Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 107

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Entscheidend für eine unideologische Beurteilung der Frage von Familie und Beruf ist, daß die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen wie Männer in allen Phasen des Familienzyklus als allgemeines Leitbild unserer Gesellschaft den geäußerten Bedürfnissen nicht mehr entspricht. Es steht außer Frage, daß Kinder in ihren ersten Lebensjahren ein stabiles und liebevolles Umfeld für ihre Entwicklung brauchen. Ebenso unbestritten ist, daß Kinder heutzutage aus emotionalen Gründen gewollt werden und Eltern sich Sinn und Bereicherung von einem Leben mit Kindern erwarten.

Es ist nur logisch, daß, wie die Familien- und Familienpolitikstudie 1995 von Münz-Hofer zeigt, Frauen selbst klar ihr Bedürfnis artikulieren, bewußt diese frühe Phase im Leben ihrer Kinder erziehend zu gestalten und entweder einer Teilzeitbeschäftigung nachzugehen oder sich gänzlich der Kinderbetreuung zu widmen. Vollzeiterwerb in dieser Phase des Familienzyklus entspringt oft – so die Studie – äußeren Zwängen. Aufgabe der Familienpolitik muß es daher sein, jene Rahmenbedingungen zu schaffen, welche es Müttern wie auch Vätern ermöglichen, sich den Wunsch zu erfüllen, auch Zeiten voll oder teilweise der Betreuung ihrer Kinder widmen zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

Dies ist dadurch möglich, daß einerseits die Leistung, die durch den betreuenden Elternteil erbracht wird, ideell wie materiell anerkannt wird, andererseits befriedigende Modelle der Teilzeitarbeit für Frauen und Männer forciert werden und der erfolgreiche Wiedereinstieg in das Berufsleben wesentlich erleichtert wird. Wir müssen Frauen aber auch Mut machen, sich in Beruf und Karriere hineinzutrauen, und Männern, sich um Kindererziehung und Haushalt zu kümmern.

Lassen Sie mich abschließend noch einige Worte zu einer anderen Studie aus dem Wirtschaftsforschungsinstitut, verfaßt von Alois Guger, berichten. In den Medien fanden sich seit Dezember 1995 Berichte zur Verteilungswirksamkeit von Transferleistungen des Staates und im speziellen der familienpolitischen Leistungen. Es ist mit aller Klarheit festzuhalten, daß dort nur ein sehr kleiner Teil dieser Studie wiedergegeben wurde, und das in tendenziöser Interpretation. Fettgedruckte Schlüsselaussagen wurden einfach nicht wiedergegeben, die Grundaussagen verkürzt und damit verfälscht. Die differenzierten Aussagen des Autors wurden damit einseitig.

Er hat aber deutlichst ausgeführt, daß zwei Drittel der Kinder in der oberen Hälfte der Einkommensverteilung leben und daher auch zwei Drittel der Mittel dorthin fließen. In den untersten Bereichen der Einkommensverteilung finden sich viele Pensionisten, und daher liegt der Anteil der Kinder – und entsprechend auch der Mittelströme – niedrig. Die mediale Wiedergabe verkürzte auf die Aussage, daß nur geringe Mittel in die unteren Einkommensschichten fließen. De facto sind dort aber auch viel weniger Kinder.

Ungeachtet der Mittelaufbringung belief sich die ausgeschüttete Förderung auf monatlich rund 3 900 S und im obersten Drittel auf 3 000 S pro Familie. Beim Karenzgeld wurden im untersten Einkommensdrittel pro Familie statistisch 600 S an Karenzgeld ausgezahlt, im oberen Drittel 100 S.

Betrachtet man die einzelnen Maßnahmen in Summe, so verteilen sich die Familienbeihilfen, also die Summe der ausgeschütteten Gelder, annähernd so wie die Kinder nach Einkommensschichten: Das unterste Einkommensdrittel mit 17 Prozent der Kinder und 17 Prozent Familienbeihilfe geht folgerichtig weiter in mittlere und obere Bereiche: 38,3 Prozent der Kinder erhalten 37,5 Prozent Beihilfe, und 45 Prozent der Kinder erhalten im obersten Drittel, in dem die meisten Kinder sind, 45 Prozent der Beihilfen.

Ein wichtiges Zitat will ich zum Schluß noch herausgreifen: Die Familienförderung wird eindeutig vertikal von oben nach unten umverteilt. Das oberste Einkommensdrittel zahlt 68,7 Prozent in den FLAF und erhält 42,7 Prozent der Leistungen, das mittlere Drittel bezahlt 25,7 Prozent und erhält 39 Prozent der Leistungen, das untere Drittel zahlt 5,6 Prozent und erhält 18,6 Prozent.

Das Drittel mit den höchsten Einkommen ist Nettozahler, die anderen Gruppen bis 40 000 S Bruttohaushaltseinkommen sind Nettoempfänger. Betrachtet man nur die Familien, dann sieht man, rund 90 Prozent sind Nettoempfänger im Vergleich zu den Kinderlosen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.09


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite