illiquidität eine Nachschußpflicht beziehungsweise Verlustabdeckungspflicht durch die Eigentümer ausschließen?

10. Halten Sie im Lichte des voraussichtlichen Rückganges der ORF-Konsumenten durch die Zunahme der Mitbewerber das System der Gebühren aufrechterhaltbar oder gar Gebührenerhöhungen für denkbar?

11. Sind Sie bereit, die ethnischen Minderheiten im Programmauftrag des ORF ausdrücklich zu verankern? Sind Sie bereit, den ethnischen Minderheiten im Rahmen des Regional- beziehungsweise Privatradiogesetzes und des Frequenznutzungsplanes lokale Frequenzen vorzubehalten beziehungsweise ihnen "Programmfenster" gesetzlich zuzusichern?

12. Sind Sie bereit, das derzeitige System der "Presseförderung", das auch hochprofitablen Printmedienunternehmungen Förderungen in Millionenhöhe zukommen läßt, in Richtung "qualitative Medienförderung" (Förderung von Auslandskorrespondenten und Qualitätsbeilagen, spezielle Förderung der Minderheitenpresse gemäß der Charta für Regionalismus oder Minderheitensprachen) und "Errichtung eines Vertriebssystems" zu ändern?

13. Sehen Sie einen Regelungsbedarf für die rechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich der "Neuen Medien" (Internet, Information Highway, on-line-Dienste)?

15. Wie beurteilen Sie – gerade im Hinblick auf die angespannte Arbeitsmarktsituation – das Fehlen gesetzlicher Rahmenbedingungen im Medienbereich als Standortfaktor?

14. Sind Sie bereit, einen Antrag zur Abhaltung einer parlamentarischen Enquete zum Thema "Medienpolitische Weichenstellungen", welche noch vor der parlamentarischen Sommerpause stattfinden soll, politisch zu unterstützen?

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Erster Anfragesteller ist Herr Abgeordneter Dr. Frischenschlager. Er erhält das Wort zur Begründung der Anfrage, die geschäftsordnungsmäßig nicht länger als 40 Minuten dauern darf, aber auch kürzer sein dürfte. – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Frischenschlager.

16.04

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Dr. Khol: Wieso hast du denn kein Kapperl auf?) Herr Bundeskanzler! Ich bin froh, daß Sie es bewerkstelligen konnten, daß Sie bereits bei Beginn dieser dringlichen Anfrage zugegen sind. Ich bedanke mich dafür, und ich meine auch, daß die medienpolitischen Vorfälle, mit denen wir in jüngster Zeit konfrontiert sind, wirklich die Sorge der Demokraten in diesem Land hervorrufen müssen.

Ich erinnere daran, daß der Chefredakteur des "profil" abgesetzt wurde, wahrscheinlich aus Stil- und Inhaltsgründen und Differenzen auf diesem Gebiet. Ich erinnere daran, daß ein kleines Medium, der "Falter", von der Mediaprint mit der juristischen Keule fast an seinen Existenzrand gebracht wird. Und, was uns auch nicht froh macht, ist, daß die Bundesregierung eine ORF-Reform vorhat, die via Aktienrecht die Gefahr heraufbeschwört, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk tatsächlich wieder in völlige Abhängigkeit der Mächtigen in diesem Land, der Bundesregierung beziehungsweise der Landesregierungen gerät.

Herr Bundeskanzler! Vielleicht sind Sie der Auffassung, daß wir hier Gras wachsen hören. Aber Sie sollten auch alarmiert sein, wenn eine Einrichtung wie die Journalistengewerkschaft aus Sorge über die medienpolitische Entwicklung in diesem Lande ein Volksbegehren startet. Sie tut das nicht nur, weil die Journalisten offensichtlich Angst haben, was ihren Beruf betrifft, daß ihre


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