Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 57

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

vorragend da. Aber Berichte haben es eben so an sich, daß sie, wenn sie diskutiert werden, schon überholt sind.

Im Falle der Arbeitsmarktsituation sind sie leider im negativen Sinn überholt. Wir haben es mit steigenden Arbeitslosenzahlen zu tun – trotz des sehr hohen Beschäftigtenstandes von 3,04 Millionen Beschäftigten.

Wir müssen alles daransetzen, meine Damen und Herren, diese steigende Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. In diesem Sinne möchte ich auch die Beschäftigungsinitiative der Europäischen Union, die vorwiegend von unserem Bundeskanzler und unseren Regierungsmitgliedern ausgegangen ist, nicht unerwähnt lassen. Dank sozialdemokratischer Initiativen kommt der Beschäftigungspolitik in der Europäischen Union jetzt endlich ein anderer Stellenwert zu.

Wenn es Einbrüche auf dem Arbeitsmarkt gibt, ist, meine Damen und Herren, immer wieder in der Diskussion festzustellen, daß man sich in erster Linie auf die Behauptung zurückzieht, Arbeit wäre zu teuer, die Arbeitnehmer müßten verzichten können. Über Lohnnebenkosten wird gejammert, internationale Vergleiche werden angestellt, die auf Nichtkenner der Materie freilich Eindruck machen. Der Vergleich der Lohnnebenkosten zum Beispiel mit jenen in Kanada und die Behauptung, sie wären bei uns doppelt so hoch als dort, hinkt gewaltig. In Kanada kennt man keinen 13. und 14. Monatsbezug. – Wenn man dieses Thema seriös diskutieren will, dann darf das einfach nicht verschwiegen werden. Diese Diskussion ausschließlich auf dem Rücken der Arbeitnehmer zu führen, das können wir nicht hinnehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte nun auf den Bericht zurückkommen. Dem Kapitel "Entwicklung und Verteilung des Volkseinkommens" ist zu entnehmen, daß Bruttoentgelte für unselbständige Arbeit real nur um 0,5 Prozent gestiegen sind, Kapitaleinkünfte aber um 3,7 Prozent und Einkünfte aus Gewinnen gar um 9 Prozent. Die Nettoverteilung des Volkseinkommens hat sich also zugunsten von Ertrag und Vermögen verlagert. Ich denke, das wirft auf diese Diskussion, so wie Sie sie führen, ein anderes Licht.

Lassen Sie mich noch etwas zu den Einkommensunterschieden sagen – sowohl bei Aktiveinkommen als auch bei Pensionen zwischen Männern und Frauen. Männer verdienen um 42 Prozent mehr als Frauen, und für gut ein Drittel dieses Unterschiedes ist die höhere Teilzeitbeschäftigung von Frauen verantwortlich. (Zwischenruf des Abg. Meisinger. ) Teilzeit heißt auch Teillohn, Teilsozialleistungen und so weiter. Frauen wissen das und entscheiden sich trotzdem für diese Variante, um Betreuungspflichten und Berufstätigkeit unter einen Hut bringen zu können. Solange wir den Frauen über Kinderbetreuungseinrichtungen nicht die Möglichkeit geben, andere Arbeitsverhältnisse einzugehen, werden diese großen Unterschiede nicht wegzubringen sein. Als von den Sozialdemokratinnen anläßlich der Diskussion um Kinderbetreuungseinrichtungen gefordert wurde, Tagesmütter entsprechend auszubilden sowie arbeits- und sozialrechtlich abzusichern, gab es sofort Widerstände, und die Wahlmöglichkeit zwischen ordentlichen Dienstverhältnissen und Wertverträgen wurde über Presseaussendungen angepriesen.

Meine Damen und Herren! Es trifft schon zu, daß Werkverträge aufgrund der jüngst beschlossenen Strukturanpassungsgesetze jetzt anders zu behandeln sind. Was das aber in bezug auf Krankengeld, Mutterschaftsleistungen, Wegfall des 13. Und 14. Monatsgehaltes und anderes mehr zu bedeuten hat, wird den Frauen – es sind mehrheitlich Frauen, die davon betroffen sind – erst bewußt, wenn der Vertrag unterschrieben ist und das Ereignis heransteht. Daß das so ist, weiß ich aus vielen Diskussionen mit Frauen im Bereich der Altenbetreuung. In diesem Bereich fordere ich zum wiederholten Mal die Schaffung von ordentlichen Arbeitsverhältnissen. Solange einzelne Trägervereine aus finanztechnischen Gründen das Ziel durchbrechen, werden wir hier nicht weiterkommen. (Beifall bei der SPÖ.) Es sei denn, man koppelt daran die Förderungen seitens der öffentlichen Hand. Das wäre übrigens auch für jene Firmen, die ihre Produktion ins Ausland verlagern oder zumindest immer damit drohen, eine denkbare Variante: zuvor konsumierte Förderungen zurückzahlen zu müssen, möglichst mit Zinsen. (Beifall bei der SPÖ.)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite