Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 30. Sitzung / Seite 36

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sein muß: Der Arbeitsmarkt ist kein einheitlicher Markt, es gibt sehr unterschiedliche Menschen – bezüglich Qualifikation, Ausbildung und so weiter. Es kann nicht einfach der eine gegen den anderen ausgetauscht werden.

Ich stimme völlig dem zu, was ein bedeutender Wirtschaftsfachmann gesagt hat – ich zitiere wortwörtlich –: "Zu glauben, hohe Arbeitslosigkeit durch Abbau von Ausländern bekämpfen zu können, ist die dümmste Milchmädchenrechnung, die ich je gehört habe." – Diese Aussage wurde am 5. Februar 1996 von FPÖ-Wirtschaftssprecher Prinzhorn getätigt. Wenn er wieder einmal hier ist, sollte Kollege Prinzhorn sich vielleicht mit dem "Milchmädchen" Jörg Haider einmal darüber unterhalten.

Ich möchte aber noch einen anderen Punkt ansprechen. Natürlich müssen wir im ökonomischen und auch im gesamtpolitischen Interesse verhindern, daß ausländische Arbeitskräfte als Lohndrücker, als industrielle Reservearmee mißbraucht werden. Es wäre falsch, jetzt einfach zu sagen, die Gewerkschaften sollen darauf schauen, daß ordentliche Löhne gezahlt werden. Genau diese Aufgabe haben die Gewerkschaften ja vor Jahren übernommen. Man muß eben deutlich sehen, daß der Arbeitsmarkt nach marktwirtschaftlichen Regeln funktioniert: Wenn das Angebot steigt und die Nachfrage konstant bleibt, entsteht natürlich ein Druck auf die Effektivverdienste, den die Gewerkschaften zwar abschwächen, aber nie ganz verhindern können. (Abg. Mag. Stadler: Da schau her! Und da brauchen wir noch mehr Arbeitskräfte?) Zu Ihren Argumentationen komme ich noch. Sie werden das genau sehen. (Abg. Mag. Stadler: Das ist ja richtig, was Sie sagen!) Warten Sie etwas!

Man muß eben sehen, wo die Interessenkonstellationen liegen. Für die Unternehmerseite ist es immer günstig, mehr ausländische Beschäftigte zu verlangen und die sozialen Kosten der Integration auf den Staat zu verlagern. Es ist noch nicht sehr lange her, daß ein prominenter Unternehmer gemeint hat: Wir brauchen Arbeitskräfte wie einen Bissen Brot! – Wer war es? – Der Wirtschaftssprecher der FPÖ, Prinzhorn, am 5. Februar 1996. Herr Stadler! Anscheinend gibt es Erklärungsbedarf in ihren eigenen Reihen, den Sie beseitigen sollten, bevor Sie hier demagogisch auftreten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll. – Abg. Mag. Stadler: Was Sie hier offerieren, ist Gewerkschaftspolitik, aber die Regierung reagiert nicht darauf!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte jetzt nicht auf andere Aspekte der Ausländerpolitik eingehen. Wichtig ist, daß man hier seriös, ruhig, konkret diskutiert. Wichtig ist eine Politik der Kontinuität, der Berechenbarkeit, daß man nicht je nach Stimmungslage von einem Extrem ins andere schwankt.

Es ist richtig, daß zum Beispiel in der Euphorie der Ostöffnung und einer kurzen Zwischenkonjunktur massiver Druck auf Öffnung des Arbeitsmarktes entstanden ist. Es wurde der damalige Sozialminister massiv kritisiert, und das Ergebnis war tatsächlich, daß wir in den Jahren 1989 bis 1991, also innerhalb von zwei Jahren, einen Zustrom von fast 100 000 ausländischen Arbeitskräften zu verzeichnen hatten. Das war natürlich mehr, als auf Dauer sozial verkraftbar ist. Wir erleben jetzt die Nachwehen dieser Spannungen.

Die FPÖ hat sich in ihrer Anfrage auf diese Entwicklung bezogen. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der FPÖ! Sie haben aber in Ihrer Darstellung dieser Entwicklung eine "Kleinigkeit" vergessen: Ihre eigene Rolle bei dieser Entwicklung. Aus einer Fülle von Aussendungen aus dieser Zeit, die ich mir herausgesucht habe, möchte ich Ihnen nur zwei vorlesen.

Haider-Pressekonferenz vom 11. Mai 1990, Haider sagte: "Entgegen allen anderslautenden Äußerungen sei die Arbeitsmarktverwaltung in der Frage der Beschäftigungsbewilligungen nach wie vor in keinster Weise kooperativ. Er kenne zahlreiche Beispiele, so Haider, wo Ausländer zum Beispiel in Gastgewerbebetrieben in Kärnten beschäftigt werden könnten, aber keine Arbeitsbewilligungen erhielten." (Abg. Madl: Vor sechs Jahren war noch eine andere Situation!) – Sie melden sich zu Recht, denn Sie kommen auch dran.

Der Bundesvorstand des Rings Freiheitlicher Wirtschaftstreibender hat im Juni 1990 eine Resolution beschlossen, in der es heißt: "Der aktuelle ökonomische Aufschwung in Österreich bewirkt


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